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Geschichte in DaF-Landeskunde
geschrieben von: Dracula ()
Datum: 20. Juni 2016 22:06

Eine Frage an die Landeskundler hier (also diejenigen, die Orientierungskurse im IK halten oder LK-Kurse an der Uni):

Wo beginnt ihr mit der deutschen Geschichte?
Manche lassen das Thema offenbar ganz aus, andere beginnen beim Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen.
Viele starten offenbar bei oder kurz nach Hitler, andere 1871 oder 1848/9. Manche halten sich strikt ans OK-Curriculum, andere peppen es ordentlich auf.

Wie macht ihr das und wie ist das Feedback in den Kursen?

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Re: Geschichte in DaF-Landeskunde
geschrieben von: Credentia ()
Datum: 21. Juni 2016 14:05

DaF ist kein allgemeinbildender Unterricht in Deutscher Geschichte. Wenn es denn ein allgemein verbvindliches Curriculum zu diesem Thema gibt, sollte man sich daran halten, wenn es denn für die Prüfung Voraussetzung ist. Ansonsten - Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation, Refomation, Dreißigjähriger Krieg - alles nur Überfrachtung, brauchen wohl die meisten TN nicht und dürfte die auch nicht interessieren. Wenn man denn die Freiheit der Wahl hat, sollte man als DaF-Lehrer mal sein didaktisch-methodisches Köpfchen in Schwingung bringen und überlegen, was denn für die Situation der TN relevant sein könnte. Das dürften die historischen Rahmendaten ab dem 1. Weltkrieg sein - nicht früher. Man beginnt also mit der Zeit kurz vor der Nazi-Dikatatur, fährt dann fort mit dieser und behandelt schließlich die Entwicklungen der Nachkriegszeit besonders intensiv - mit dem Fokus auf einer Politik der Aussöhnung mit Israel, den Gründen für die engen Beziehungen mit Israel und Gründe für das Entstehen und die Aufhebung der deutschen Teilung. Diese Themen dienen der Integration von TN gerade aus dem islamischen Kulturkreis, damit diese das richtig einordenen können und nicht dem Vorurteil anti-muslimischer Politik verfallen.

Themen wie Heiliges Römisches Reich Dt. Nation, Bauernkriege, Reformation und alles andere vor dem I. Weltkrieg ist für diese TN-Klientel so uninteressant wie die Frage, warum der Regen die Hühnerzucht im Erzgebirge nachteilig beeinflusst.
Allerdings könnte man mit einem kleinen Ausflug in die Mythen um die unsterblichen Blutsauger das Ganze etwas aufpeppen und etwas unterhaltsamer gestalten....LOOOOL


Zitat

Manche lassen das Thema offenbar ganz aus, andere beginnen beim Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen.
Viele starten offenbar bei oder kurz nach Hitler, andere 1871 oder 1848/9. Manche halten sich strikt ans OK-Curriculum, andere peppen es ordentlich auf.

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Re: Geschichte in DaF-Landeskunde
geschrieben von: DaF2000 ()
Datum: 21. Juni 2016 14:23

Ich habe mich dabei auch immer nach den Kursteilnehmern gerichtet. Leider war es nicht selten wichtig, die deutschen Verbrechen des Nationalsozialismus in allen Einzelheiten mit schockierenden Fotos und Kurzfilmen zu zeigen. Dann nämlich, wenn Kursteilnehmer Hitlerfans waren, da der ja die bösen Juden umgebracht habe.

Ansonsten habe ich mich auch auf geschichtliche Entwicklungen des 20. Jahrhunderts und in erster Linie humanistische Werte wie Liberalismus, Gleichberechtigung, Toleranz gegenüber Homosexuellen oder soziale Marktwirtschaft konzentriert.

Gerade bei afrikanischen Kursteilnehmern habe ich es sehr oft erlebt, dass sie stark an der Geschichte deutscher Erfinder interessiert waren, an Technikentwicklung. Afrikaner waren oft auch stark an Details der Demokratisierung nach der Nazizeit interessiert, da ich nicht selten Flüchtlinge aus Diktaturen bei mir hatte.

Ansonsten Wiedervereinigung und EU.

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Re: Geschichte in DaF-Landeskunde
geschrieben von: ainja ()
Datum: 21. Juni 2016 20:28

Ich unterrichte mittlerweile sehr, sehr gern in O-Kursen und werde daher auch immer wieder angefragt. V.a. gern, wenn die Leute Interesse an Politik und Geschichte zeigen. Ich stimme meinen beiden Vorredern zu - das sind auch ungefähr meine Themen. Ich beginne ebenfalls in der Vorkriegszeit - also zwischen den Weltkriegen. Wer mag, bekommt von mir Zusatzmaterial ab 1848 bis zum 1. Weltkrieg, ebenso zur Industrialisierung.

Ähnliche Erfahrungen wie DaF2000 mache ich übrigens auch mit afrikanischen Kursteilnehmern, die wirklich nicht nur sehr an deutscher Technologie, sondern eben auch an Faschismus und Rassismus sehr interessiert sind. Sie sind meist fassungslos, wenn ich - ebenso wie DaF2000 - Filme und Bilder zeige, um zu verstehen, wie es so weit kommen konnte.

Zusätzlich ergänzt um Politik rund um Bundestag und Landtagen - meist bereichert um aktuelle Beispiele, was gerade aktuell diskutiert wird.

Filme und v.a. Musik setze ich sehr gern ein; ebenso Demokratiespiele.

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Re: Geschichte in DaF-Landeskunde
geschrieben von: Dracula ()
Datum: 25. Juni 2016 09:17

Ich finde, dass Geschichte in jedem Kurs für landeskundliche Orientierung ein wichtiger Teil ist. Und ich fand es immer schwach, dass das Curriculum im O-Kurs immer erst bei Hitler beginnt. Als ob es nicht unglaublich interessant wäre, sich damit auseinander zu setzen, was denn überhaupt erst zu Hitler führte!

Ich habe es bisher immer so gehalten: Wenn mehr Zeit war (z.B. Uni-Kurse im Wintersemester) dann Geschichte ab dem Wiener Kongress 1814/15, natürlich nur die ganz markanten Ereignisse und Grundstrukturen etc.
Wenn weniger Zeit war (Sommersemester), dann ab 1871. Noch später würde ich nicht beginnen wollen.
In IK-O-Kursen war's mal so, mal so.

In der Regel fanden die TN das viel interessanter als sie wohl selbst erwartet hätten. Einmal kam eine Studentin beim Spaziergehen auf mich zu und meinte: "Wissen Sie, ich hatte mich nie für Geschichte interessiert, fand das Thema immer unfassbar langweilig, aber seit Ihrem Landeskunde-Kurs ist das ganz anders." Das sind dann auch die Momente, für die man unterrichtet.

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Re: Geschichte in DaF-Landeskunde
geschrieben von: ursula kärcher ()
Datum: 25. Juni 2016 10:29

Das Interesse der TN zu befriedigen ist ja nur ein, wenn auch schöner Teil des Unterrichts. Allerdings wartet da ein Fragenkatalog mit 300 Fragen, die es zum Teil (mindestens 25 %) in sich haben.

Ich bin dazu übergegangen, die ganzen Fragen schon in der ersten Stunde auszuteilen (bei der Landeszentrale für politische Bildung in BW kann man einen Download machen. Jeweils 12 Fragen sind auf einer Seite.) Nach jedem Lernabschnitt werden die entsprechenden Frage gemeinsam oder als Hausaufgabe gelöst.

Klar, es müssen von 33 Fragen nur 17 richtig beantwortet werden, was ja ein bezeichnendes Licht auf die Erwartungshaltung gegenüber dem LiD-Kurs wirft. Trotzdem merken die TN an den Fragen, ob sie wirklich wissen, was der Bundesrat macht, was den NS-Staat "charakterisiert", etc. oder eben nicht. Vor allem die negativ gestellten Fragen werfen auch gute DTZ-Anwärter regelmäßig aus der Bahn.

Ich starte den Geschichtszeit mit Martin Luther, 30-jährigem Krieg, dann 19. Jhdt. Dauert 10 Minuten - ich will nur, dass die die 5 wichtigsten Wörter aus der Zeit vor 20. Jhdt. kennen. Da bin ich realistisch.

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Re: Geschichte in DaF-Landeskunde
geschrieben von: ursula kärcher ()
Datum: 25. Juni 2016 10:30

sorry: Ich starte den Geschichtsteil....

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Re: Geschichte in DaF-Landeskunde
geschrieben von: ainja ()
Datum: 25. Juni 2016 10:46

Ich sehe das ein wenig anders, denn überhaupt ein solches Ansinnen, aus 300 Fragen 15 zum Bestehen des O-Kurses bzw. 17 zur Einbürgerung nach 60 UE (!) richtig zu beantworten, ist die Farce des Jahrhunderts. Da machen die geplanten 100 UE den Kohl auch nicht mehr fett. Sollte für mein Dafürhalten jedes Kind/jeder Jugendliche zum Ende der Schulzeit machen - allerdings haben die dafür 6 Jahre Zeit!

Natürlich mache ich diese Fragen nach Beendigung eines U-Teils. Ich habe diese komplett anders zusammengestellt in einem 6-er-Block. Zusätzlich nutzen wir moderne Medien und machen diese einmal als Übung online. Den Rest machen die TN zu Hause mit modernen Medien. Ob sie die nun auswendig lernen, ist mir schnurz. Das machen nicht wenige TN, ehrlich. Und sie bestehen alle.

Mir kommt es eher darauf an, dass sie gerne in den Unterricht kommen und das nicht nur als Pflichtveranstaltung sehen.

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Re: Geschichte in DaF-Landeskunde
geschrieben von: Dracula ()
Datum: 25. Juni 2016 13:29

Diese 300 Fragen im O-Kurs sind ein schlechter Witz und an meiner alten VHS ist, glaube ich, noch nie jemand durch den O-Test gefallen (ausgenommen jene, die schon aus irgendwelchen Gründen den deutschen Pass hatten und den O-Test gar nicht brauchten). Die TN lernen die Antworten im Internet ab Tag 1 des O-Kurses zuhause ohnehin auswendig.

Umso wichtiger ist es, der ganzen Veranstaltung O-Kurs etwas Pepp zu verleihen und den TN klar zu machen, dass es hier nicht um das stupide Erfüllen eines stupiden Abschlusstests geht.

Und da ist Geschichte eben doch regelmäßig interessanter als einige der andere Themen. Vorausgesetzt natürlich, man bringt Geschichte interessant (aufs Wesentliche heruntergebrochen), lebhaft und auch mittels moderner Medien (gute Doku etc.) rüber.

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Re: Geschichte in DaF-Landeskunde
geschrieben von: ursula kärcher ()
Datum: 25. Juni 2016 14:04

Bin echt beeindruckt! Was habt ihr für IK-Kurse? Die Teilnehmer lernen ab dem ersten Tag die Fragen auswendig?

Dass 33 Fragen sind natürlich keine Aussage über das wirkliche Wissen der TN. Aber aus dem Ärmel schüttelt das bei mir keiner.

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Re: Geschichte in DaF-Landeskunde
geschrieben von: ainja ()
Datum: 25. Juni 2016 19:26

Nee, bei mir lernen die nicht vom ersten Tag an auswendig. Und aus dem Ärmel schüttelt das hier auch keine/r. Aber ich gebe ihnen halt immer die Fragenthemenblöcke, wie oben beschrieben - und damit kann man gut lernen. Online allemal. Einige lernen das dann auswendig. Sogar die, die seltener im Kurs aufklatschen, weil sie eben nur das Zertifikat brauchen und ansonsten keine Ambitionen haben, mehr über Demokratie u.ä. zu erfahren, schaffen diese Prüfung, wenn sie am Rechner alleine üben. Auch diejenigen, die die DTZ "nur" nivelliert mit A2 abgeschlossen haben.

Noch mal zum Verständnis:
Von mir aus gehörte diese Art von Kursen abgeschafft. Es ist schon purer Stress für die TN. Viele haben Angst vor der Prüfung. Gerade deshalb bemühe ich mich, den Kurs so ansprechend wie möglich zu gestalten. Geschichte + Politik nehmen dabei einen wesentlichen Teil ein - Kultur weniger.
Was anderes wäre es, solche Kurse bspw. über ein Semester oder ein Jahr als Orientierung anzubieten. Aber erfahrungsgemäß haben wenige die Geduld oder auch die Leidenschaft, dann wöchentlich ein bis zwei Mal zu kommen.
So mache ich halt das Beste daraus.

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