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leseprobleme bei arabisch sprechenden teilnehmern
geschrieben von: integra1960 ()
Datum: 25. Februar 2017 21:00

Ein aktuelles Problem in meinem A 2.2-Kurs betrifft Arabisch sprechende TN. Sie beherrschen die lateinischen Buchstaben, aber beim Lesen zeigen sich doch massive Probleme. Der folgende Satz:

Ich wohne seit gestern in einer eigenen Wohnung. Ich brauche nur noch ein paar Möbel.

wird (auch nach mehrmaligen Vorlesen) zu:

Ischä wohne sit gesteren in eine eigen ä Wohhhnungk. Ischä broche nurr nach in paar ä Mobel.

Das ist keine Parodie, sondern die klanggetreue Wiedergabe dieses Satzes, wie ihn zwei Syrer vorlesen, die im September eine Ausbildung beginnen wollen.

Die TN sind seit A 1.1.regelmäßig (ja, ich gebe es zu,) in meinem) Unterricht, wurden immer korrigiert und hören die anderen korrekt lesen.

Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll.

Mein Approach ist: Vokale sichtbar machen mit Textmarker, Schwungbögen unter die Wörter malen, um die Silbenanzahl zu verdeutlichen. Allein der Streit über die Aussprache des Wortes "ich" raubt viel Zeit. Angeblich sagen alle Leute in Deutschland "isch". Nur die Lehrerin verlangt etwas anderes.

Tatsache ist, dass im schwäbischen Raum "isch" für "ist" steht.

Wie sprechen eure TN mit arabischer Herkunft? Das Phänomen betrifft auch TN aus dem Libanon und aus dem Irak.

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Re: leseprobleme bei arabisch sprechenden teilnehmern
geschrieben von: Bingo ()
Datum: 26. Februar 2017 03:29

Lateinischen Buchstaben ihren Lautwert zuordenen und ganze Wörter und Sätze lesen können und richtige Aussprache sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

Soweit ich es Deinen Angaben entnehmen kann, scheint es sich eher um Ausspracheprobleme und bereits eingeschliffene Fehler zu handeln, die nur schwer zu beseitigen sind. Der Mensch ist halt ein Gewohnheitstier.

Du kannst nichts anderes machen als darauf hinzuweisen. Wenn die betreffenden TN mehr Sprachpraxis im alltäglichen Leben haben, dürften diese Gewohnheiten wphl im Laufe der Zeit "angeschliffen" und quasi wie von selbst der linguistischen Norm angegeglichen werden.

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Re: leseprobleme bei arabisch sprechenden teilnehmern
geschrieben von: DaF2000 ()
Datum: 26. Februar 2017 09:49

Das ist ein schönes Beispiel dafür, warum ich immer wieder betone, dass maximal 25 UE pro Woche Vollzeit entsprechen. In der restlichen Zeit kann man sich als Lehrer dann auf solche Situationen vorbereiten. Es gibt spezielle Lehrbücher zur Ausspracheschulung, eigens dafür bestimmte Schulungen für DaF-Lehrer (die man als angemessen bezahlter Lehrer auch finanzieren kann) oder Webseiten.

Gerade die Verbesserung der Ausprache ist für Lehrer und Lerner sehr zeitaufwendig und sie erfordert eine gute Vorbereitung. Wie wäre es mit einer Bibliographie, einer von vielen Linklisten oder speziellen Angeboten von Experten wie Stephanie Köser, Kerstin Uetz oder Sandra Kroemer?

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Re: leseprobleme bei arabisch sprechenden teilnehmern
geschrieben von: integra1960 ()
Datum: 26. Februar 2017 10:54

Ich habe natürlich Aussprache-Trainings-Bücher, die ich sogar Einzelnen mal mit nach Hause gebe und aus denen ich Übungen im Unterricht mache.
Was ich problematisch finde,ist, dass manche Ausgangssprachen auch das Hören so beeinträchtigen, dass gewisse Laute einfach nicht durchdringen. Die U- und O-Unterscheidung bei Persisch-Sprechenden z.B. oder U- und Ü für Griechen.

Ja, die Zeit reicht einfach nicht.Und immer wieder gibt es Politiker, die behaupten, dass man innerhalb eines Jahres ausbildungsfähige Kandidaten abliefern köönte. Statt den LiD-Kurs auf ätzend lange hundert Stunden zu verlängern, hätte man lieber parallel zum A1-Kurs für die, die es brauchen, verpflichtende Aussprache und Lesekurse einrichten sollen.

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Re: leseprobleme bei arabisch sprechenden teilnehmern
geschrieben von: DaF2000 ()
Datum: 26. Februar 2017 12:22

Es ist ehren- und lobenswert, in allen Situationen das Maximum für die Schüler rausholen zu wollen. Es gibt sicher wenige Lehrer, die das nicht wollen und versuchen.

Manchmal geht das aber nicht. Ist nicht unsere Schuld. Das ist die Schuld der Marktsituation, der Klitschen, der Politiker, der Unmenschen in Entscheidungsstellen.

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Re: leseprobleme bei arabisch sprechenden teilnehmern
geschrieben von: Bingo ()
Datum: 11. März 2017 22:49

Im Arabischen gibt es keinen Unterschied zwischen e/i und o/u. Je nach Region kann entweder "o" oder "u" bzw. "e" oder "i" gesprochen werden. In der arabischen Schrift, in der allgemein nur die Konsonanten geschrieben werden, gibt es aber Vokalzeichen, die nur manchmnal benutzt werden. In solchen Fällen sind die Vokalzeichen für e/i bzw. o/u die gleichen, weil sie nicht unterschieden werden.
Das erklärt auch die im Lateinischen, aber nicht im Arabischen, unterschiedliche Schreibweise von z.B. "Mohammed" bzw. "Muhammnad" o.Ä.

Farsi sowie Pashto benutzen das arabische Alphabet und mögen in der Schrift diese Vokale nicht unterscheiden. In manchen Dialekten habe ich aber schon unterscheidendes "o" und "u" gehört.

Zitat

Was ich problematisch finde,ist, dass manche Ausgangssprachen auch das Hören so beeinträchtigen, dass gewisse Laute einfach nicht durchdringen. Die U- und O-Unterscheidung bei Persisch-Sprechenden z.B...

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Re: leseprobleme bei arabisch sprechenden teilnehmern
geschrieben von: Grillemeyer ()
Datum: 12. März 2017 09:05

integra1960 schrieb:
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> Allein der Streit über die Aussprache des Wortes "ich"
> raubt viel Zeit. Angeblich sagen alle Leute in Deutschland "isch".
> Nur die Lehrerin verlangt etwas anderes.
Und damit hast Du den Kern des Problems benannt.
Unüberbrückbare kulturelle Gegensätze: ein Araber (insbesondere wenn er vom rechten Glauben ist) macht grundsätzlich nichts falsch. Und wenn's schiefgeht sind alle anderen schuld. Etwas mehr dazu im P.S.

Man addiere die -für westliche Maßstäbe unterirdische- Arbeitsmoral (nach dem Motto: ich habe weder Lust noch Disziplin etwas zu tun, aber brauche ein Zertifikat fürs Visum: Lehrer, was tust Du dafür) und fertig ist die Diagnose.

Dein Geschlecht mag in diesen beiden speziellen Fälle noch erschwerend hinzukommen. Ein Syrer bleibt ja (wie jeder andere auch) ein Kind seines Landes und der zugehörigen Überzeuungen, auch wenn er nicht in seiner Heimat lebt.

Was bleibt zu raten?
Für diejenigen die lernen wollen:
Einführung in die IPA Transkription (gute Wörterbücher führen diese ja auf) und so viel wie möglich üben.

Für die beiden Problem-Kandidaten:
Klare Kante seitens der Schulleitung (Stichworte: Disziplin und Respekt) und ggf. ein Lehrer männlichen Geschlechts.


Sorry, ich hätte gern was anderes geschrieben.
Aber nach einigen Jahren mit Einheimischen in der Höhle des Löwen weiß ich nur zu gut wovon ich rede.


Grille

P. S.
Ich empfehle Dir etwas Recherche zum Thema "Schamkultur vs. Schuldkultur", und wie sich die Kultur auf Erwartungen an den Lehrer und das Verhalten in einem Klassenraum auswirkt. Startpunkte hier sind die Namen Geert Hofstede und Frans Trompenaars.



3-mal bearbeitet. Zuletzt am 12.03.17 09:12.

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Re: leseprobleme bei arabisch sprechenden teilnehmern
geschrieben von: Bingo ()
Datum: 13. März 2017 10:42

Im Prinzip ist das ja richtig, und die diesbezüglichen kulturellen Unterschiede kann man auch nicht einfach so vom Tisch wischen. Allerdings sollte man vorsichtig mit Generalisierungen sein. Nicht alle sind so, vor allem von älteren männlichen Teilnmehmern wird man u.U. respektvolles Verhalten sehen, wenn die mit Familie hier sind. Junge Männer hingegen neigen eher zu Macho-Gehabe, und da ist klare Ansage von Nöten. Beim ersten Fehlvberhalten auf die kulturellen Unterschiede hinweisen und entsprechendes Verhalten einfordern. Wenn das nichts hilft, dann den Kursteilenhmer aus dem Unterricht entfernen und die Schulleitung benachrichtigen.
Im solchen Fällen sollten dann die entsprechenden Sanktionen auf dem Fuße folgen.
Hier ist Toleranz- und "Gutmenschen"-Kuschelkurs völlig fehl am Platze.



Zitat

Dein Geschlecht mag in diesen beiden speziellen Fälle noch erschwerend hinzukommen. Ein Syrer bleibt ja (wie jeder andere auch) ein Kind seines Landes und der zugehörigen Überzeuungen, auch wenn er nicht in seiner Heimat lebt.

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Re: leseprobleme bei arabisch sprechenden teilnehmern
geschrieben von: Grillemeyer ()
Datum: 15. März 2017 07:05

> Allerdings sollte man vorsichtig mit Generalisierungen sein.
> Nicht alle sind so...
Sicher, Ausnahmen gibt es immer.
Hinsichtlich der der oben aufgestellten Regel sind die meiner Erfahrung nach allerdings stark in der Unterzahl... es sind sozusagen jene, welche die Regel bestätigen. Es würde nicht auffallen wenn es der Normalfall wäre.

>
> vor allem von älteren männlichen Teilnmehmern wird man
> u.U. respektvolles Verhalten sehen, wenn die mit Familie hier sind.
Wichtiger Modifikator hier: Unter Umständen.
Die Werte-Kanone und Überzeugungen, die tief drinnen in jedem von uns sitzen, sind aufs engste mit unserer Sozialisierung verwoben (also u. a. dem Erwerb von Wissen darüber, was "gut" oder "verwerflich" ist), und manifestieren sich sehr schnell und vehement wenn die Umstände förderlich sind. Soll heißen: nicht alles was respektvoll aussieht, ist es auch.

Ich habe z.B. regelmäßig Teilnehmer in meinen Kursen (und das schließt
naturwissenschaftlich studierte und gestandene Männer mit ein), die erwarten daß ich die Kurspausen an den Gebetszeiten ausrichte, und wie selbstverständlich im Unterricht ihrem eigenen Zeitplan folgen. Und wenn sie nicht mitkommen, dann kann das -aus ihrer Perspektive- nur an meiner Unflexibilität liegen. Auf die Idee, daß Sie sich anpassen müssen, kommen sie nicht. Und diese Geisteshaltung werden sie nicht nur nach Deutschland mitbringen, sondern auch dort beibehalten, weil sie ihnen Identität gibt. Es ist also auch bei solchen Leuten nur eine Frage der Zeit, wann -und wie- sich die, alten und mit westlichen Werten fundamental inkompatiblen, Überzeugungen manifestieren.


Grille



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 15.03.17 07:32.

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Re: leseprobleme bei arabisch sprechenden teilnehmern
geschrieben von: DaF2000 ()
Datum: 15. März 2017 09:06

Zitat
Grille
Hinsichtlich der der oben aufgestellten Regel sind die meiner Erfahrung nach allerdings stark in der Unterzahl... es sind sozusagen jene, welche die Regel bestätigen. Es würde nicht auffallen wenn es der Normalfall wäre.

Kann es sein, dass sich da in den letzten Jahren etwas geändert hat? Meine Erfahrungen liegen schon viele Jahre zurück. Damals hatte ich zwar oft Probleme mit antisemitischen Einstellungen, Frauenfeindlichkeit gab es auch. Aber es war nicht so schlimm, dass ich nicht auch liberale deutsche Werte hätte vermitteln können. Nicht an alle, aber an die Mehrheit.

Zitat
Grille
Ich habe z.B. regelmäßig Teilnehmer in meinen Kursen (und das schließt
naturwissenschaftlich studierte und gestandene Männer mit ein), die erwarten daß ich die Kurspausen an den Gebetszeiten ausrichte, und wie selbstverständlich im Unterricht ihrem eigenen Zeitplan folgen.

Hätte ich niemals gemacht und würde ich niemals machen. Ansonsten würde man auch die christlichen, buddhistischen, hinduistischen oder atheistischen Teilnehmer gegenüber den islamischen benachteiligen. In keinem mir bekannten Lehrwerk wird ein Gottesdienstbesuch oder eine Kirche behandelt. Warum wohl nicht?

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Re: leseprobleme bei arabisch sprechenden teilnehmern
geschrieben von: Grillemeyer ()
Datum: 15. März 2017 17:51

Zitat
DaF2000
Aber es war nicht so schlimm, dass ich nicht auch liberale deutsche Werte hätte vermitteln können. Nicht an alle, aber an die Mehrheit.
Was macht Dich da so sicher?

Zitat

Hätte ich niemals gemacht und würde ich niemals machen. Ansonsten würde man auch die christlichen, buddhistischen, hinduistischen oder atheistischen
Teilnehmer gegenüber den islamischen benachteiligen.
Hier ist ein Unterschied.
Ich arbeite nicht in Deutschland, sondern in der Höhle des Löwen. In meinen Kursen gibt es keine Andersgläubigen. Allerdings sollen wir in unseren Kursen ja nicht nur Sprache, sondern auch Kultur vermitteln. Funktioniert hier aber nicht. Ich kann natürlich sagen daß ich die Unterrichtszeiten nicht ändere. Ich kann es sogar tun. Aber dann finde ich mich zu gegebener Zeit in einem leeren Klassenzimmer wieder.

Bestimmte Überzeugungen liegen diesen Leuten so tief im Blut, daß sie bestenfalls übertüncht, aber so gut wie niemals wirklich verändert werden können.


Grille

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