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Konjunktiv II in der indirekten Rede
geschrieben von: Evgenii ()
Datum: 07. Februar 2016 22:34

Hallo alle zusammen!

Ich habe eine Frage zum Thema Konjunktiv 2 in der indirekten Rede.

Neulich habe ich erfahren, dass in der inderekten Rede neben Konjunktiv 1 auch Konjunktiv 2 eingesetzt werden kann.

Ich werde bald als Arzt in Deutschland arbeiten und beschäftige mich daher viel mit ärztlichen Büchern. Ich weiß schon ja, dass die Verwendung von K.1 in einem ärztlichen Bericht weit verbreitet ist, um die Angaben des Patienten wiederzugeben. Letztens bin ich ab und zu über die folgende Sätze
gestolpern:

1. Der Patient gibt an, dass er seit 2 Tagen gelben Ausfluss aus der Harnröhre bemerkt HÄTTE.

2. Bei der dritten Konsultation berichtet die Patientin, die Schmerzen hätte begonnen, seit sie das Gymnasium besuche.
Ich glaube, es gibt doch ein Fehler in diesem Satz, oder? Die Schmerzen hätten begonnen?!

Die Verwendung von K.2 (hätten) statt K.1 (haben) in dem 2. Satz kann ich schon nachvollziehen, aber die Verwendung von K.2 in dem ersten Satz
ist mir rätselhaft.

In einem Buch für Grammatik steht, dass die Verwendung des K.2 in der indirekten Rede zur Verdeutlichung einer Ungewissenheit bzw. Zweifels an eine Aussage, dient.

Das heißt, bei Verwendung des K.2 in der indirekten Rede sollte der Abstand des Sprechers zur Aussage größer sein. Ok, aber was hat das mit dem ärztlichen Bericht zu tun? Sollte das heißen, dass der Arzt die Aussage des Patienten bezweifelt?
Ich bin jetzt ganz verwirrt. Reicht denn die Verwendung von K.1 nicht aus? Ich nehme an, dass diese Regel vor allem die gesprochene Sprache bzw. Umgangssprache betrifft, oder irre ich mich?


Ich würde mich auf Ihre Antworten freuen. Vielen Dank im Voraus.

LG, Evgenii.

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Re: Konjunktiv II in der indirekten Rede
geschrieben von: Dracula ()
Datum: 07. Februar 2016 23:21

Konjunktiv 1 ist der Regelfall für formell korrektes Zitieren. Manchmal ist der Konjunktiv 1 aber identisch mit dem Indikativ Präsens und dann würde man den Konjunktiv 2 benutzen, um klar zu machen, dass man Konjunktiv benutzt (darauf sind Sie ja selbst schon eingegangen).

Generell gilt: Indirekte Rede muss - wenn es formell korrekt sein soll - im Konjunktiv stehen (ob 1 oder 2 ist eher nebensächlich). Dass der Konjunktiv 2 im Allgemeinen mehr Skepsis impliziert (wie Sie es in einem Grammatikbuch gelesen haben), würde ich eher bezweifeln. Vielleicht benutzen manche den Konjunktiv 2, wenn sie diese Skepsis implizieren möchten, aber als allgemeingültige Regel kann man das kaum betrachten.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 07.02.16 23:23.

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Re: Konjunktiv II in der indirekten Rede
geschrieben von: cxyrz ()
Datum: 07. Februar 2016 23:31

Hallo Evgenii,

im ersten Beispiel gibt es eine Inkonsistenz zwischen seit und bemerken. Besser wäre "dass er seit 2 Tagen Ausfluss habe."

Im zweiten Beispiel gibt es die gleiche Inkonsistenz zwischen seit und beginnen. Seit bezeichnet eine Zeitdauer, bemerken und beginnen einen Zeitpunkt.

Mit dem ärztlichen Bericht hat das insofern etwas zu tun, als mit der Verwendung des Konjunktivs nur wiedergegeben wird, dass eine andere Person etwas beobachtet hat. Der Konjunktiv drückt keinen Zweifel aus, denn das würde ein Motiv unterstellen, sondern die Kontingenz von Beobachtungen im allgemeinen.

Grüße
c.

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Re: Konjunktiv II in der indirekten Rede
geschrieben von: suzana guoth ()
Datum: 08. Februar 2016 02:40

Hallo,

ich glaube, heute kann man schon auch bei indirekter Rede in jedem "dass" Satz auch Indikativ gebrauchen, sogar in der Justizsprache, die allbekannt äußerst konservativ ist. Wenn aber "dass" weggelassen wird, muss Konjunktiv I. gebraucht werden.(Verkappter Nebensatz) Wenn Konjunktiv I. mit dem Indikativ übereinstimmt, muss statt Konjunktiv Präsens, Konjunktiv Präteritum gebraucht werden, ebenso statt Konjunktiv Perfekt, Konjunktiv Plusquamperfekt. In der dritten Person Singular, wo die indirekte Rede am häufigsten gebraucht wird, gibt es niemals solche Übereinstimmungen. In der dritten Person Singular kann deshalb sowohl das Einverständnis (Indikativ), als auch keine Stellungnahme - Indifferenz (Konjunktiv I.), als auch Anzweiflung (Konjunktiv II.) ausgedrückt werden. Ich habe auch eine Tendenz mit Neigung zum Gebrauch von Konjunktiv II. beobachtet, also auch dann wird oft Konjunktiv II. gebraucht, wenn sich Konjunktiv I. vom Indikativ unterscheidet. Das allerdings nur in der Konversation.

Mit freundlichen Grüßen
Charlotte

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Re: Konjunktiv II in der indirekten Rede
geschrieben von: DaF2000 ()
Datum: 08. Februar 2016 09:28

Hallo Evgenii,

wo hast du so gut Deutsch gelernt? Da gibt es in Deutschland inzwischen nicht wenige Ärzte, die sehr viel schlechter sprechen.

Meine Lösungen für die beiden Sätze:

1. Der Patient gibt an, dass er seit 2 Tagen gelben Ausfluss aus der Harnröhre habe.

1. Der Patient gibt an, dass er vor 2 Tagen zum ersten Mal gelben Ausfluss aus der Harnröhre bemerkt habe.

2. Bei der dritten Konsultation berichtet die Patientin, die Schmerzen hätten begonnen, als sie auf das Gymnasium gekommen ist. [besser Altersangabe ergänzen oder durch Altersangabe ersetzen]

Regeln:

1. Konjunktiv I sollte ein Arzt für Befundberichte beherrschen und für die indirekte Rede verwenden.

2. Konjunktiv II dient als Ersatzform, wenn Konjunktiv I und Indikativ übereinstimmen (siehe Satz 2).

3. Konjunktiv II in der indirekten Rede ist bildungssprachlich tatsächlich ein Mittel, um Zweifel auszudrücken. Zweifel gehören aber nicht in in dieser Form in einen Patientenbericht. Wenn nur Konkunktiv II zum Ausdruck eines Zweifels benutzt wird, hilft das den Arztkollegen wenig, und zwar wegen Regel 2 und 4. Stattdessen sollte der Arzt genauer auf die Zweifel eingehen.

4. In der Umgangssprache werden Indikativ, Konjunktiv I und II bei der indirekten Rede wild vermischt. Auch viele muttersprachliche Arztkollegen machen diese Fehler.

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Re: Konjunktiv II in der indirekten Rede
geschrieben von: Evgenii ()
Datum: 08. Februar 2016 15:46

Hallo!

Vielen Dank an alle für die ausführlichen Erklärungen! Sie haben mich mit dem Thema sehr geholfen.

An DaF2000: Ach danke Dir! Mit dem Deutschlernen habe ich im Göthe-Institut (Russland) angefangen und dann während meines anderthalbjährigen BFD (Bundesfreiwilligendienst) in Deutschland weitergemacht. Bin inzwischen ein großer Fan davon geworden:).

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