Hallo,
ich habe schon sehr oft den Satz: "Als ich damals angefangen bin" gehört. Aber das Partizip 2 angefangen wird ja mit haben benutzt. Warum machen das so viele falsch? Bei anderen Partizipformen ist mir das nie aufgefallen. Ist das vielleicht ein Dialekt?
Gruß
Lara

Hallo Lara,
das gilt hochsprachlich als Fehler, ist aber soviel ich weiß tatsächlich dialektal (und damit also eigentlich kein Fehler). So sagt man im Süden, wie auch: Ich bin gestanden und: Ich bin gesessen.
Bei anfangen ist es auch gewissermaßen logisch, denn das Verb bezeichnet eine Zustandsveränderung und ist damit typisch für das Perfekt mit sein, wie z.B. aufwachen oder aufblühen (ohne Präfix bilden diese Verben das Perfekt mit haben).
Über die Frage, ob das ein Fehler ist, könnte man ja trefflich diskutieren... aber heutzutage gehen mehr und mehr Lehrbücher dazu über, solche süddeutschen Formen auch zu erwähnen, denn in diesen Gegenden hört man es einfach ständig, und man kann nicht jedem südlich der Mainlinie Wohnenden falsches Deutsch vorwerfen...
Oder doch?

Viele Grüße
Jürgen

Hallo Lara, hallo Jürgen,
wo habt ihr diese Variante gehört? Hier in Österreich, das ja auch zum süddeutschen Sprachraum zählt, habe ich diese Form des Perfekts noch nie vernommen. Selbst im tiefsten Dialekt würden sowohl der Wiener als auch der Tiroler das Perfekt von "anfangen" mit "haben" bilden.
- Vor zwei Jahren habe ich mit dem Rauchen angefangen.
(auf Wienerisch: Vor zwoa Joan hob i mit'm Tschikn angfaunga.)
- Heute habe ich um 8.oo Uhr zu arbeiten angefangen.
(auf Wienerisch: Heit hob i um ochti z'hakln angfaunga.)
Bei "sitzen" und "stehen" wird jedoch - so wie Jürgen anmerkte, im Perfekt "sein" verwendet.
Beste Grüße aus Ö
Gina

Hallo,
also in Bayern( Unterfranken) habe ich es schon des öfteren vernommen. Aber seit ein bis zwei Jahren habe ich es auch schon öfters im Ruhrgebiet gehört. Ich unterrichte gerade eine Grundstufe 1 und wir haben vor einer Woche mit dem Perfekt begonnen. Viele haben wirklich Probleme mit haben und sein. Natürlich sind viele Verben der Bewegung mit sein, aber z.B. wird auch das Verb bleiben mit sein gebildet. Also gibt es wie immer eine Ausnahme der Regel. Die Schüler verstehen auch gar nicht, warum das Verb schlafen mit haben und einschlafen mit sein gebildet wird. Aber im Grunde genommen kann man ja eigentlich sagen, dass einschlafen auch eine Art Bewegung ist.
Gruß
Lara

Hallo zusammen,
einerseits stimme ich Jürgen zu - "anfangen" als Zustandsveränderung wie auch im Beispiel "Der Unterricht fängt um 8 an". Andererseits ist dieses Verb auch transitiv. Und wenn ich mich nicht irre, werden transitive Verben im Perfekt mit dem Hilfsverb "haben" gebraucht. Aber das ist scheinbar territorial unterschiedlich.
Bei Verben "schlafen" und "einschlafen" würde ich sagen: "schlafen" bedeutet grob gesagt statischen Zustand und bei "einschlafen" haben wir eher mit der Veränderung des Zustandes zu tun.
Grüße
Lena

Hallo alle,

der Unterschied transitiv-intransitiv ist beim Perfekt oft wichtig, z.B. fahren:
Ich bin gefahren.
aber:
Ich habe noch nie einen Ferrari gefahren.
(Perfekt mit haben ist dann die Ausnahme, wenn man das Verb transitiv benutzt, und mit sein ist der Normalfall)

Man kann aber auch sagen: Ich bin noch nie einen F. gefahren.

Oder?

Bei anfangen ist der Normalfall haben, egal ob transitiv oder intransitiv: Die Stunde hat angefangen. Ich habe den Unterricht (heute ausnahmsweise etwas später) angefangen.
Vielleicht kommt die Verwendung des 'sein' vom Adjektiv: Der Unterricht ist .... (wie ist er?)... langweilig, spannend, abends, .... analog: Der U. ist angefangen. (Ist nur eine spekulative Vermutung, vielleicht kann jemand damit etwas anfangen (!))


Und Danke Gina für die wunderbaren Wiener Beispiele! Ich dachte wirklich, dass "Ich bin angefangen" generell süddeutsch-österreichisch ist, aber so einfach ist es wohl nicht.

Viele Grüße

Jürgen

Hallo liebe Deutschfreunde!

Das hab ich mich auch schon gefragt. »Ich bin angefangen« habe ich auch schon mehrmals gehört, allerdings nicht in Süd-, sondern in Norddeutschland.

Niederländisch hat viele Ähnlichkeiten mit der deutschen Sprache. Im Niederländischen bildet das Verb ›aanvangen ‹ (anfangen) das Perfekt tatsächlich mit dem Hilfsverb ›zijn‹ (sein): Ik ben aangefangen.

Liebe Grüße aus dem schönen Soltau in der Heide
JOSEFINE

Hallo ihr Lieben,
ich kann auch nur anmerken, dass man in Baden-Württemberg auf keinen Fall "ich bin angefangen" sagen würde. Die Erklärung von Josefine leuchtet ein. Ich habe die Form übrigens noch nie in meinem Leben gehört, auch hier in Berlin nicht!
Franziska

Hallo!!!

Wir haben gerade in der Abteilung genau diese Diskussion, das ist ja lustig. Wir machen die Korresponzenz für eine sehr große deutsche Firma. Ich bin als Schwäbin hier im Norden und alle hier in Ostwesfalen-Lippe sagen: ich BIN angefangen! Das würden wir im Süden NIE sagen und ich habe gesagt, dass das falsch ist. Keiner hat mir geglaubt, doch der Duden sagt auch, dass haben das richtige Hilfsverb ist.
Also, ich kenne "ich bin angefangen" nur hier aus dieser Gegend!

Viel Spass noch beim diskuttieren,
Barbara

Hallo Barbara,
kannst Du einen kompletten Satz mit "ich bin angefangen" angeben? Benutzt man das mit einem Objekt, wie hört sich das an? Mir kommt es auch sehr komisch vor, und ich bin nicht weit von Ostwestfalen aufgewachsen, in Nordhessen, wo aber niemandem eine solche Konstruktion einfallen würde.
Viele Grüße
Jürgen (der ein paar Monate lang in Blomberg gewohnt hat)

Hallo,

also ich komme auch aus Westfalen (zwischen Sauerland und Region Lippe) und bei mir sagt man auch "bin angefangen", wie z.B. in "Ich bin gestern mit meiner Hausarbeit angefangen", was ich aber ähnlich wie im Holländischen nicht allzu unlogisch finde. Ne Zustansveränderungen drückt es auf jeden Fall aus, so dass ich sogar dafür plädieren würde, es im Sinne der Kohärenz der Sprache als Hochdeutsch anzusehen. ;-)

Aber mal ernsthaft: es ist eindeutig Dialekt und wird in Westfalen auch konsequent, also nicht nur von wenigen älteren Leuten genutzt - hochdeutsch ist es deswegen leider noch nicht.

MFG,
Joachim

Danke, Joachim, ich bin ja ganz gerührt, nach so langer Zeit noch etwas zu diesem Thema zu lesen und mich an längst verschollene Teilnehmer zu erinnern!

Hallo!

Ich bin Österreicherin und habe die Form von "bin angefangen" zum ersten Mal in Hamburg gehört. Dort erklärte mir der "Verwender" dieser Form:"Ihr Ösis habt ja keine Ahnung! Das ist richtig und JEDER in Deutschland verwendet das so...". Ach?! ;-)

Er meinte das zum Beispiel in Sätzen wie:
"Ich bin angefangen zu studieren...."
"Ich bin angefangen ins Fitness Studio zu gehen, weil..."

Klang für mich ungewohnt und grauenhaft.

Lieben Gruß aus Wien

Katharina

Hallo,

wie schon Franziska Anfang 2007 schrieb, ist das Thema ja "uralt", aber macht ja nichts. So richtig konnte es seinerzeit nicht geklärt werden, scheint mir.

Es gibt ein paar Verben, die man im Hochdeutschen normalerweise mit -haben- im Perfekt benutzt, aber im "süddeutschen Raum" (als akzeptierte Variante des Hochdeutschen) auch mit -sein- im Perfekt verwenden kann ("ich bin gestanden"???). Zu dieser Gruppe Verben gehört offenbar "anfangen" aber nicht.

Ich kenne das auch von meiner Mutter, die aus Norddeutschland stammt und alle ihre näheren Verwandten und Vorfahren auch.

jero
www.cafe-deutsch.de

Hallo,
ich wollte fragen ob danke wie in dem Satz:
"Ich danke dir" = aktiv

"Dir wird gedankt (von mir)" also ist das jetzt transitiv oder nicht???

Weiß es nicht schreibe morgen eine Arbeit ich brauche dringend Hilfe!!!

Guten Tag G.T.,

eine neue Frage sollte als neues Thema gestellt werden, sonst geht sie unter.

Ein Verb ist transitiv, wenn es mit einem Akkusativobjekt stehen kann, das im Passivsatz zum Subjekt wird.

In dem Satz "Ich danke dir." wird das transitive Verb "danken" ohne Akkusativobjekt, also intransitiv gebraucht.



Das Verb "danken" kann mit einem Dativobjekt und einem Akkusativobjekt verbunden werden:

Niemand dankt dir deine Mühe.

Deine Mühe wird dir von niemandem gedankt.

Das ist dann transitiv.

__________________________

Solche Wendungen sind aber wahrlich rar.


Mit freundlichen Grüßen

Michael Redeker



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 18.02.08 13:00.

höre das auch nur von zwei Freundinnen die aus dem Norden kommen. Ich selbst komme aus Schwaben und habe das bei uns noch nie gehört.

Lara schrieb:
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> Hallo,
> ich habe schon sehr oft den Satz: "Als ich damals
> angefangen bin" gehört. Aber das Partizip 2
> angefangen wird ja mit haben benutzt. Warum machen
> das so viele falsch? Bei anderen Partizipformen
> ist mir das nie aufgefallen. Ist das vielleicht
> ein Dialekt?
> Gruß
> Lara


ist/hat angefangen

Beispiele:

1. Oktober-Fest in München hat angefangen

2. Wie hat Demokratie eigentlich angefangen?

3. Ich bin um acht Uhr angefangen zu arbeiten.

4. Die 11. Touristensaison im Lokschuppen ist angefangen!

5. Fastenzeit ist angefangen

- Perfekt: "Ich bin um acht Uhr angefangen zu arbeiten." Die Verwendung des Verbs "anfangen" mit "sein" wird von manchen grammatischen Nachschlagewerken als standardsprachlich „nicht korrekt“ bezeichnet. Es geht hier um eine nordwestdeutsche Variante. Als standardsprachlich gilt die Form mit "haben".

- eine angefangene Arbeit = eine Arbeit, die angefangen worden ist

angefangen sein
Zustandspassiv: ist angefangen

Manche formal möglichen Passivformen sind ungebräuchlich.



5-mal bearbeitet. Zuletzt am 18.08.16 07:09.

Auch wenn das Thema seit 2 Jahren nicht mehr diskussionswürdig zu sein scheint, muss ich als Oberpfälzerin einfach meinen Senf hinzugeben.

Da es mir in letzter Zeit immer häufiger auffällt, dass auch in manchen Medienberichten "ich bin angefangen" zu hören ist, was sich für mich, obwohl ich ja in Nordbayern zuhause bin, total falsch anhört und ich daher gegoogelt habe. Denn neben dem Fakt, dass ich u.a. Nachhilfeschülern bei Deutsch helfe, bin ich seit Jahren als Korrektorin tätig und wollte nun Gewissheit haben, ob ich das Perfekt von "anfangen" falsch bilde.

Im Gegensatz zur Meinung von einigen hier kann ich nur sagen, dass diese Redewendung definitiv nichts Bayerisches ist.
Auch in Verwendung der Beispiele im Kommentar davor kenne ich nur "irgendwas hat angefangen".
Wie auch das Oktoberfest angefangen hat, so hat auch die Faschingszeit oder die Touristen-Saison angefangen. Und ich sage auch: Ich habe heute um 14 Uhr zu arbeiten angefangen.

Bei meinen Recherchen fand ich übrigens noch eine interessante Erklärung:
>>ist/hat angefangen (Frage 1c)

Die Verwendung des Verbs anfangen mit ist, die von manchen grammatischen Nachschlagewerken (z. B. Duden-Zweifelsfälle 2007) als standardsprachlich „nicht korrekt“ bezeichnet wird, ist nach Ausweis der Karte eine eindeutig nordwestdeutsche Variante. Hier ist ein Einfluss des niederl. Verbs beginnen (‘beginnen, anfangen’), das mit zijn (‘sein’) gebildet wird, denkbar. <<

Quelle: [www.philhist.uni-augsburg.de]

Bin jetzt auch eben erst über dieses Thema gestolpert und schließe mich Doro zu 100% an: "Ich bin angefangen" kommt sicher nicht aus dem bayrischen Sprachraum.

Ich habe das in über 4 Jahrzehnten meines Lebens hier im Freistaat noch nie gehört.