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Re: Wann Infinitiv nur mit "zu" und wann mit "um...zu"?
geschrieben von: kaercher ()
Datum: 11. August 2008 19:55

Ich versuchs noch ein Mal.

Dass auch ein Infinitiv ein Subjekt hat, ist ein Phänomen der Universalgrammatik, das hat nicht mit Deutsch oder einer anderen Sprache zu tun.

Dass das Subjekt nicht an der Satzoberfläche erscheint, hat doch nichts zu sagen. Wir lernen mit der Bedeutung der Verben zugleich, was Subjekt des abhängigen Infinitivs ist (in der Linguistik heißt Subjektkontrolle)

Also:

Ich verspreche dir zu kommen. (ich ist Subjekt von versprechen und von kommen)= das Subjekt von versprechen kontrolliert das Subjekt von kommen

Ich erlaube dir zu kommen. (ich ist Subjekt von erlauben, du ist Subjekt von kommen)= das Objekt von erlauben kontrolliert das Subjekt von kommen.

Hier ist "lexikalisch" festgelegt, was Subjekt des Infinitivs ist.

Manchmal legt die Konstruktion mit einer bestimmten "zu"-Variante die Subjektkontrolle fest.

"um zu"-Konstruktionen z.B. verlangen Gleichheit der Subjekte (nachzulesen in jedem Deutschlehrwerk und jeder Grammatik)


Die häufigsten Verletzungen dieser Regel treten bei der Verwendung von Passiv auf:


Frauen schminken ihre Augen, um schön auszusehen.

**Die Augen werden geschminkt, um schön auszusehen.

Dieser zweite Satz ist falsch, weil die Subjektgleichheitsregel verletzt ist.

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Re: Wann Infinitiv nur mit "zu" und wann mit "um...zu"?
geschrieben von: jero ()
Datum: 11. August 2008 20:46

Guten Abend,

na ob - mit Verlaub - eine solche Erklärung kurstauglich ist?

1.) Ich sage im Prinzip die ganze Zeit nichts anderes, als dass man einen Um-zu-Satz nur bilden kann, wenn das - jetzt formuliere ich mal so - "potenzielle Subjekt" dieses Um-zu-Satzes mit dem Subjekt des Hauptsatzes inhaltlich identisch ist. Wo habe ich etwas anderes gesagt? Ob das Subjekt identisch ist, kann der Muttersprachler in der Regel vielleicht fühlen; der Deutschlerner kann einen Damit-Satz bilden und es dabei bemerken/kontrollieren. Nur Damit-Sätze, deren Subjekte mit dem des Hauptsatzes identisch sind, kann man zu einem Um-zu-Satz umformulieren.

2.) Das Wort "es" hat verschiedene Funktionen. Das will ich hier nicht ausführen. Man nutzt es im Deutschen z.B. dann, wenn man kein "reales Subjekt" hat. Dieses "inhaltsleere Subjekt" (ohne reale Bedeutung) steht z.B. in Passivsätzen ohne "reales Subjekt" auf dem ersten Platz. Es steht dort nur, weil sozusagen irgendetwas auf dem ersten Platz stehen muss, denn bekanntlich kommt das Verb im deutschen Hauptsatz erst auf dem zweiten Platz. Sobald man ein anderes Satzglied (wenn vorhanden!) auf den ersten Platz stellt, fällt dieses "es" weg, denn der erste Platz ist ja nun besetzt. Man braucht dieses "es" dafür nicht mehr. z.B.

a) Die Schüler antworten dem Lehrer.
b) Es wird dem Lehrer geantwortet.
c) Dem Lehrer wird geantwortet.

(Man muss wissen, dass (c) von (b) kommt, denn sonst stünde die Frage im Raum, warum in (c) "wird" steht und nicht "werde" oder "werdet" usw.)

3.) Die Passivsätze mit dem "inhaltsleeren Es-Subjekt" sind also nicht die wirkliche Ausgangsform dieser Sätze, sondern sozusagen nur eine Behelfsform. Man muss also u.U. auf das Aktiv zurückgreifen, um zu erkennen, wer oder was wirklich Subjekt ist. In dem diskutierten Beispiel mit den Handys kann man "man" einsetzen, aber durchaus auch "die Passagiere". Wer soll auf den Handygebrauch verzichten? Wer soll dadurch Interferenzen vermeiden? Das ist das "reale Subjekt". Es ist in beiden Fällen gleich. Daher kann man es sozusagen einsparen, also statt eines Damit-Satzes kann man einen Um-zu-Satz bilden. Ich finde daher diesen Satz immer noch "schlicht richtig".

jero
www.cafe-deutsch.de



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 11.08.08 21:12.

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Re: Wann Infinitiv nur mit "zu" und wann mit "um...zu"?
geschrieben von: jero ()
Datum: 11. August 2008 21:02

kaercher schrieb:
-------------------------------------------------------
> Ich muss doch noch mal auf den Satz:
>
> Bei Start und Landung muss auf Handytelefone
> verzichtet werden, um störende, elektromagnetische
> Interferenzen zu vermeiden".
>
> Er ist schlicht falsch.

Da du nun die ganze Zeit behauptest, dass dieser Satz falsch ist, weil: "..."um zu"-Konstruktionen z.B. verlangen Gleichheit der Subjekte ..." dann sag uns doch mal, was für unterschiedliche Subjekte diese beiden Teilsätze haben? Was ist Subjekt im ersten Satz, was nicht Subjekt im zweiten Satz ist (oder umgekehrt). Das würde mich nun mal ganz konkret interessieren. Oder hat der zweite Teilsatz für dich kein Subjekt? Aber wer soll denn die Interferenzen vermeiden?


jero
www.cafe-deutsch.de



3-mal bearbeitet. Zuletzt am 11.08.08 21:08.

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Re: Wann Infinitiv nur mit "zu" und wann mit "um...zu"?
geschrieben von: jero ()
Datum: 11. August 2008 22:10

Frauen schminken ihre Augen, um schön auszusehen.

**Die Augen werden geschminkt, um schön auszusehen.

Dieser zweite Satz ist falsch, weil die Subjektgleichheitsregel verletzt ist.

Mit der Damit-Satz-Probe kann man ganz leicht erkennen, ob der zweite Satz falsch ist. Heißt die Damit-Satz-Variante...

a) "Die Augen werden geschminkt, damit die Frauen schön aussehen", dann ist der zweite Satz falsch (unterschiedliche Subjekte).

oder

b) "Die Augen werden geschminkt, damit die Augen schön aussehen", dann ist der zweite Satz richtig (gleiches Subjekt).

Nur durch den Kontext, den du hier mit deinem Ausgangssatz vorgegeben hast, kann man den zweiten Satz als falsch bezeichnen, weil er eine andere Aussage enthält. In einem anderen Kontext (siehe b) könnte er aber auch richtig sein. Gerade weil beides denkbar ist, hilft die Damit-Satz-Probe.



jero
www.cafe-deutsch.de

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Re: Wann Infinitiv nur mit "zu" und wann mit "um...zu"?
geschrieben von: Redeker, Bangkok ()
Datum: 12. August 2008 07:02

Guten Morgen,

Bei Start und Landung muss auf Handytelefone verzichtet werden,

um störende, elektromagnetische Interferenzen zu vermeiden.


Nun, "schlicht" ist dieser Satz nicht. Woher kommen die Bauchschmerzen?

Wie oben schon mehrfach gesagt:

Der erste Teil hat in dieser Form als Vorgangspassiv kein grammatisches Subjekt. Eine Bedingung wie "gleiches Subjekt" kann nicht erfüllt werden, da es hier kein grammatisches Subjekt gibt.

Um zu erkennen, welches Subjekt hinter der Um-zu-Konstruktion steht, muss die Damit-Satz-Probe gemacht werden:

... um störende, elektromagnetische Interferenzen zu vermeiden.

wird zu

... damit störende, elektromagnetische Interferenzen vermieden werden.

Zusammengenommen erhalten wir damit:

Bei Start und Landung muss auf Handytelefone verzichtet werden,
damit störende, elektromagnetische Interferenzen vermieden werden.


Die Gleiches-Subjekt-Bedingung für die Umwandlung eines Damit-Satzes in eine Um-zu-Konstruktion ist also nicht erfüllt. Legen wir diese Regel eng zu Grunde,ist der Ausgangssatz falsch.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Redeker

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Re: Wann Infinitiv nur mit "zu" und wann mit "um...zu"?
geschrieben von: jero ()
Datum: 12. August 2008 10:49

Guten Morgen allerseits,

ich glaube, inzwischen haben wir wohl alle Positionen ausgetauscht. Schön, dass Michael nun einen "Kompromiss" andeutet, indem er von "enger Regelauslegung" spricht. Ich stünde dann wohl für eine "weite Regelauslegung"?! ;-)

Wenn ich das nun richtig sehe, meinen die "engen Regelisten", dass das gleiche Subjekt sichtbar sein muss; während die "weiten Regelisten" meinen, dass es genügt, wenn das gleiche Subjekt denkbar ist und in Umformungen (in Ausgangsvarianten) nachgewiesen werden kann. Das scheint ja auch zumindest der Sprachpraxis zu entsprechen!

Mich würde dann immer noch interessieren, in welcher Grammatik geschrieben steht, dass das gleiche Subjekt sichtbar sein muss - im Hauptsatz wohlgemerkt, denn im Nebensatz könnte es ja sowieso frühestens durch Umformung in einen Damit-Satz sichtbar werden (Umformen müssen die "engen Regelisten" also auch). Auf diese Frage habe ich immer noch keine Antwort bekommen. :-(

jero
www.cafe-deutsch.de

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Re: Wann Infinitiv nur mit "zu" und wann mit "um...zu"?
geschrieben von: kaercher ()
Datum: 12. August 2008 11:16

Hallo Jero,

Duden Nr 9 habe ich schon genannt.

Ebenso steht es in der Gelben Grammatik, Dreyer, Schmitt, Lehr- und Übungsbuch der deutschen Grammatik, § 32, Seite 174

Kursbuch Schritte 5 Seite 67 und Übungen Seite 140
Die Übungen sind extra darauf angelegt, dass man die Subjektverschiedenheit bzw. Gleichheit gut erkennt.

Monika Reimann, Grundstufengrammatik Seite 114.

Mich würde interessieren, ob du Sprachen kennst, bei denen die entsprechende Konstruktion ohne Subjektgleichheit funktioniert.

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Re: Wann Infinitiv nur mit "zu" und wann mit "um...zu"?
geschrieben von: jero ()
Datum: 12. August 2008 16:27

Hallo kaercher,

danke für die Hinweise. Ich kann sie vorerst nicht in Augenschein nehmen. Deshalb möchte ich noch einmal betonen, dass es nicht um Subjektgleichheit oder -verschiedenheit geht. Da gibt es doch überhaupt keinen Dissenz zwischen uns. Es geht darum, ob dieses Subjekt sichtbar (!!!) sein muss - wenn ich eure Kritik an den Beispielsätzen nun richtig verstanden habe. Wie gesagt, in der Praxis funktioniert es offensichtlich auch ohne sichtbares Subjekt.

Du hast übrigens noch nicht beantwortet, welche unterschiedlichen Subjekte du denn in dem Beispielsatz "Bei Start und Landung muss auf Handytelefone verzichtet werden, um störende, elektromagnetische Interferenzen zu vermeiden" siehst??? (Das wäre auch eine Frage an Michael.)

jero
www.cafe-deutsch.de

PS: Nein, ich kenne mich in der Grammatik anderer Sprachen nicht (gut) aus. Ich kann dazu nichts sagen.



4-mal bearbeitet. Zuletzt am 12.08.08 17:38.

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Re: Wann Infinitiv nur mit "zu" und wann mit "um...zu"?
geschrieben von: jero ()
Datum: 12. August 2008 16:49

... hier habe ich mal im Internet nach Erklärungen für finale Damit- bzw. Um-zu-Sätze geforscht:

[www.canoonet.eu]

[www.d-seite.de]

[www.mein-deutschbuch.de]

In allen diesen Erklärungen steht nur, dass man aus einem Damit-Satz einen Um-zu-Satz bilden kann, wenn die Subjekte gleich sind. Das hat niemand bestritten und auch ich sage das die ganze Zeit. Insofern herrscht also Einigkeit. Ich finde jedoch keinen Hinweis darauf, dass das Subjekt im Hauptsatz (ggf. auch im Damit-Satz) tatsächlich vorhanden sein muss und nicht in einer subjektlosen Variante auch "hinzugedacht" werden kann (durch Umwandlung in Ausgangsformen). Sowas steht dort nirgends!!!

Steht das denn in den von dir genannten Büchern? Kannst du mal wenigstens eine solche Stelle zitieren? Ich halte das ehrlich gesagt immer noch für falsch.

jero
www.cafe-deutsch.de



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 12.08.08 16:50.

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"um...zu" und immer noch keine Ende...
geschrieben von: Tomas ()
Datum: 12. August 2008 17:36

Hallo,

Vielen Dank auch an Michael für die sachliche und objektive Erklärung.

Ich sagte ja schon, ich selbst würde so den Satz nicht schreiben und jetzt nach so vielen Erklärungen, über die ich mich gefreut habe, würde ich ihn erst recht nicht so schreiben.

Aber eine Sache ist ja Schriftsprache und eine andere Sache ist das, was man so im Alltag und so halt so sagt.

Und da mache ich mir jetzt nun doch das Vergnügen, ein bereits gefallenes schrecklich theoretisches Stichwort, das sogenannte "semantische Subjekt" (Ich glaube, Kaercher hat es genannt), heranzuziehen,

um ein tatsächlich in einem Gespräch gefallenes Problem zu "um...zu" auszuführen.

Ich fragte einen Bekannten (Deutsch-Muttersprachler) einfach so: "Sag mal, ist Deiner Meinung nach der Satz

"Das Licht muss ausgemacht werden, um Strom zu sparen."

richtig?"

Und der Bekannte antwortete wie aus der Pistole geschossen:

"Ja, natürlich ist das richtig. Wieso sollte es denn falsch sein?"

Sicherlich schreibt man solche Sätze nicht. Aber Sprache passiert doch oft auf gesprochene Art und Weise, und da scheint es eine gewisse Toleranz für solche Sätze zu geben?

Wenn man sich dieses Problem nun mit "semantischem Subjekt" und so betrachtet, passiert glaube ich folgendes:

Das semantische Subjekt ist "man". Aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen hat man aber einen Passivsatz gemacht. Aber die Idee ist irgendwie weiterhin auf semantischer Ebene:

"Man macht das Licht aus, um Strom zu sparen."

(dieser Satz ist wohl zweifelsohne richtig, da hier das Subjekt explizit gegeben ist)

Und dann mit dem komischen Passiv ist das alles irgendwie auf die "rein semantische Ebene" geflutscht oder so...

Also diesen Diskussionsbeitrag schreibe ich nur, um das nebulöse Fremdwort "semantisches Subjekt" wirklich mit dem Diskussionsthema in Verbindung zu setzen. Denn diese Verbindung war mir zumindest gar nicht so ganz klar.

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Re: Wann Infinitiv nur mit "zu" und wann mit "um...zu"?
geschrieben von: kaercher ()
Datum: 12. August 2008 18:05

Im Hauptsatz kann "es" als Subjekt eingesetzt werden. Aber selbst bei einer Umformung in einen damit-Satz kann "es" nicht als Subjekt eingesetzt werden.


Bei Start und Landung muss auf Handytelefone verzichtet werden, um störende, elektromagnetische Interferenzen zu vermeiden"

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Re: Wann Infinitiv nur mit "zu" und wann mit "um...zu"?
geschrieben von: Redeker, Bangkok ()
Datum: 12. August 2008 19:06

Guten Abend zusammen,

ein grammatisches Subjekt muss in einem Satz sichtbar sein, sonst gibt es kein Subjekt.

Der erste Teilsatz hat, wie ich oben mit einem Link zeige, kein Subjekt.
Wenn ich den Satz umformuliere und mit einem "Scheinsubjekt" ausstatte oder gar den Vorgangspassivsatz in einen Aktivsatz mit "man" umformuliere, erhalte ich andere Sätze.

(Jero, verwechseln Sie da nicht etwa "Agens" mit "Subjekt"?)

Die Umwandlung erfolgt immer aus der Richtung der Damit-Konstruktion in die Um-zu-Konstruktion. Wie ich oben schon schrieb:

Bei Start und Landung muss auf Handytelefone verzichtet werden,
damit störende, elektromagnetische Interferenzen vermieden werden.


(Hauptsatz ist subjektloses Vorgangspassiv, im Nebensatz ist "störende, elektromagnetische Interferenzen das Subjekt. Die Regelwerke sprechen nun von einem gleichen GRAMMATISCHEN Subjekt; nicht von einem irgendwie "hinzugedachten"(!). Ach was, es gibt in der Grammatik kein "unsichtbares", "semantisches" Subjekt. Sie verwechseln da "Agens" und "Subjekt"!)


Mit freundlichen Grüßen

Michael Redeker

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Re: Wann Infinitiv nur mit "zu" und wann mit "um...zu"?
geschrieben von: jero ()
Datum: 12. August 2008 20:53

Guten Abend,

ach was, :-) die Regelwerke sprechen keinesfalls ausdrücklich von einem GRAMMATISCHEN Subjekt, das sichtbar sein muss. Wo denn?

Es gibt sehr wohl "unsichtbare" Subjekte, wie z.B. in den Kurzformen von Passivsätzen mit "inhaltsleerem Es-Subjekt". Man muss genau dieses unsichtbare Es-Subjekt hinzudenken/kennen, wenn man das Verb richtig konjugieren will, denn der bereits genannte Beispielsatz "Dem Lehrer wird geantwortet" hat kein sichtbares Subjekt. Warum also steht denn dann das Verb in der 3. Person Singular Präsens?

Und wo ist das Subjekt der Imperativsätze in der Ihr-Form? Es wird nur bei besonderer Betonung sichtbar, z.B. "Geht ihr zuerst, dann folge ich...!" Und welches Subjekt hat der Satz "Ist dir zu heiß?", sodass dort "ist" steht? Weggelassene (=unsichtbare) Subjekte gibt es zuhauf. Sätze der Art "Er kam nach Hause und rief sofort seine Großmutter an" (zwei mit -und- verbundene Hauptsätze, in denen das Subjekt im zweiten fehlt, weil es mit dem Subjekt des ersten identisch ist).

Auch die Argumentation, dass man einen anderen Satz erhalte, wenn man die Passivsätze auf Aktivsätze zurückführt, ist nicht stichhaltig. Wichtig ist bei solchen Umformungen, dass der Sinn sich nicht verändert! Sie tun ja genau das Gleiche, wenn Sie den Um-zu-Satz in einen Damit-Satz umformen, der dadurch teilweise andere Wörter enthält. Da könnte man dann ja auch sagen: Das ist ein anderer Satz!

Am wichtigsten finde ich aber Folgendes: Die Sprachträger bilden ganz offensichtlich in "weiter Auslegung" der Subjektgleichheitsregel massenhaft solche Um-zu-Sätze, bei denen sich die Gleichheit der Subjekte nicht auf den ersten Blick und einer einfachen Umformung in einen Damit-Satz erschließt, sondern erst durch "Hinzudenken" bzw. Rückführungen auf eine Ausgangsbasis (z.B. Passiv => Aktiv). Die Frage ist nun, ob die Regel, von der "ihr" ausgeht, vielleicht falsch formuliert ist oder ob alle Deutschen falsch sprechen/schreiben? Huhn oder Ei? Zuerst die Theorie und dann die Praxis oder umgekehrt?

jero
www.cafe-deutsch.de



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 12.08.08 20:59.

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Re: Wann Infinitiv nur mit "zu" und wann mit "um...zu"?
geschrieben von: jero ()
Datum: 12. August 2008 22:08

... da habe ich noch ein nettes Beispiel gefunden:

Um Passivsätze richtig bilden zu können, sind Kenntnisse der Grammatik erforderlich.

Glaubte man "kaercher" und "Redeker", so dürfte hier kein Um-zu-Satz gebildet werden, denn die Damit-Satz-Probe ergibt:

Damit man Passivsätze richtig bilden kann, sind Kenntnisse der Grammatik erforderlich.

a) Subjekt des Damit-Satzes = "man"

b) Subjekt des Hauptsatzes = "Kenntnisse"

Ich vermute, niemand wird den Beispielsatz wirklich als falsch empfinden - so geläufig ist uns diese Konstruktion. Sie ist auch schlicht und einfach richtig, wenn man meiner "weiten Regelauslegung" folgt bzw. wenn man - so darf ich wohl mittlerweile mit Fug und Recht behaupten - die Regel richtig anwendet!

jero
www.cafe-deutsch.de
--------------------------------------------------------------------------
PS: Der von mir vereinfachte Beispielsatz lautet im Original:

"Was man bei der Bildung des Passivs beachten muss.

Um das Passiv problemlos bilden zu können, sind Kenntnisse über die jeweiligen Verbergänzungen notwendig. Man sollte stets zwischen Nominativ-, Akkusativ- und Dativ-Ergänzung unterscheiden können
. ..."

gefunden unter [www.mein-deutschbuch.de]



5-mal bearbeitet. Zuletzt am 12.08.08 22:57.

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Re: Wann Infinitiv nur mit "zu" und wann mit "um...zu"?
geschrieben von: jero ()
Datum: 14. August 2008 09:36

Hm, ist ja komisch, wo sind sie denn alle hin, kaercher, Redeker, Tomas ... ???

-----------------------------------------------------------------------

Die "Richtigkeit" des Satzes "Um Passivsätze richtig bilden zu können, sind Kenntnisse der Grammatik erforderlich", kann man wie folgt erschließen:

Damit man Passivsätze richtig bilden kann, braucht man Kenntnisse der Grammatik.

Auch hier muss offensichtlich der Hauptsatz erst in eine adäquate Aktiv-Variante umgeformt werden, damit das gleiche Subjekt, das den Um-zu-Satz rechtfertigt, hervorttritt (sichtbar wird).

jero
www.cafe-deutsch.de



3-mal bearbeitet. Zuletzt am 14.08.08 09:43.

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Re: Wann Infinitiv nur mit "zu" und wann mit "um...zu"?
geschrieben von: Redeker, Bangkok ()
Datum: 14. August 2008 16:52

Guten Abend,

lebendige Sprache. Ich habe "unser" Problem Dr. Bopp vom Canoo.Net vorgelegt und darf die Antwort hier zitieren:

"Passivische Konstruktionen und Subjektbestimmung sind ein schwieriges Problem. Manchmal muss man sich ans grammatische Subjekt halten, in anderen Fällen kann oder muss das semantische Subjekt der Handlung berücksichtigt werden. Auch in diesem Fall spielt so etwas eine Rolle. Die allgemeine Regel der Subjektgleichheit zwischen dem um-zu-Satz und dem Hauptsatz funktioniert bei passivischen Konstruktionen nämlich nicht.

Zu Ihren Beispielsätzen. Der Satz, von dem Sie ausgehen, kann relativ einfach abgehandelt werden:

Bei Start und Landung muss auf Handytelefone verzichtet werden, um störende, elektromagnetische Interferenzen zu vermeiden.

Keiner der beiden Teilsätze hat ein explizites grammatisches Subjekt. Der Gesamtsatz kann u.a. wie folgt abgehandelt werden.

Bei Start und Landung muss MAN auf Handytelefone verzichten, damit MAN störende elektromagnetische Interferenzen vermeidet.

Somit wäre die Regel, dass damit-Sätze nur bei Subjektgleichheit in um-zu-Sätze umgewandelt werden können, "gerettet". Ob der Satz stilistisch gesehen gelungen ist, ist eine andere Frage. Aber das ist noch nicht alles!

Bei Ihrem anderen Beispielsatz wird es schwieriger:

Um Finalsätze richtig bilden zu können, sind Kenntnisse der Grammatik erforderlich.

Im Unterschied zum ersten Fall hat hier der Hauptsatz ein grammatisches Subjekt: Kenntnisse der Grammatik. Wir haben es also - wie Sie schon erwähnt haben - bei der Umformung mit zwei unterschiedlichen Subjekten zu tun: "Kenntnisse der Grammatik" und "man". Dennoch klingt der Satz nicht völlig falsch. Das hat wohl mit der passivischen Bedeutung von "erforderlich sein = man benötigt" zu tun. Bei einer freieren Interpretation der Regel über die Subjektgleichheit, d.h. wenn bei passivischen Konstruktionen im weiteren Sinne auch das semantische Subjekt der Verbhandlung gemeint sein kann, ist dieser Satz also korrekt.

Um Finalsätze richtig bilden zu können, sind Kenntnisse der Grammatik erforderlich.
(Damit man Finalsätze richtig bilden kann, benötigt man Kenntnisse der Grammatik.)

In diesem Sinne ebenfalls möglich:
Der Meeresarm wurde zugeschüttet, um Land zu gewinnen.
(Man schüttete den Meeresarm zu, damit man Land gewann.)
Der Stöpsel muss herausgezogen werden, um das Wasser ablaufen zu lassen.
(Man muss den Stöpsel herausziehen, damit man das Wasser ablaufen lässt.)
Die Trommel muss geschlagen werden, um sie erklingen zu lassen.
(Man muss die Trommel schlagen, damit man sie erklingen lässt.)


All diese Sätze haben eines gemein: Das Subjekt des damit-Satzes ist identisch mit dem semantischen Subjekt d.h. dem Agens des Passivsatzes. In diesem Fall ist die Formulierung eines um-zu-Satzes möglich, aber nicht unumstritten. Strenge Grammatiker finden, dass diese Sätze nicht richtig seien. Ich persönlich finde sie nicht falsch, aber z.T. stilistisch etwas zweifelhaft.

Das ist aber immer noch nicht alles: Die "freiere Interpretation" der Regel zur Subjektgleichheit in um-zu-Sätzen lässt sich nicht auf alle passivischen Konstruktionen anwenden. Den folgenden Satz finde ich z.B. falsch, ohne dass ich erklären könnte weshalb:

*Die Trommel muss geschlagen werden, um sie zu hören."
(obwohl man sagen könnte: "Man muss die Trommel schlagen, damit man sie hört")


Umgekehrt ist die um-zu-Formulierung bei passivischen Sätzen falsch, auch wenn die grammatische Subjektgleichheit gegeben ist:
*Der Hund muss streng behandelt werden, um zu gehorchen.
(obwohl "der Hund" das Subjekt ist im Hauptsatz und im damit-Satz: "damit er gehorcht".)
Die Trommel muss geschlagen werden, um zu erklingen.
(obwohl "die Trommel" das Subjekt ist im Hauptsatz und im damit-Satz: "damit sie erklingt".)

Zusammenfassend: Die allgemeine Regel lautet, dass man nur dann einen finalen um-zu-Satz bilden kann, wenn das implizite Subjekt des um-zu-Satzes mit dem Subjekt des Hauptsatzes identisch ist. Bei passivischen Konstruktionen versagt diese Regel:

- Zu einem passivischen Hauptsatz kann manchmal (also nicht immer) ein um-zu-Satz gebildet werden, wenn das implizite Subjekt des um-zu-Satzes identisch ist mit dem Agens der übergeordneten Passivkonstruktion. (NB: Strenge Grammatiker meinen, dies sei nie möglich.)
- Zu einem passivischen Hauptsatz kann kein um-zu-Satz gebildet werden, auch wenn das Subjekt des um-zu-Satzes mit dem grammatischen Subjekt des Hauptsatzes identisch ist.

Wie das Wörtchen "manchmal" und die stilistischen Bedenken zeigen, müsste die Problematik der um-zu-Sätze bei Passivkonstruktionen genauer untersucht werden. (Die Regel der strengeren Grammatiker finde ich hier etwas zu übergeneralisierend.) Vielleicht ist das ja bereits geschehen, aber mir sind leider keine genaueren Untersuchungen bekannt.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Bopp"

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Re: Wann Infinitiv nur mit "zu" und wann mit "um...zu"?
geschrieben von: jero ()
Datum: 14. August 2008 18:25

Hallo,

alle Achtung, Michael, dass du das hier zitierst! (Es stützt ja im Wesentlichen das, was ich ausgeführt habe.) Respekt!!!

Ich habe heute in einer Buchhandlung mal bei Helbig/Buscha reingeschaut (weil ich an meine Bücher zur Zeit nicht rankomme), die ebenfalls als anerkannte Grammatiker gelten dürfen. Auf S. 581 unter 16.4.2.1. (3) a findet man den Satz:

"Der Wagen wurde vor die Garage gefahren, um ihn zu wachsen."

Helbig/Buscha führen dies als Variante möglicher finaler (!) Um-zu-Sätze an und leiten das gleiche Subjekt aus folgender Ausgangsvariante im Aktiv ab:

"Man fuhr den Wagen vor die Garage, damit man ihn wusch." (ICH: besser wohl "waschen kann/könnte")

Ein Blick ins Buch lohnt sich, denn dort stehen weitere interessante Varianten, bei denen das gleiche Subjekt nicht auf den ersten Blick kenntlich ist.

jero
www.cafe-deutsch.de

PS: Ich habe auch bei Schmitt/Dreyer und bei Monika Reimann reingeschaut - auf den Seiten, die "kaercher" angegeben hatte. Dort steht hingegen nichts zu dem von uns diskutierten Problem. Da fühle ich mich ehrlich gesagt etwas veräppelt.

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Re: Wann Infinitiv nur mit "zu" und wann mit "um...zu"?
geschrieben von: jero ()
Datum: 14. August 2008 18:36

"....

> - Zu einem passivischen Hauptsatz kann manchmal
> (also nicht immer) ein um-zu-Satz gebildet werden,
> wenn das implizite Subjekt des um-zu-Satzes
> identisch ist mit dem Agens der übergeordneten
> Passivkonstruktion. (NB: Strenge Grammatiker
> meinen, dies sei nie möglich.)

...

> Mit freundlichen Grüßen
>
> Stephan Bopp"

... Das finde ich bemerkenswert. Ich frage mich (wieder einmal), WER MACHT DENN DIE SPRACHE - die Grammatiker oder "das Volk"? Ganz offensichtlich sprechen und schreiben die Deutschen so. Müssen nun also die Deutschen gefälligst ihre Sprachverwendung ändern, damit die Regel stimmt oder vielleicht doch die "strengen Grammatiker" ihr Regelverständnis, damit sie die Sprachwirklichkeit richtig abbilden???

jero

www.cafe-deutsch.de



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 14.08.08 18:38.

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Re: Wann Infinitiv nur mit "zu" und wann mit "um...zu"?
geschrieben von: kaercher ()
Datum: 14. August 2008 22:00

Auf den angegebenen Seiten stehen die Regeln für "um zu-Infinitive" und damit-Sätze in Abhängigkeit von Subjektgleichheit.

Übrigens gibt's jetzt ja anscheinend doch so etwas wie semantische Subjekte.

Optionen: AntwortenZitieren
Re: Wann Infinitiv nur mit "zu" und wann mit "um...zu"?
geschrieben von: jero ()
Datum: 14. August 2008 23:14

kaercher schrieb:
-------------------------------------------------------
> Auf den angegebenen Seiten stehen die Regeln für
> "um zu-Infinitive" und damit-Sätze in Abhängigkeit
> von Subjektgleichheit.
>
> Übrigens gibt's jetzt ja anscheinend doch so etwas
> wie semantische Subjekte.

... aber "kaercher",

dann lies doch bitte noch mal die Beiträge vorher und kurz danach. Es hat nie jemand die (prinzipiell) notwendige Subjektgleichheit bestritten und auf den von dir genannten Seiten steht weiter nichts als eben diese notwendige Subjektgleichheit. Das war doch überhaupt nicht unser Problem und ich habe dich ausdrücklich darauf hingewiesen.

Naja, lassen wir das jetzt. (Ich bin nicht sauer!)

jero

www.cafe-deutsch.de



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 14.08.08 23:27.

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