Wir hatten hier schon einige Threads über die Possessivartikel (ich nenne sie gern so) bzw. die Possessivpronomen.

Aber jetzt habe ich mal eine ganz dumme Frage:

Wofür verwendet man die Possessivartikel überhaupt in einem einfachen, normalen Standardsatz?

Natürlich weiß ich, dass man mit Possessivartikeln wirklich neue, relevante Aussagen machen kann, zum Beispiel:

Du spielst mit ihrem Handy.

Ihr sucht seinen Schlüssel.

Sie will nicht deinen Brief zur Post tragen.

Und so weiter.

Aber oft, so scheint mir, verwendet man die Possessivartikel tatsächlich als Artikel, deren einzige Aussage darin besteht, die "Standardbedeutung" des Satzes irgendwie harmonisch festzukitten.

Also in obigen Beispielen dann:

Du spielst mit deinem Handy.

Ihr sucht euren Schlüssel.

Sie will nicht ihren Brief zur Post tragen.

Wie werden diese Angelegenheiten von den Sprachberatern beurteilt?

Zitat

Wie werden diese Angelegenheiten von den Sprachberatern beurteilt? (Tomas)

DaF2000 und Michael sind Sprachberater. Sie sind meiner Meinung nach Germanisten hohen Ranges. Von ihnen können nicht nur Nichtmuttersprachler sondern auch deutsche Muttersprachler vieles lernen. Jeder kann im Forum seine Meinung frei äußern. Niemand ist verpflichtet, die Meinung des anderen zu akzeptieren.

Der Possessivartikel wird in einem sehr weiten Sinn gebraucht. Er richtet sich nach Person, Genus und Numerus des Besitzers.
Er pflegt seinen Garten. (Er ist der Besitzer.) Er pflegt meinen Garten. (Ich bin der Besitzer.) Er arbeitet mit deinem Werkzeug. (Du bist der Besitzer.)
Sie pflegt ihre Blumen. Wir wissen nicht genau, wessen Blumen sie pflegt. Wer ist der Besitzer? Sie (3. Person Singular) oder mehrere Personen (sie - 3. Person Plural)?
Das ist mein Trainingsanzug. (= persönlicher Besitz), aber auch: meine Straßenbahn (die Straßenbahn, mit der ich fahre). Dort steht mein Traktor ( = der Traktor, den ich fahre). Frohe Weihnachten und ein glückliches neues Jahr! Ihre Bank.

Zitat


Wofür verwendet man die Possessivartikel überhaupt in einem einfachen, normalen Standardsatz? (Tomas)

Das Possessivpronomen drückt eine Zuordnung des von ihm begleiteten Nomens zu einer grammatischen Person aus. Darunter verstehe ich den weitesten Sinn des Zusammengehörens.



12-mal bearbeitet. Zuletzt am 06.12.15 14:36.

Ich glaube, ich war gedanklich nicht in der Lage, mein Problem in die richtigen Worte zu fassen.

Zum Glück bin ich ein Hobby-Lateiner und kann jetzt meine Frage mit einem Umweg über Latein besser formulieren.

Im Lateinischen gibt es die Possessivpronomen "suus" (sein) und "eius" (sein). "suus" verwendet man, wenn es sich auf das Subjekt bezieht, "eius", wenn es sich auf jemand anders bezieht.

Ist es im Deutschen irgendwie so, dass die subjektbezogene Verwendungsweise natürlicher ist und irgendwie spontaner verstanden wird, wohingegen die Verwendung in Hinblick auf außenstehende Menschen oder Dinge eher konstruierter und unnatürlicher ist und mehr Nachdenken erfordert?

Wie wird mit diesem Unterschied in der spontanen, gesprochenen Alltagskommunikation umgegangen?

- Michael beobachtete schweigend Peter, der seinen Kollegen Dieter zu überzeugen versuchte. Michael glaubte nicht, dass dessen Haltung sich ändern würde.

"Dessen" bezieht sich nur auf den zuletzt genannten Namen im ersten Satz. "Seine" statt "dessen" im dass-Satz könnte sich sowohl auf Peter als auch auf Dieter beziehen. Um Missverständnisse zu vermeiden, kann man dessen und deren statt sein und ihr verwenden.

- Sie pflegt ihre eigenen Blumen. (Sie ist die Besitzerin.)

- Orgetorix versicherte, dass er mit seinen Truppen und seinem Heer jenen Königreiche verschaffen werde.

- Caesar schickte Fabius mit seiner eigenen (also der des Fabius) Legion ins Winterlager.



10-mal bearbeitet. Zuletzt am 07.12.15 08:59.

Das deutsche Possessivpronomen verweist, im Unterschied zum Spanischen zum Beispiel, auf zweierlei: den Besitzer und dessen Besitz. Außerdem enthält es natürlich das Kasussignal.