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Infinitiv mit zu, aber kein Infinitivsatz
geschrieben von: bluemoon ()
Datum: 28. Oktober 2024 20:53

Hallo,

ich habe eine Frage zu einem sprachlichen Phänomen, für das ich bisher weder in einem Grammatikbuch noch im Internet eine Erklärung finden konnte.
Es handelt sich um den Gebrauch von zu mit einem Infinitiv, ohne dass jedoch ein Infinitivsatz dabei entsteht. Beispiele:

Wir haben hier zwei Gemälde von Fritz Klein zu hängen.

Am nächsten Morgen schmerzte mein Auge, als ich mich umdrehte und auf die Wange zu liegen kam.

Mir sind diese Konstruktionen mit "zu" früher nie aufgefallen. Handelt es sich möglicherweise um einen regionalen Sprachgebrauch?

Vielleicht ist diese Sprachverwendung auch schon mal jemandem begegnet?

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Re: Infinitiv mit zu, aber kein Infinitivsatz
geschrieben von: Redeker, Bangkok ()
Datum: 29. Oktober 2024 04:27


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Re: Infinitiv mit zu, aber kein Infinitivsatz
geschrieben von: Gernot Back ()
Datum: 29. Oktober 2024 10:44

bluemoon schrieb:
-------------------------------------------------------
> Wir haben hier zwei Gemälde von Fritz Klein zu
> hängen.


Mein Kollege, später Vorgesetzter, der aus Sachsen-Anhalt stammte, hat so geredet. Wenn man das »zu« einfach strich/überhörte, erhielt man die Aussage, die er meinte. Er meinte einen solchen Satz mit »haben + Akkusativobjekt + zu + Infinitiv« definitiv meist nicht als Ersatz für »müssen + Akkusativobjekt + Infinitiv«.

Vgl.: [www.korrekturen.de]

> Am nächsten Morgen schmerzte mein Auge, als ich
> mich umdrehte und auf die Wange zu liegen kam.


Mit »kommen« ist das eine grammatisch akzeptierte Ausdrucksweise, wie Herr Redeker schon verlinkt hatte. Was mich daran aber immer irritiert, sind die Positionsverben »liegen«, »stehen« und »sitzen« in Verbindung mit einer Richtungsangabe aus Wechselpräposition + Akkusativ. Die Richtung (also der Akkusativ) wird hier aber wohl vom übergeordneten Verb »kommen« vorgegeben. Ich würde diese Wendung selbst nicht benutzen.



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 29.10.24 11:07.

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Re: Infinitiv mit zu, aber kein Infinitivsatz
geschrieben von: bluemoon ()
Datum: 29. Oktober 2024 17:34

Danke für die Hinweise!

Die modale Bedeutung dieser Konstruktion war mir vertraut: Ich habe heute viel zu tun. Oder auch: Es gibt viel zu tun.

Mein erster Beispielsatz scheint mir dagegen wirklich eine regionale Besonderheit zu sein:-) Mir war bisher auch nur die Variante geläufig: Wir haben hier noch zwei Gemälde von Fritz Klein hängen.
Aber seit ich im ostdeutschen Raum lebe, höre ich die andere Variante mit zu + Infinitiv relativ häufig.

Danke auch für den Hinweis, dass man das Verb "kommen" mit zu + Infinitiv verwenden kann. Das hätte ich auch nicht gedacht. Ich kenne nur Sätze wie:
Das Auto kam neben mir zum Stehen.

Aber laut Duden müsste man auch sagen können: Das Auto kam neben mich zu stehen.
Das hört sich doch komisch an, oder?

Mich irritiert hier auch die Wechselpräposition + Akkusativ in Verbindung mit dem Positionsverb "stehen".

Meinen Schülern würde ich diese Sätze nicht beibringen.
Besten Dank noch mal für die Hinweise!

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Re: Infinitiv mit zu, aber kein Infinitivsatz
geschrieben von: Gernot Back ()
Datum: 31. Oktober 2024 10:18

bluemoon schrieb:
-------------------------------------------------------
> Ich kenne nur Sätze wie:
> Das Auto kam neben mir zum Stehen.
>
> Aber laut Duden müsste man auch sagen können:
> Das Auto kam neben mich zu stehen.
> Das hört sich doch komisch an, oder?

Ich denke nicht, dass diese beiden Ausdrücke äquivalent sind:

Der erste Satz, »das Auto kam neben mir zum Stehen«, bedeutet, dass das Auto bis zur Position neben dir abgebremst wurde oder dass es einfach dahin ausrollte, ohne dass Gas gegeben wurde.

Der zweite Ausdruck, »das Auto kam neben mich zu stehen«, hört sich deshalb komisch an, weil er nur zu einem Fahrzeug passen würde, das über einen eigenen Willen verfügt, etwa durch autonome KI-Steuerung.

»Neben jemanden zu stehen kommen« bedeutet ja, dass man der eigenen Entscheidungsmöglichkeit, wo genau man stehen will, beraubt, durch äußere Faktoren, wie etwa eine Menschenmenge, einen Windsturm oder eine abschüssige und/oder rutschige Fläche, zufällig an den angegebenen Ort gelangt.

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