Hallo an alle!

Im lezten Thema von mir hat man auch an das Problem von Futur II gestoßen. Manche behaupten, Futur II ist schon überflüssig, manche sogar, es gibt gar nicht.
Mir würde tatsächlich interessieren, wie es mit der Verwendung von Futur II im Deutschen ist?
(Ich habe in Grammatiken gelesen, Futur II hat eine Modalbedeutung - Vermutung, aber in dieser Bedeutung wird es durch Perfekt verdrängt)
Wie ist es also mit Futur II?

Danke im Voraus für alle Antworten!

Viele Grüße

Maria

Hallo Maria,

das Futur II ist eine Zeitform, die eine in der Zukunft beendete Handlung zum Ausdruck bringt; schon allein deswegen, d.h. weil es eine Funktion hat, würde ich das Futur II nicht als überflüssig bezeichnen. Wenn man sich allerdings anschaut, wie oft es im Deutschen - sowohl in der gesprochenen als auch in der geschriebenen Sprache - verwendet wird, dann könnte man meinen, dass es überflüssig geworden ist. Ich würde sagen, es ist ungebräuchlich geworden. Es ist 'bequemer' zu sagen "Morgen um 7 habe ich die Arbeit erledigt." als "Morgen um 7 werde ich die Arbeit erledigt haben." Es liegt in der Natur dieses Tempus', dass es vor allem gebraucht wird, um eine Vermutung oder Wahrscheinlichkeit auszudrücken; dies kann verstärkt werden durch Wörter wie "wohl", "wahrscheinlich" oder "vielleicht": "Morgen um 7 werde ich die Arbeit wohl erledigt haben."

Im Hinblick auf den Fremdsprachenunterricht bedeutet das m.E., dass die Behandlung des Futur II gewiss keine hohe Priorität besitzt.

Gruß

Stefan

Hallo Maja,

kennst du den Begriff "Infinitif Perfekt"?
Ulrich Engel nennt diesen Terminus
"aus dem Schubladendenken des Grammatikers entsprungen".

Das ist ein sehr strenges und wuchtiges Urteil.
Der Terminus Futur II jedoch, überhaupt der Terminus Futur, ist
komisch. Ich sehe das so, weil das Futur I viel einfacher
als Modalverb zu greifen ist.
Wenn ich das Verb "werden" als Futur auffasse oder es so benenne,
warum benenne ich nicht die anderen Modalverben auch?
Dann müsste ich ja Tausende von Namen für sie erfinden.

Ein weiterer Grund ist der, dass das sogenannte Futur I nicht immer
ein Futur I ist wie: "Ich denke, er wird da sein."
(Ich glaube, er ist jetzt zuhause.)
Oft benutzt man das "Futur I" modal. Und das kommt daher, dass es
ein Modalverb ist. Der Terminus Futur I hat noch eine gewisse
Berechtigung, der Terminus "Futur II" aber ist überflüssig,
weil das sogenannte Futur II der Form nach eine Vermutung
ausdrückt und äußerst selten ein vollendetes Geschehen in der Zukunft:
"Das wird wohl Kai gewesen sein, der dir die Blumen geschickt hat."
Dabei bezieht sich dieses sogenannte Futur auf die Vergangenheit,
spricht eine Vermutung über die Vergangenheit aus.
Wie verwirrend dieser Terminus doch für Lernende sein muss!

Viele Grüße
Karsten Fink











1-mal bearbeitet. Zuletzt am 09.05.05 22:54.

Richtig, Karsten!

Im Grunde ist das, was wir "Futur" nennen eine Modalumschreibung:
eine Form des Hilfsverbs (hier: werden) + Vollverb im Infinitiv.

Wirft man einen Blick ins Englische, kann man sehen, daß dort das "Futur" auch tatsächlich mit einem klassischen Modalverb geformt wird: "will" (unser 'wollen'), veraltend auch "shall" (unser 'sollen').

Bis ins Mittelalter wurde auch im Deutschen das Futur mit der modalen Umschreibung "wollen/sollen + Infinitiv" gebildet, später benutzte man auch "müssen + Infinitiv".

Das werden im deutschen Futur ist relativ jung, meiner Meinung nach "nur" eine weitere, modale Umschreibung.

Gruß
-MrMagoo

Ein Punkt bei der Sache will mir aber nicht so recht gefallen:
(Natürlich hast du Recht mit der Herkunft der Futurformen, Jens), aber Karsten sagt:

Der Terminus Futur II jedoch, überhaupt der Terminus Futur, ist
komisch. Ich sehe das so, weil das Futur I viel einfacher
als Modalverb zu greifen ist.
Wenn ich das Verb "werden" als Futur auffasse oder es so benenne,
warum benenne ich nicht die anderen Modalverben auch?

Wir nennen das Verb/Modalverb "werden" doch gar nicht Futur, erst die Verbindung mit einem Verb im Infinitiv und die Bedeutung einer Handlung in der Zukunft (Also eben nicht "er wird wohl schon gegessen haben") macht das Komplettpaket zum Futur, wie eben auch die Verbindung haben/sein + Partizip das Perfekt ausmacht, nicht ein Teil davon allein. Wenn wir das so sehen, können wir auch sagen, dass Futur II existiert, obwohl es wirklich selten vorkommt.
" Morgen um diese Zeit werde ich das Auto repariert haben!"
Und warum sollten wir diese Zeitform negieren, nur weil sie selten ist?

Franziska

Hallo Franziska,
dann müsstest du "ich möchte das morgen erledigt haben" auch als
Tempus auffassen. Dieser Tempus hat aber keinen Namen.
Das war mein Einwand. Die Benennung schafft nur Ungereimtheiten.
Das ist so ähnlich wie mit der Begrifflichkeit
"adverbial", wo jeder was anderes drunter versteht.

Gruß
Karsten Fink

Hallo Karsten,

na ja, gerade in diesem Beispiel ist es doch aber eine Handlung in der Gegenwart - ich möchte (jetzt möchte ich das), dass das morgen erledigt ist. Oder wird.
Aber mit einem hast du auf jeden Fall Recht: Benennung kann auch Verwirrung schaffen, und das Schubladendenken kann tödlich sein. Für Lerner aber ist vielleicht gerade der Begriff des Futur noch ganz hilfreich, weil viele das aus ihrer Sprache kennen und bei uns danach suchen.
Die Nuancen (Präsens für die Zukunft) kommen dann automatisch.

"Adverbial" finde ich übrigens auch ganz schrecklich ...

Grüße!

Franziska

Vielen Dank für alle Antworten!

Liebe Grüße!

Maja