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ihrer beider
geschrieben von: TP ()
Datum: 05. Juli 2002 13:28

Hallo,
Ich habe das Buch "Olympisches Feuer" von Lisa Marklund gerade gelesen. In diesem Buch steht folgender Satz: "Die Geliebte hat über ihrer beider letzten Stunden gesprochen" was bedeutet Die Geliebte hat über die letzten Stunden mit einer anderen Frau gesprochen.
Meine Frage ist wie man grammatisch erklärt den Ausdruck "ihrer beider"?
Vielen Dank im voraus.
Viele Grüße
Tommy

Re: ihrer beider
geschrieben von: Matthias Jung ()
Datum: 04. August 2002 17:23

Hallo Tommy,

sehr tückisch, auch sehr literarischer Stil. Man würde diese Konstruktion normalerweise vermeiden. Es ist natürlich ein Genitiv - vgl. "über ihrer Freunde letzten Stunden". Der Genitiv kann im literarischen Deutsch auch vorangestellt werden wie hier statt "über die letzten Stunden ihrer Freunde" oder "über die letzten Stunden beider". Komisch ist hier aber, dass das "ihre" sich eigentlich auf "Stunden" beziehen müsste und nicht auf "beide". Das ist aber mit Voranstellung nicht hinzubekommen außer in der erwähnten Konstruktion. Moderner und in der Bedeutung wohl identisch wäre "die letzten Stunden beider". Allerdings fehlt mir der Kontext, um das genauer zu überprüfen. Es ist sogar noch komplizierter und man könnte lange über dieses Beispiel diskutieren.

Ich hoffe, das hilft aber auch auf dieser Erklärungsstufe schon mal weiter.

Matthias Jung
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Re: ihrer beider
geschrieben von: TP ()
Datum: 05. August 2002 19:30

Hallo,
Vielen Dank für Deine Bemühungen zu erklären. Ich sehe ein dass es handelt sich um eine ganz ungewöhnliche Konstruktion.
Viele Grüße
Tommy

Re: ihrer beider
geschrieben von: Patrick Karez ()
Datum: 01. Juli 2016 00:05

Es müsste korrekt "über ihrer beider letzte Stunden" heißen. Nicht: "letzten"!

Re: ihrer beider
geschrieben von: Milorad Gavrilovic ()
Datum: 01. Juli 2016 06:24

TP schrieb:
-------------------------------------------------------
> Hallo,
> Ich habe das Buch "Olympisches Feuer" von Lisa
> Marklund gerade gelesen. In diesem Buch steht
> folgender Satz: "Die Geliebte hat über ihrer
> beider letzten Stunden gesprochen" was bedeutet
> Die Geliebte hat über die letzten Stunden mit
> einer anderen Frau gesprochen.
> Meine Frage ist wie man grammatisch erklärt den
> Ausdruck "ihrer beider"?

> Vielen Dank im voraus.
> Viele Grüße
> Tommy

Nach sie, unser, ihrer, uns und euch gilt nur die starke Deklination. Ebenso nach alle.

Ich bin mit allem beidem zufrieden.

Mit allem beidem kam er gut zurecht.



3-mal bearbeitet. Zuletzt am 04.07.16 13:13.

Re: ihrer beider
geschrieben von: Redeker, Bangkok ()
Datum: 01. Juli 2016 06:24

Guten Morgen Patrick Karez,

ja, das ist kompliziert. Das Stichwort in der Grammatik heißt "Gemischte Flexion".

Das Pronomen "beide" wird hier stark flektiert, im Genitiv also "ihrer beider letzte Stunden".


Man könnte darüber nachdenken, ob "beide" hier nicht schwach gebeugt werden könnte: "ihrer beiden letzte Stunden".

Die Präposition "über" verlangt hier einen Akkusativ, das Adjektiv "letzte" wird aber hier wie nach einem Possessivpronomen gemischt gebeugt, d.h. im Akkusativ Plural ist meines Erachtens "über ihrer beider letzten Stunden" richtig.

(Das sieht aber sehr aufgemischt aus.)



Mit freundlichen Grüßen

Michael Redeker



3-mal bearbeitet. Zuletzt am 01.07.16 06:43.

Re: ihrer beider
geschrieben von: Patrick Karez ()
Datum: 01. Juli 2016 09:58

In der klassischen Literatur habe ich bislang ausschließlich die starke Flektion vorgefunden, was diese Konstruktion anbelangt.
"Sie sprachen über ihrer beider große Pläne" klingt auch wesentlich schöner als: "Sie sprachen über ihrer beider großen Pläne".
Und "ihrer beiden" schlägt der Duden für diesen Fall nicht vor, sondern ausschließlich "ihrer beider".

Re: ihrer beider
geschrieben von: Patrick Karez ()
Datum: 01. Juli 2016 10:21

Sorry: "Flexion"!

Hier ein Beispiel:

"Nun ist es ja schon an sich nicht unwahrscheinlich, daß sich
an die Erzählung des Wettkampfs zwischen Homer und Hesiod
ein wenigstens kurzer Bericht über ihrer beider weitere Schicksale
anschloß."

Quelle: [www.rhm.uni-koeln.de]

Re: ihrer beider
geschrieben von: Redeker, Bangkok ()
Datum: 01. Juli 2016 10:47

Guten Tag Patrick Karez,


zu unser aller Spaß und Vergnügen hier noch ein ergänzender Beitrag von Dr. Bopp.


Mit freundlichen Grüßen

Michael Redeker

Re: ihrer beider
geschrieben von: Patrick Karez ()
Datum: 01. Juli 2016 11:31

Dieser Herr Dr. Bopp hat vollkommen Recht, allerdings behandelt er hier nicht das vertrackte Problem eines hinzugefügten Adjektivs!

Man versuche folgenden Satz (immerhin auf der Seite der Universität Köln zu finden!) mit Akkusativ-Deklination zu bilden, so wie bei Lisa Marklund:

Original:
"Nun ist es ja schon an sich nicht unwahrscheinlich, daß sich
an die Erzählung des Wettkampfs zwischen Homer und Hesiod
ein wenigstens kurzer Bericht über ihrer beider weitere Schicksale
anschloß."

Quelle: [www.rhm.uni-koeln.de]

Folgerichtig würde er dann ja lauten:
"Nun ist es ja schon an sich nicht unwahrscheinlich, daß sich
an die Erzählung des Wettkampfs zwischen Homer und Hesiod
ein wenigstens kurzer Bericht über ihrer beider weitereN Schicksale
anschloß."

Da rollen sich einem doch die Zehennägel auf, oder empfinde nur ich das so?

Re: ihrer beider
geschrieben von: Patrick Karez ()
Datum: 01. Juli 2016 11:46

Die Frage lautet ja: "über WESSEN weiterE Schicksale" - und nicht: "über WESSEN weitereN Schicksale"!
Ich denke in der Tat, daß der Genitiv hier dominanter ist als die Akkusativ-Präposition und deshalb nach dem genitiv dekliniert werden muß.

Re: ihrer beider
geschrieben von: Redeker, Bangkok ()
Datum: 01. Juli 2016 13:56

Milorad Gavrilovic schrieb:
>
> Nach sie, unser, ihrer, uns und euch gilt nur die
> starke Deklination. Ebenso nach alle.
>
> Mit allem beidem kam er gut zurecht.


((Sollte es nicht "Mit allen beiden kam er gut zurecht." heißen?))


Mit freundlichen Grüßen

Michael Redeker

Re: ihrer beider
geschrieben von: Milorad Gavrilovic ()
Datum: 01. Juli 2016 15:07

Zitat

> Mit allem beidem kam er gut zurecht.

((Sollte es nicht "Mit allen beiden kam er gut zurecht." heißen?))


Mit freundlichen Grüßen

Michael Redeker

Wenn es um zwei Gegestände oder Abstrakta geht, benutze ich meist den Singular von "beides". Es wird, wie gesagt, stark dekliniert, auch in Verbindung mit "alles" und "dieses", zum Beispiel:

Auf dieses beides ist sie stolz. "Dieses" kann hier durch "dies" ersetzt werden.



4-mal bearbeitet. Zuletzt am 01.07.16 19:30.

Re: ihrer beider
geschrieben von: Redeker, Bangkok ()
Datum: 01. Juli 2016 15:29

Guten Tag Milorad,


ich finde für "mit allem beidem" keine Belege. Ist das der Dativ Singular von "alles beides"? Gibt es dafür einen Internetbeleg?


Mit freundlichen Grüßen

Michael Redeker

Re: mit allem beidem
geschrieben von: Milorad Gavrilovic ()
Datum: 01. Juli 2016 15:51

Zitat

Ich finde für "mit allem beidem" keine Belege. Ist das der Dativ Singular von "alles beides"? Gibt es dafür einen Internetbeleg?

Michael Redeker

Ja, das ist der Dativ von "alles beides". Es gibt dafür keinen Internetbeleg. Ich habe mein eigenes Beispiel angeführt. Die Deklination im Plural von "alle beide" ist möglich. Dafür hast du einen Internetbeleg (Duden): Man bedarf aller beider. „Alles“ kann im Singular dekliniert werden: Ich bin mit allem zufrieden. Auch: alles in allem, vor allem. "Beides" auch: Ich bin mit beidem zufrieden. Auf dieses beides ist sie stolz. Ich denke, dass die Deklination von “alles beides“ im Singular möglich ist. Ob der Dativ Singular von "alles beides" gebräuchlich ist, ist eine andere Frage. Ich wiederhole nochmals: Wenn es um zwei Gegestände oder Abstrakta geht, benutze ich meist den Singular von "beides". Es wird stark dekliniert, auch in Verbindung mit "alles" und "dieses".


Zitat

DUDEN

dies beides, dieses beides
beides; alles beides; alle beide
man bedarf aller beider

- alles, beides

Ich bin mit allem zufrieden.
Ich bin mit beidem zufrieden.

- alle beide
Duden: Man bedarf aller beider.
„aller beider“ (identische Endungen)

- Zurück zu „alles beides“

„mit allem beidem“ (identische Endungen)

Beispiele:

1. Nun hat die Frida auch das passende Oberteil. Alles beides aus einer alten Hose von mir.
2. Bei mir geht alles beides problemlos.

Der Satz „Ich bin mit allem beidem zufrieden.“ klingt ohne Zweifel komisch. Ich weiß, dass die Konstruktion „mit allem beidem“ nicht gebräuchlich ist. Es gibt dafür keinen Internetbeleg. Ich frage mich aber, ob diese Konstruktion trotzdem grammatikalisch korrekt ist. Wenn diese Konstruktion falsch ist, erwarte ich eine Erklärung. Ist das Hauptkriterium für die Richtigkeit einer Konstruktion nur ein Internetbeleg? Spielt die Logik auch eine wesentliche Rolle?



15-mal bearbeitet. Zuletzt am 05.07.16 11:33.

Re: mit allem beidem
geschrieben von: Milorad Gavrilovic ()
Datum: 06. Juli 2016 18:41

Beispiel: Ich bin mit allem beidem zufrieden.

Theoretisch ja, in der Praxis eher NEIN.

Re: mit allem beidem
geschrieben von: Redeker, Bangkok ()
Datum: 07. Juli 2016 06:11

Guten Morgen Milorad,

Sie haben mit allem beidem vollkommen recht.

Einen "Internetbeleg" konnte ich aufspüren:

Daniel Sanders,

Kurzgefasstes Wörterbuch der Hauptschwierigkeiten in der deutschen Sprache (5. Aufl., Berlin 1873.



Mit freundlichen Grüßen

Michael Redeker

Re: Hut ab!
geschrieben von: Milorad Gavrilovic ()
Datum: 07. Juli 2016 06:26

Danke für die Information. Hand aufs Herz, ich habe schon mehrmals gegoogelt, aber nie die Konstuktion „mit allem beidem“ gefunden. Hut ab!



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 07.07.16 06:31.

Re: ihren beider Schoß!
geschrieben von: Rainer Garden ()
Datum: 14. Oktober 2021 19:18

1. Deine Eltern hatten einen Wunsch
und Ihre Sehnsucht war sehr groß
Sie wünschten sich ein süßes Baby
in Ihren beider Schoß...


Darf ich den letzten Satz so formulieren, oder nicht!?

Danke...Rainer Garden

Re: ihren beider Schoß!
geschrieben von: Gernot Back ()
Datum: 14. Oktober 2021 20:31

Rainer Garden schrieb:
-------------------------------------------------------
> Sie wünschten sich ein süßes Baby
> in Ihren beider Schoß...

> Darf ich den letzten Satz so formulieren, oder
> nicht!?

Nein, das ergibt keinen Sinn. Jeder Mensch hat nur einen Schoß, zwei Menschen haben keinen gemeinsamen. Die Absonderung aus dem Schoß des einen in den Schoß der anderen könnte allerdings dazu beitragen, dass es dort fruchtet, im Sinne der Frucht ihres Leibes, Baby! Warum muss ausgerechnet ich als Schwuler dir das erklären; das ist ja fast peinlich!

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