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Trennbare Verben
geschrieben von:
Felipe Zava Tavares
()
Datum: 06. Juli 2007 03:59
Meine Frage ist blöd aber ich muss euch sie stellen: Wenn ihr einen Satz hört, der ein trennbares Verb hat, dessen Präfix ganz ans Satzende kommt und angenommen, dass es viele Angaben in Mitte des Satzes gibt, was macht ihr?
Findet ihr erst raus, welches Verb es ist, wenn ihr das Präfix hört oder habt ihr eine Ahnung vom Verb, sobald ihr das Verb ohne Präfix hört?
Mir ist es sehr schwierig, deshalb möchte ich von euch wissen und, wenn möglich, dass ihr mir was empfehlt.
Grüße, Felipe.
Findet ihr erst raus, welches Verb es ist, wenn ihr das Präfix hört oder habt ihr eine Ahnung vom Verb, sobald ihr das Verb ohne Präfix hört?
Mir ist es sehr schwierig, deshalb möchte ich von euch wissen und, wenn möglich, dass ihr mir was empfehlt.
Grüße, Felipe.
Re: Trennbare Verben
geschrieben von:
Redeker, Bangkok
()
Datum: 06. Juli 2007 09:42
Guten Morgen Felipe,
haben Sie einmal Mark Twains, Die schreckliche deutsche Sprache gelesen?
Die Deutschen haben noch eine Art von Parenthese, die sie bilden, indem sie ein Verb in zwei Teile spalten und die eine Hälfte an den Anfang eines aufregenden Absatzes stellen und die andere Hälfte an das Ende. Kann sich jemand etwas Verwirrenderes vorstellen? Diese Dinger werden trennbare Verben genannt. Die deutsche Grammatik ist übersät von trennbaren Verben wie von den Blasen eines Ausschlags; und je weiter die zwei Teile auseinandergezogen sind, desto zufriedener ist der Urheber des Verbrechens mit seinem Werk. Ein beliebtes Verb ist reiste ab. Hier folgt ein Beispiel, das ich aus einem Roman ausgewählt und ins Englische übertragen habe:
'Da die Koffer nun bereit waren, REISTE er, nachdem er seine Mutter und Schwestern geküßt und noch einmal sein angebetetes Gretchen an den Busen gedrückt hatte, die, in schlichten weißen Musselin gekleidet, mit einer einzigen Teerose in den weiten Wellen ihres üppigen braunen Haares, kraftlos die Stufen herab gewankt war, noch bleich von der Angst und Aufregung des vergangenen Abends, aber voller Sehnsucht, ihren armen, schmerzenden Kopf noch einmal an die Brust dessen zu legen, den sie inniger liebte als ihr Leben, AB.'
Mit freundlichen Gruessen
Michael Redeker
haben Sie einmal Mark Twains, Die schreckliche deutsche Sprache gelesen?
Die Deutschen haben noch eine Art von Parenthese, die sie bilden, indem sie ein Verb in zwei Teile spalten und die eine Hälfte an den Anfang eines aufregenden Absatzes stellen und die andere Hälfte an das Ende. Kann sich jemand etwas Verwirrenderes vorstellen? Diese Dinger werden trennbare Verben genannt. Die deutsche Grammatik ist übersät von trennbaren Verben wie von den Blasen eines Ausschlags; und je weiter die zwei Teile auseinandergezogen sind, desto zufriedener ist der Urheber des Verbrechens mit seinem Werk. Ein beliebtes Verb ist reiste ab. Hier folgt ein Beispiel, das ich aus einem Roman ausgewählt und ins Englische übertragen habe:
'Da die Koffer nun bereit waren, REISTE er, nachdem er seine Mutter und Schwestern geküßt und noch einmal sein angebetetes Gretchen an den Busen gedrückt hatte, die, in schlichten weißen Musselin gekleidet, mit einer einzigen Teerose in den weiten Wellen ihres üppigen braunen Haares, kraftlos die Stufen herab gewankt war, noch bleich von der Angst und Aufregung des vergangenen Abends, aber voller Sehnsucht, ihren armen, schmerzenden Kopf noch einmal an die Brust dessen zu legen, den sie inniger liebte als ihr Leben, AB.'
Mit freundlichen Gruessen
Michael Redeker
Postmodifikation
geschrieben von:
Tomas
()
Datum: 06. Juli 2007 18:00
Postmodifikation
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.02.08 20:52.
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.02.08 20:52.
Re: Trennbare Verben
geschrieben von:
Kostas
()
Datum: 06. Juli 2007 18:59
Hallo Felipe!
Herr Dr. Redeker hat es mit seinem Verweis auf Mark Twain genau auf
den Punkt gebracht. Allerdings - wenn ich das hinzufügen darf -
wäre so ein Satzungetüm im heutigen Sprachgebrauch kaum zu finden.
Nicht einmal in der Schriftsprache, wage ich zu behaupten.
Wie dem auch sei, ist es in Wirklichkeit halb so schlimm, wie man
bei dem berühmt-berüchtigten Satzgefüge weiter oben meinen möchte.
Manchmal muss man tatsächlich doch eine halbe Ewigkeit warten, bis
der ans Satzende verbannte Verbzusatz endlich auftaucht. Dieses
Problem gibt es jedoch nicht nur bei trennbaren Verben, die in einem
Hauptsatz vorkommen, sondern auch bei allen anderen, sofern sie in
einem Nebesatz stehen:
z. B. ..., weil die Zahl der Cannabiskonsumenten in den meisten
EU-Ländern seit der Verabschiedung dieses Gesetzes
kontinuierlich ... - Was kommt nun: sinkt oder steigt?
Bei dieser Formulierung ist ja beides denkbar. Würden wir aber
die Temporalangabe "seit der Verabschiedung dieses Gesetzes"
gegen die Konzessivangabe "t r o t z der Verabschiedung dieses
s t r e n g e n Gesetzes" austauschen, so gäbe es keinen Zweifel
mehr: Der Hörer würde sich darauf einstellen, dass früher oder
später ein Verb kommt, das einen Anstieg signalisiert. Handelte
es sich dabei um einen Hauptsatz mit "denn", an dessen zweiter
Stelle das Verb "nimmt" stünde, wüsste man sogar, dass über kurz
oder lang der Verbzusatz "zu" kommen würde!
Allgmein gesehen lässt sich also sagen, dass der Kontext in den
meisten Fällen den Weg zur Sinnerfassung ebnet.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 06.07.07 19:55.
Herr Dr. Redeker hat es mit seinem Verweis auf Mark Twain genau auf
den Punkt gebracht. Allerdings - wenn ich das hinzufügen darf -
wäre so ein Satzungetüm im heutigen Sprachgebrauch kaum zu finden.
Nicht einmal in der Schriftsprache, wage ich zu behaupten.
Wie dem auch sei, ist es in Wirklichkeit halb so schlimm, wie man
bei dem berühmt-berüchtigten Satzgefüge weiter oben meinen möchte.
Manchmal muss man tatsächlich doch eine halbe Ewigkeit warten, bis
der ans Satzende verbannte Verbzusatz endlich auftaucht. Dieses
Problem gibt es jedoch nicht nur bei trennbaren Verben, die in einem
Hauptsatz vorkommen, sondern auch bei allen anderen, sofern sie in
einem Nebesatz stehen:
z. B. ..., weil die Zahl der Cannabiskonsumenten in den meisten
EU-Ländern seit der Verabschiedung dieses Gesetzes
kontinuierlich ... - Was kommt nun: sinkt oder steigt?
Bei dieser Formulierung ist ja beides denkbar. Würden wir aber
die Temporalangabe "seit der Verabschiedung dieses Gesetzes"
gegen die Konzessivangabe "t r o t z der Verabschiedung dieses
s t r e n g e n Gesetzes" austauschen, so gäbe es keinen Zweifel
mehr: Der Hörer würde sich darauf einstellen, dass früher oder
später ein Verb kommt, das einen Anstieg signalisiert. Handelte
es sich dabei um einen Hauptsatz mit "denn", an dessen zweiter
Stelle das Verb "nimmt" stünde, wüsste man sogar, dass über kurz
oder lang der Verbzusatz "zu" kommen würde!
Allgmein gesehen lässt sich also sagen, dass der Kontext in den
meisten Fällen den Weg zur Sinnerfassung ebnet.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 06.07.07 19:55.
Postmodifikation
geschrieben von:
Tomas
()
Datum: 06. Juli 2007 20:27
Postmodifikation
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.02.08 20:53.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.02.08 20:53.
Re: Trennbare Verben
geschrieben von:
Kostas
()
Datum: 07. Juli 2007 01:10
Hallo Tomas!
Ich darf dich doch duzen, oder? Übrigens: Kostas, die Kurzform von
"Konstantinos", ist eigentlich mein Vorname, da kannst du also auf
die Anrede mit Herr - die mir hier im Forum sowieso nicht spontan
über die Lippen kommt! - verzichten! Sag doch einfach "Kostas"
zu mir, das ist völlig o.k.!
Apropos verzichten, hast du denn nicht gleich nach der Präposition
"auf" erraten, welches Verb am Satzende kommen würde? (Beabsichtigt
war die Satzstellung jedenfalls nicht!) ;-)
Was deine Anmerkung betrifft, dass sich Filipes Frage auf das Hören
bezog, bin ich übrigens nicht ganz sicher, was du damit meinst.
Vielleicht entgeht mir da ein wichtiges Detail, aber ich glaube,
dass gerade dieser Aspekt in meiner Antwort durchaus berücksichtigt
wurde. Über einen Kontext verfügen nämlich nicht nur schriftliche,
sondern auch mündliche Äußerungen, wobei letztere mit Hilfe von
visuellen Elementen (Gestik, Mimik) ergänzt bzw. ersetzt werden
können. Darüber hinaus sprach ich in Bezug auf den Beispielsatz mit
den Cannabiskonsumenten eindeutig vom H ö r e r (, der sich darauf
einstellen würde, "dass früher oder später ein Verb kommt, das einen
Anstieg signalisiert").
Um es kurz zu machen: Filipe wollte wissen, ob die Deutschen denn
immer warten müssen, bis der lang ersehnte Verbzusatz am Satzende
irgenwann mal auftaucht oder ob das Grundverb eigentlich auch genug
ist. Darauf habe ich dann geantwortet: Nein, natürlich müssen sie
nicht immer auf den Verbzusatz am Satzende warten - und ja, meistens
ist das Grundverb aufschlussreich genug.
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 07.07.07 01:11.
Ich darf dich doch duzen, oder? Übrigens: Kostas, die Kurzform von
"Konstantinos", ist eigentlich mein Vorname, da kannst du also auf
die Anrede mit Herr - die mir hier im Forum sowieso nicht spontan
über die Lippen kommt! - verzichten! Sag doch einfach "Kostas"
zu mir, das ist völlig o.k.!
Apropos verzichten, hast du denn nicht gleich nach der Präposition
"auf" erraten, welches Verb am Satzende kommen würde? (Beabsichtigt
war die Satzstellung jedenfalls nicht!) ;-)
Was deine Anmerkung betrifft, dass sich Filipes Frage auf das Hören
bezog, bin ich übrigens nicht ganz sicher, was du damit meinst.
Vielleicht entgeht mir da ein wichtiges Detail, aber ich glaube,
dass gerade dieser Aspekt in meiner Antwort durchaus berücksichtigt
wurde. Über einen Kontext verfügen nämlich nicht nur schriftliche,
sondern auch mündliche Äußerungen, wobei letztere mit Hilfe von
visuellen Elementen (Gestik, Mimik) ergänzt bzw. ersetzt werden
können. Darüber hinaus sprach ich in Bezug auf den Beispielsatz mit
den Cannabiskonsumenten eindeutig vom H ö r e r (, der sich darauf
einstellen würde, "dass früher oder später ein Verb kommt, das einen
Anstieg signalisiert").
Um es kurz zu machen: Filipe wollte wissen, ob die Deutschen denn
immer warten müssen, bis der lang ersehnte Verbzusatz am Satzende
irgenwann mal auftaucht oder ob das Grundverb eigentlich auch genug
ist. Darauf habe ich dann geantwortet: Nein, natürlich müssen sie
nicht immer auf den Verbzusatz am Satzende warten - und ja, meistens
ist das Grundverb aufschlussreich genug.
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 07.07.07 01:11.
Postmodifikation
geschrieben von:
Tomas
()
Datum: 07. Juli 2007 01:36
Postmodifikation
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.02.08 20:54.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.02.08 20:54.
Re: Trennbare Verben
geschrieben von:
Felipe Zava Tavares
()
Datum: 07. Juli 2007 03:50
Ich habe ja schon bemerkt, dass es einige trennbare(n?) Verben gibt, deren Verständnis nicht aufs Präfix ankommt, aber es ist ja eigentlich doch nur eine kleine Prozentzahl der Fälle,oder?
Nehmen wir z.B. "ansehen": Wenn dieses Verb mit der Präposition "als" verwendet wird, dann weiß man schon, dass es um den Ausdruck °etw. als etw. ansehen° handelt. Und wie sieht's aus, wenn man z.B. das Verb "vorschlagen" vor sich hat, dessen Grundverb durchs Präfix total verändert wird?
(Klar, dass man es mit Hilfe des Kontexts herausbekommen kann, aber und wenn man es zum ersten Mal bei einem Gespräch hört?)
Nehmen wir z.B. "ansehen": Wenn dieses Verb mit der Präposition "als" verwendet wird, dann weiß man schon, dass es um den Ausdruck °etw. als etw. ansehen° handelt. Und wie sieht's aus, wenn man z.B. das Verb "vorschlagen" vor sich hat, dessen Grundverb durchs Präfix total verändert wird?
(Klar, dass man es mit Hilfe des Kontexts herausbekommen kann, aber und wenn man es zum ersten Mal bei einem Gespräch hört?)
Postmodifikation
geschrieben von:
Tomas
()
Datum: 07. Juli 2007 04:16
Postmodifikation
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.02.08 20:55.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.02.08 20:55.
Re: Trennbare Verben
geschrieben von:
Felipe Zava Tavares
()
Datum: 07. Juli 2007 04:20
Lieber Tomas,
Ich hatte gar keine Ahnung, dass meine Frage so interessant für jemanden sein könnte. Gut, dass ihr alle so viele Beiträge verfasst habt! Ich habe nicht drauf gewartet und bin damit zufrieden.
P.S: Mein Name wird mit "e" geschrieben (wenn du dich auf meinen Name bezogst), weil ich aus Brasilien komme.
Also, Grüße aus Brasilien,
Felipe.
Ich hatte gar keine Ahnung, dass meine Frage so interessant für jemanden sein könnte. Gut, dass ihr alle so viele Beiträge verfasst habt! Ich habe nicht drauf gewartet und bin damit zufrieden.
P.S: Mein Name wird mit "e" geschrieben (wenn du dich auf meinen Name bezogst), weil ich aus Brasilien komme.
Also, Grüße aus Brasilien,
Felipe.
Re: Trennbare Verben
geschrieben von:
Kostas
()
Datum: 07. Juli 2007 16:33
Hallo Felipe,
und Entschuldigung, dass ich deinen Vornamen entstellt habe! Ich wusste
ja, dass da kein "i" drin ist, habe mich trotzdem zweimal vertippt!
Ansonsten stehe ich der Ansicht, die du und Tomas vertretet, immer
noch mit äußerster Skepsis gegenüber. Ich will noch einmal versuchen,
meine Bedenken anhand verschiedener Beispiele zu begründen:
Tomas schrieb, man sehe dem Grundverb nicht sein Präfix an, und nannte
dazu folgende Beispiele:
(1) Ich mache die Tür ganz langsam, leise, behutsam, sorgfältig und
vorsichtig.....AUF!
(2) Ich mache die Tür ganz langsam, leise, behutsam, sorgfältig und
vorsichtig.....ZU!
Das Verb "machen", resümierte er, sei also ein Grundverb, dem die
Präpositionen "AUF" oder "ZU" keineswegs schicksalshaft eingeschrieben
sind - womit er auch ganz Recht hat. Mit dem Unterschied, dass die
beiden Beispielsätze aus ihrem Kontext herausgerissen untersucht
wurden. Ich kann mir aber kaum eine Situation vorstellen, in der diese
Sätze ohne jegliche situative Einbettung wie aus dem Nichts auftauchen
würden! Das ist schon sehr wichtig und darf nicht übersehen werden.
Und jetzt einmal ganz konkret: In einer realen Situation könnte man
ja sehen, in welchem Zustand sich die Tür unseres Beispiels befinden
würde. Wäre sie schon zu, dann würde ja kaum ein Mensch erwarten, dass
sie noch einmal zugemacht würde! Und umgekehrt, wenn sie noch offen
stünde, dann wüsste ja jeder, dass am Satzende gleich der Verbzusatz
"auf" kommen würde! Wahrscheinlich würden der strittige Satz und die
Ausführung der Handlung sogar zeitlich zusammenfallen, dann wäre ja
glasklar, worum es ginge! Ähnliches gilt für Felipes Beispiel mit dem
Verb "vorschlagen"- in einen realen Kontext eingebettet würde es einem
kompetenten Sprecher keine Schwierigkeiten bereiten. Denn Vorschläge
werden ja nicht einfach so dahingemacht, ohne plausiblen Grund, ohne
jeglichen Anlass, quasi ex nihili, sondern ihnen geht ja immer eine
Problemsituation voraus. Wenn es also darum geht, etwas zu besprechen
und Lösungen zu finden - etwa auf einer Sitzung oder einfach in der
Clique -, dann ist man eben darauf gefasst, dass auch Vorschläge
gemacht werden. Wenn es also im Tagesschau gerade um das Problem der
ewigen Studenten geht und man den Satz hört "Die Komission s c h l u g
als Instrument der Finazierung die Einführung von Studiengebühren in
Verbindung mit einer Einkommenssteuer ...", wie kann man nur etwas
anderes erwarten, als den Verbzusatz "vor" zu hören?
Worauf ich hinaus will: In realen Kommunikationssituationen gibt es
kein kontextunabhängiges "erstes" Mal! Sogar ein Blick kann Kontext
genug sein! Problematisch werden soche Verben also erst, wenn man sie
aus ihrer situativen Einbettung herausreißt und den Hörer bzw. Leser
seines Antizipationsvermögens entkleidet. Dass es nur wenige trennbare
Verben gibt, deren Verständnis in einer realen Kommunikationssituation
nicht vom jeweiligen Verbzusatz abhängt, möchte ich übrigens stark
bezweifeln. Ich würde vielmehr von der großen Mehrheit sprechen.
Gern erwarte ich auch die Meinung anderer Kollegen.
4-mal bearbeitet. Zuletzt am 16.09.09 09:52.
und Entschuldigung, dass ich deinen Vornamen entstellt habe! Ich wusste
ja, dass da kein "i" drin ist, habe mich trotzdem zweimal vertippt!
Ansonsten stehe ich der Ansicht, die du und Tomas vertretet, immer
noch mit äußerster Skepsis gegenüber. Ich will noch einmal versuchen,
meine Bedenken anhand verschiedener Beispiele zu begründen:
Tomas schrieb, man sehe dem Grundverb nicht sein Präfix an, und nannte
dazu folgende Beispiele:
(1) Ich mache die Tür ganz langsam, leise, behutsam, sorgfältig und
vorsichtig.....AUF!
(2) Ich mache die Tür ganz langsam, leise, behutsam, sorgfältig und
vorsichtig.....ZU!
Das Verb "machen", resümierte er, sei also ein Grundverb, dem die
Präpositionen "AUF" oder "ZU" keineswegs schicksalshaft eingeschrieben
sind - womit er auch ganz Recht hat. Mit dem Unterschied, dass die
beiden Beispielsätze aus ihrem Kontext herausgerissen untersucht
wurden. Ich kann mir aber kaum eine Situation vorstellen, in der diese
Sätze ohne jegliche situative Einbettung wie aus dem Nichts auftauchen
würden! Das ist schon sehr wichtig und darf nicht übersehen werden.
Und jetzt einmal ganz konkret: In einer realen Situation könnte man
ja sehen, in welchem Zustand sich die Tür unseres Beispiels befinden
würde. Wäre sie schon zu, dann würde ja kaum ein Mensch erwarten, dass
sie noch einmal zugemacht würde! Und umgekehrt, wenn sie noch offen
stünde, dann wüsste ja jeder, dass am Satzende gleich der Verbzusatz
"auf" kommen würde! Wahrscheinlich würden der strittige Satz und die
Ausführung der Handlung sogar zeitlich zusammenfallen, dann wäre ja
glasklar, worum es ginge! Ähnliches gilt für Felipes Beispiel mit dem
Verb "vorschlagen"- in einen realen Kontext eingebettet würde es einem
kompetenten Sprecher keine Schwierigkeiten bereiten. Denn Vorschläge
werden ja nicht einfach so dahingemacht, ohne plausiblen Grund, ohne
jeglichen Anlass, quasi ex nihili, sondern ihnen geht ja immer eine
Problemsituation voraus. Wenn es also darum geht, etwas zu besprechen
und Lösungen zu finden - etwa auf einer Sitzung oder einfach in der
Clique -, dann ist man eben darauf gefasst, dass auch Vorschläge
gemacht werden. Wenn es also im Tagesschau gerade um das Problem der
ewigen Studenten geht und man den Satz hört "Die Komission s c h l u g
als Instrument der Finazierung die Einführung von Studiengebühren in
Verbindung mit einer Einkommenssteuer ...", wie kann man nur etwas
anderes erwarten, als den Verbzusatz "vor" zu hören?
Worauf ich hinaus will: In realen Kommunikationssituationen gibt es
kein kontextunabhängiges "erstes" Mal! Sogar ein Blick kann Kontext
genug sein! Problematisch werden soche Verben also erst, wenn man sie
aus ihrer situativen Einbettung herausreißt und den Hörer bzw. Leser
seines Antizipationsvermögens entkleidet. Dass es nur wenige trennbare
Verben gibt, deren Verständnis in einer realen Kommunikationssituation
nicht vom jeweiligen Verbzusatz abhängt, möchte ich übrigens stark
bezweifeln. Ich würde vielmehr von der großen Mehrheit sprechen.
Gern erwarte ich auch die Meinung anderer Kollegen.
4-mal bearbeitet. Zuletzt am 16.09.09 09:52.
Re: Trennbare Verben
geschrieben von:
Franziska
()
Datum: 07. Juli 2007 17:49
(Nur ganz nebenbei, Tomas: philosophisch schreiben wir immer noch mit "ph", alles und vieles klein.)
Ansonsten bin ich ganz Kostas' Meinung: Im Alltag gibt es eigentlich nie eine Situation, in der wir verzweifelt auf das Präfix des Verbs warten, um endlich zu erfahren, worum es geht. Der Kontext hilft doch immer!
Ansonsten bin ich ganz Kostas' Meinung: Im Alltag gibt es eigentlich nie eine Situation, in der wir verzweifelt auf das Präfix des Verbs warten, um endlich zu erfahren, worum es geht. Der Kontext hilft doch immer!
Postmodifikation
geschrieben von:
Tomas
()
Datum: 07. Juli 2007 18:32
Postmodifikation
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.02.08 20:59.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.02.08 20:59.
Postmodifikation
geschrieben von:
Tomas
()
Datum: 07. Juli 2007 18:49
Postmodifikation
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.02.08 20:57.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.02.08 20:57.
Re: Trennbare Verben
geschrieben von:
Anna2
()
Datum: 07. Juli 2007 20:16
Hallo Tomas,
obwohl ich dir sonst grundsätzlich deine Ausführungen betreffend Recht geben würde, muss ich beim folgenden Satz doch deutlich wiedersprechen:
Das reine Eintauchen in eine Kontext-Welt, in der die "experience", der Austausch von Blicken etc. schon das Wesentliche mitteilt, wäre der partielle Rückschritt von der Moderne in die Welt der Jäger- und Sammlerkulturen.
Es geht es nicht ums Eintauchen, sondern um die Tatsache, dass ein Großteil (ich glaube mal irgendwo etwas von um die 80% gelesen zu haben) unserer Kommunikation non-verbal abläuft. Aus diesem Grund ist es für einen Sprachenlerner z.B. auch immer besonders schwierig Telefonate in der Fremdsprache zu führen, und das auch dann noch, wenn er in der Sprache schon ziemlich fortgeschritten ist. Auch andere (verbale) Dinge wie z.B. der Tonfall (daran kann man vielleicht schon früh im Satz erkennen, ob der Haschischkonsum ab- oder zugenommen hat bevor man die entsprechende Präposition hört) spielen eine wichtige Rolle. Einen Rückschritt stellt dies alles nicht dar, es war ganz einfach immer vorhanden und spielt in der Fremdsprachendidaktik eine extrem wichtige Rolle.
obwohl ich dir sonst grundsätzlich deine Ausführungen betreffend Recht geben würde, muss ich beim folgenden Satz doch deutlich wiedersprechen:
Das reine Eintauchen in eine Kontext-Welt, in der die "experience", der Austausch von Blicken etc. schon das Wesentliche mitteilt, wäre der partielle Rückschritt von der Moderne in die Welt der Jäger- und Sammlerkulturen.
Es geht es nicht ums Eintauchen, sondern um die Tatsache, dass ein Großteil (ich glaube mal irgendwo etwas von um die 80% gelesen zu haben) unserer Kommunikation non-verbal abläuft. Aus diesem Grund ist es für einen Sprachenlerner z.B. auch immer besonders schwierig Telefonate in der Fremdsprache zu führen, und das auch dann noch, wenn er in der Sprache schon ziemlich fortgeschritten ist. Auch andere (verbale) Dinge wie z.B. der Tonfall (daran kann man vielleicht schon früh im Satz erkennen, ob der Haschischkonsum ab- oder zugenommen hat bevor man die entsprechende Präposition hört) spielen eine wichtige Rolle. Einen Rückschritt stellt dies alles nicht dar, es war ganz einfach immer vorhanden und spielt in der Fremdsprachendidaktik eine extrem wichtige Rolle.
Postmodifikation
geschrieben von:
Tomas
()
Datum: 07. Juli 2007 21:11
Postmodifikation
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.02.08 20:58.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 13.02.08 20:58.
Re: Trennbare Verben
geschrieben von:
Kostas
()
Datum: 08. Juli 2007 10:12
Tja, es sieht so aus, als hätte Felipe mit seiner an sich völlig
harmlosen Frage eine ganz schöne Lawine losgetreten! Aber ebendarum
ist es ja auch so interessant, sich hier im Forum auszutauschen,
oder?
Ansonsten möchte ich noch Folgendes anmerken:
Die Frage, ob Franziska (oder jeder beliebige Muttersprachler)
die Mechanismen der Antizipation und des Verstehens nur subjektiv
beurteilen könne oder eben über einen anderen kognitiven Prozess
wahrnimmt, ist hier eigentlich irrelevant. Felipe wollte doch
nämlich wissen, wie die D e u t s c h e n das Problem sehen:
"Findet ihr erst raus, welches Verb es ist, wenn ihr das Präfix hört
oder habt ihr eine Ahnung vom Verb, sobald ihr das Verb ohne Präfix
hört?"
Auf diese Frage gab Franziska eine deutliche, nicht misszuverstehende
Antwort. Über das Wie und Warum brauchen wir uns nun nicht weiter den
Kopf zu zergrübeln.
Was den Gegenvorschlag von Tomas betrifft, im Beispielsatz mit der
Kommission den Verbzusatz "vor" gegen das Präverb "ab" auszutauschen,
kann ich nur sagen, dass auch hier der Kontext von entscheidender
Bedeutung wäre. Man muss doch eben zwischen den Zeilen lesen, oder
besser gesagt, zwischen den Wörtern hören!
Um es aber auf den Punkt zu bringen: Vorschlägen geht, wie ich
in meinem letzten Beitrag betonte, immer eine Problemsituation
voraus. In unserem Beispiel ging es ja um eine Nachrichtenmeldung
über das Problem der Langzeitstudenten. In einer realen Situation
würden aber auch gewisse Vorinformationen dazugehören, die den
Hörer an die Nachricht heranbringen sollten. Man würde ja nicht
gleich damit herausplatzen, oder? Den strittigen Satz würden wir
demnach kaum in dieser Form hören, sondern er wäre ja aller
Wahrscheinlichkeit nach in einen Kontext eingebettet, wodurch das
Verständnis erheblich erleichtert würde. Dieser Kontext könnte dann
in etwa so aussehen:
An Europas Hochshulen wird' s immer enger. Schuld an diesem Missstand
sind in erster Linie die sogenannten ewigen Studenten. Deshalb werden
immer mehr Stimmen laut, die fordern, dass Langzeitstudenten zur
Kasse gebeten werden. Es sei schließlich legitim, dass die Kosten
einer höheren Bildung auf den Nutznießer umgewälzt würden. (Und jetzt
kommt' s:) Die Kommission schlug als Instrument der Finanzierung die
Einführung von Studiengebühren in Verbindung mit einer Akademiker-
steuer ... - Was kommt nun? Ich sage "vor", Tomas schlägt auch das
Präverb "ab" - ja, richtig erraten! - vor. Nun, diese Möglichkeit
kann man gewiss nicht ausschließen, ich glaube allerdings, dass in
diesem Fall eine Konjunktion oder ein Konjunktionaladverb dafür
sorgen würde, dass unsere Antizipationsmechanismen in Gang gesetzt
würden. Gäbe es also ein "jedoch" oder ein "allerdings" im strittigen
Satz, wäre der Hörer ja darauf gefasst, dass die Einführung der
Akademikersteuer in Wirklichkeit nicht vor-, sondern abgeschlagen
worden wäre. Übrigens würde man da meiner Meinung nach eher
"abgelehnt" sagen, dann wäre ja alles glasklar.
So, jetzt mache ich aber endlich Schluss und rufe gleich meine
Nachbarn, die nach der Party gestern Abend bestimmt völlig
durchhängen und aller Wahrscheinlichkeit nach sogar noch im Bett
liegen, ... - was kommt nun? Ich freue mich schon auf eure
Lösungsvorschläge. Ich persönlich habe da zwei im Kopf!
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 08.07.07 10:14.
harmlosen Frage eine ganz schöne Lawine losgetreten! Aber ebendarum
ist es ja auch so interessant, sich hier im Forum auszutauschen,
oder?
Ansonsten möchte ich noch Folgendes anmerken:
Die Frage, ob Franziska (oder jeder beliebige Muttersprachler)
die Mechanismen der Antizipation und des Verstehens nur subjektiv
beurteilen könne oder eben über einen anderen kognitiven Prozess
wahrnimmt, ist hier eigentlich irrelevant. Felipe wollte doch
nämlich wissen, wie die D e u t s c h e n das Problem sehen:
"Findet ihr erst raus, welches Verb es ist, wenn ihr das Präfix hört
oder habt ihr eine Ahnung vom Verb, sobald ihr das Verb ohne Präfix
hört?"
Auf diese Frage gab Franziska eine deutliche, nicht misszuverstehende
Antwort. Über das Wie und Warum brauchen wir uns nun nicht weiter den
Kopf zu zergrübeln.
Was den Gegenvorschlag von Tomas betrifft, im Beispielsatz mit der
Kommission den Verbzusatz "vor" gegen das Präverb "ab" auszutauschen,
kann ich nur sagen, dass auch hier der Kontext von entscheidender
Bedeutung wäre. Man muss doch eben zwischen den Zeilen lesen, oder
besser gesagt, zwischen den Wörtern hören!
Um es aber auf den Punkt zu bringen: Vorschlägen geht, wie ich
in meinem letzten Beitrag betonte, immer eine Problemsituation
voraus. In unserem Beispiel ging es ja um eine Nachrichtenmeldung
über das Problem der Langzeitstudenten. In einer realen Situation
würden aber auch gewisse Vorinformationen dazugehören, die den
Hörer an die Nachricht heranbringen sollten. Man würde ja nicht
gleich damit herausplatzen, oder? Den strittigen Satz würden wir
demnach kaum in dieser Form hören, sondern er wäre ja aller
Wahrscheinlichkeit nach in einen Kontext eingebettet, wodurch das
Verständnis erheblich erleichtert würde. Dieser Kontext könnte dann
in etwa so aussehen:
An Europas Hochshulen wird' s immer enger. Schuld an diesem Missstand
sind in erster Linie die sogenannten ewigen Studenten. Deshalb werden
immer mehr Stimmen laut, die fordern, dass Langzeitstudenten zur
Kasse gebeten werden. Es sei schließlich legitim, dass die Kosten
einer höheren Bildung auf den Nutznießer umgewälzt würden. (Und jetzt
kommt' s:) Die Kommission schlug als Instrument der Finanzierung die
Einführung von Studiengebühren in Verbindung mit einer Akademiker-
steuer ... - Was kommt nun? Ich sage "vor", Tomas schlägt auch das
Präverb "ab" - ja, richtig erraten! - vor. Nun, diese Möglichkeit
kann man gewiss nicht ausschließen, ich glaube allerdings, dass in
diesem Fall eine Konjunktion oder ein Konjunktionaladverb dafür
sorgen würde, dass unsere Antizipationsmechanismen in Gang gesetzt
würden. Gäbe es also ein "jedoch" oder ein "allerdings" im strittigen
Satz, wäre der Hörer ja darauf gefasst, dass die Einführung der
Akademikersteuer in Wirklichkeit nicht vor-, sondern abgeschlagen
worden wäre. Übrigens würde man da meiner Meinung nach eher
"abgelehnt" sagen, dann wäre ja alles glasklar.
So, jetzt mache ich aber endlich Schluss und rufe gleich meine
Nachbarn, die nach der Party gestern Abend bestimmt völlig
durchhängen und aller Wahrscheinlichkeit nach sogar noch im Bett
liegen, ... - was kommt nun? Ich freue mich schon auf eure
Lösungsvorschläge. Ich persönlich habe da zwei im Kopf!
2-mal bearbeitet. Zuletzt am 08.07.07 10:14.
Re: Trennbare Verben
geschrieben von:
Stefan
()
Datum: 09. Juli 2007 13:42
Kurze Anmerkung: Die Fähigkeit des Menschen, eine (schriftliche oder mündliche) Äußerung auch vor der Aufnahme aller notwendigen Informationen zu verarbeiten, bezeichnet man übrigens als das Etcetera-Prinizip: offene Fragen werden zurückgestellt, weil sie im Verlauf der kommunikativen Handlung erfahrungsgemäß beantwortet werden. Das Etcetera-Prinizpi ist eine soziologische Theorie.
Postmodifikation
geschrieben von:
Tomas
()
Datum: 09. Juli 2007 18:38
Postmodifikation
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Re: Trennbare Verben
geschrieben von:
Franziska
()
Datum: 09. Juli 2007 20:59
... wie Soziologen festgestellt zu haben scheinen ...
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