Hallo,

Mir ist es machmal unklar, welche Zeitform die passende oder bessere ist, Präteritum oder Perfekt. Zum Beispiel ,,ich habe gestern ein Problem gehabt." Da bin ich unsicher, ob man in dem Satz oben Perfekt nutzen darf oder es besser wäre mit dem Präteritum wie ,,Ich hatte gestern ein Problem." Ich habe irgendwie den Eindruck, dass im Deutschen zwischen Perfekt und Präteritum nicht streng abgegrenzt wird. Aber ist es überhaupt so, dass dabei gar kein Unterschied zu beachten ist?
Vielen Dank! Schönes Wochenende noch! :)

LG
Guannan



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 09.05.15 12:46.

Guten Tag Guannan,

meines Erachtens bezeichnet das Präteritum ein abgeschlossenes, erledigtes, vergangenes Geschehen.

"Ich hatte gestern ein Problem." Das habe ich erledigt, ich habe es heute nicht mehr.

"Ich habe gestern ein Problem gehabt." Das reicht bis ins heute, vielleicht habe ich es noch, vielleicht habe ich es heute Morgen lösen können.


Schauen Sie sich bitte einmal die Darstellung der Zeiten an.


Mit freundlichen Grüßen

Michael Redeker

Hallo,

als ich vor Jahren einen Vortrag für einen Arzt aus dem Ungariscchen übersetzt habe, schlug ich ihm vor, ihn einem deutschen Arzt zu zeigen, damit er die Fehler korrigiert. Als er zurück kam, sagte er mir, dass ihm der Arzt in D. nur einige Perfekt Zeitformen ins Präteritum umformulierte. Damals war nämlich für die Schriftsprache (ein wissenschaftlicher Vortrag zählt dazu, für einen Brief an einen Freund gelten aber die Regeln der gesprochenen Sprache) der Gebrauch vom Präteritum erwünscht. Heute ist es nicht mehr so, habe ich gelesen. Heute wird immer mehr das Perfekt gebraucht, bzw. das Präsens wurde zu meistgebrauchten Zeitformen, womit fast alles ersetzt werden kann, in Begleitung von Zeitergänzung oder Kontext, aus dem die Zeit erschlossen werden kann. Präteritum wird aber dann bevorzugt, wenn ein Hilfswerb (sein, haben, werden und natürlich die Modalverben, und die Verben, die dem Gebrauch nach diesen nahe stehen) das einteilige Prädikat im Satz ist. Was ich beobachtet habe: die Deutschen halten sich an die Regeln nicht konsequent, weil man praktisch die beiden Zeitformen, Perfekt und Präteritum nach Beliebem gebrauchen darf. Wenn ein zusammengesetztes Prädikat, das z.B. aus vier Teilen besteht, viel zu kompliziert zu sein scheint, wird auch eher das Präteritum gebraucht. Z.B. statt "Die Seminararbeit hat schon vorige Woche abgegeben werden müssen" könnte man eher "musste abgegeben werden" gebrauchen.

Auch ich bin gespannt auf die Beiträge von deutschen Muttersprachlern.

Mit freundlichen Grüßen
Charlotte

Perfekt:

Gestern hat Thomas sehr viel Angst gehabt.
Rolf hat am Wochenende kein Glück gehabt.


Präteritum:

Gestern hatte Thomas sehr viel Angst.
Rolf hatte am Wochenende kein Glück.


Plusquamperfekt:

Gestern hatte Thomas sehr viel Angst gehabt.
Rolf hatte am Wochenende kein Glück gehabt.

Zitat
Charlotte
Was ich beobachtet habe: die Deutschen halten sich an die Regeln nicht konsequent, weil man praktisch die beiden Zeitformen, Perfekt und Präteritum nach Beliebem gebrauchen darf. Wenn ein zusammengesetztes Prädikat, das z.B. aus vier Teilen besteht, viel zu kompliziert zu sein scheint, wird auch eher das Präteritum gebraucht.

Die Beobachtung trifft meiner Meinung nach vollkommen zu. Allerdings fängt die Vereinfachung nicht erst bei 4 Verbteilen an, sondern schon bei 3 oder sogar bei 2.

Deswegen wird häufiger Ich musste einkaufen. gesagt und geschrieben.

Und deswegen wird auch häufiger Ich hatte Glück. gesagt und geschrieben.

Viele deutsche Muttersprachler haben auch Schwierigkeiten mit der Reihenfolge der Verbteile, zum Beispiel bei Modalverb und Perfekt.

Hallo,

in der gesprochenen Sprache nutzen wir meist das Perfekt.
Bei den Verben "sein" und "haben" sowie bei den Modalverben (können, dürfen, wollen, müssen) nutzen wir dagegen meist die Präteritumform für die Vergangenheit.
Im Grunde können aber beide Zeiten analog genutzt werden.

In der schriftlichen Form bei wissenschaftlichen Artikeln, Bücher und so weiter wird meist im Präteritum geschrieben.

WhatsApp, SMS, E-Mails unter Freunden werden häufig auch im Perfekt verfasst.

Gruß Steffi

Stefanie Wieland schrieb:
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> In der schriftlichen Form bei wissenschaftlichen
> Artikeln, Bücher und so weiter wird meist im
> Präteritum geschrieben.

Für ein Bewerbungsschreiben gilt das aber eher nicht. Da würde ich eher das Perfekt benutzen, wenn es sich nicht gerade um die von dir oben erwähnten Verben „haben“ oder „sein“ bzw. die Modalverben handelt. Manche vertreten sogar die Ansicht, dass auch bei Modalverben das Perfekt in Bewerbungen zu bevorzugen sei: [www.gutefrage.net]