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Frustriert nach Vorstellungsgespräch
geschrieben von: Heizi ()
Datum: 05. Dezember 2016 13:58

Letzte Woche hatte ich ein Vorstellungsgespräch bei einem Institut, das Weiterbildungsmaßnahmen und Integrationskurse durchführt. Dort lobte man in der Stellenanzeige, dass man die Dozenten bei leistungsgerechter Bezahlung fest anstellen würde. Nun bin ich aber nach meinem Vorstellungsgespräch total frustriert und rege mich immer mehr auf. Bei diesem Institut ist es üblich, dass die Dozenten eine 40-Stunden-Woche haben, in der sie dann 50 UE ableisten müssen. Somit kommen sie auf 37, 5 Zeitstunden, die verbleibenden 2,5 Stunden werden dann als Vorbereitungszeit betrachtet. Als ich meinte, dass eine Vollzeitstelle an einer staatlichen Schule bei weitem weniger Unterrichtsstunden bedeuten würden, lachte der Chef nur und meinte, man könne das ganze nicht mit einer staatlichen Stelle vergleichen, wo ganz andere finanzielle Möglichkeiten gegeben wären.
Die Bezahlung für die 40-Stunden- Woche liegt bei 2550 Euro brutto. Zudem hätte man 29 Urlaubstage. Da ich nach einer Teilzeitstelle suche, würde ich für 20 Zeitstunden Unterricht läppische 1125 Euro brutto bekommen.
Für mich klingt das alles nach reiner Ausbeute. Zumal ich mir kaum vorstellen kann, wie man täglich 2 Integrationskurse unterrichten kann, ohne dass es sich gesundheitlich auswirken würde.
Ich habe das erste Staatsexamen in Deutsch, einen Bachelor im sozialpädagogischen Bereich, eine Zusatzqualifikation für DaF und fast 15 Jahre Unterrichtserfahrung. Ich suche nach einer Festanstellung, aber bei diesem Institut kommt es mir so vor, dass man dort nur ausgebeutet wird. Da für die Integrationskurse ja mittlerweile ein Stundenhonorar von 35 Euro gezahlt wird, müssten die Dozenten in diesem Institut pro Monat bei 10 UE am Tag immerhin 7000 Euro bekommen. Mir scheint, dass diese Institute nun groß mit Festanstellung prahlen, aber im Endeffekt die Bezahlung extrem mies ist.
Mich würde einmal interessieren, wie andere das sehen. Ist das Ausbeutung oder kann ich froh sein, dass bei dieser Form des Arbeitsvertrages zumindest eine gewisse Sicherheit bezogen auf Sozialleistungen besteht.

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Re: Frustriert nach Vorstellungsgespräch
geschrieben von: Bingo ()
Datum: 05. Dezember 2016 19:07

Deine Vergleiche mit Stellen an staatlichen Schulen sind durchaus richtig ebenso wie Deine Schlussfolgerung bezüglich der Ausbeutung.

Am Besten wäre, Du suchst Dir selber etwas direkt im staatlichen Schulbereich, obwohl auch durch Versuche, Dich niedriger in Tarifgruppen einzustufen, manchmal geschummelt wird. Das aber kannst Du überprüfen und ggf. berichtigen lassen.

Lass diese Klitschenträger einfach links liegen; sie sind Deine Zeit nicht wert!
Kopf hoch und selbstbewusst weitersuchen! Good luck!

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Re: Frustriert nach Vorstellungsgespräch
geschrieben von: ainja ()
Datum: 06. Dezember 2016 10:29

Deinen Frust kann ich gut verstehen, Heizi.
Ich schaue auch immer mal wieder nach Festanstellungen, bin aber dermaßen empört über die Bedingungen derselben, dass mir im Leben nicht einfallen würde, mich da zu bewerben.
Es ist eine Frechheit, was einem aktuell fest angeboten wird - im Kontext der letzten Honorarerhöhung. Und dann noch so tun, als ob man den DozentInnen einen Gefallen damit täte.
Die Angebote auf freiberuflicher Basis waren schon vorher eine Frechheit, sind es z.T. immer noch. Bei jedem lächerlichen Angebot wünsche ich mir für die Klitsche, dass sich da wirklich niemand bewirbt und die dubiosen Betreiber ihre "Sprachschule" schließen müssen, aber die Konditionen der Festverträge sind nicht minder verachtend.

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Re: Frustriert nach Vorstellungsgespräch
geschrieben von: Bingo ()
Datum: 06. Dezember 2016 15:01

Wenn man sich da bewirbt, könnte man sogar eine Festanstellung bekommen. Das Risiko ist dann, dass man zu miesen Konditionen arbeiten muss. Denn solche Stelle werden aus den schon bekannten Gründen nicht so häufig nachgefragt; Konkurrenz durch Mitbewerber gibt es in der Regel auch nicht.
Ich bin nur froh, dass ich so etwas nicht mehr machen muss; nach Abschluss meines Studiums war das vor Jahren als Zwischenlösung mal erforderlich. Aber aus dieser Mühle bin ich dann sehr schnell bei der nächsten sich bietnden Gelegenheit ausgestiegen.

Zitat

Ich schaue auch immer mal wieder nach Festanstellungen, bin aber dermaßen empört über die Bedingungen derselben, dass mir im Leben nicht einfallen würde, mich da zu bewerben.

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Re: Frustriert nach Vorstellungsgespräch
geschrieben von: Heizi ()
Datum: 06. Dezember 2016 18:28

Hallo,

vielen Dank für eure Rückmeldung. Ich bin auch schon etwas stutzig geworden, als der Leiter des Instituts meinte, dass sie immer auf der Suche nach neuen Dozenten wären, da immer wieder welche kommen und gehen. Durch die Honorarerhöhung bei Integrationskursen kommt es wahrscheinlich tatsächlich günstiger, wenn sie die Dozenten nun 50 UE pro Woche mit einem geringen Gehalt abspeisen. Ich habe noch ein anderes Angebot, allerdings freiberuflich für 35 Euro pro UE und überlege, ob ich das nun übergangsweise machen soll, bis ich eventuell irgendwo eine feste Stelle mit einem fairen Einkommen bekomme.
Ich frage morgen eventuell mal bei den Schulämtern nach, ob da die Option einer Einstellung besteht.

Es ist unfassbar dreist, dass so Institute die Dozenten 5 Tage die Woche 10 UE pro Tag unterrichten lassen. Ich habe bisher immer zwischen 4 und 5 UE pro Tag gemacht und mit einer guten Vor-und Nachbereitung hat das immer optimal gepasst. Bei zehn UE pro Tag würde ich wohl irgendwann zusammenbrechen.

Bingo, darf ich mal fragen, was du nun machst?

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Re: Frustriert nach Vorstellungsgespräch
geschrieben von: Dracula ()
Datum: 06. Dezember 2016 22:37

50 UE bei 2550 EUR brutto - das muss man sich schon mal auf der Zunge zergehen lassen ...

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Re: Frustriert nach Vorstellungsgespräch
geschrieben von: MkM ()
Datum: 07. Dezember 2016 07:46

Hallo Heizi,

leider mache ich dieselben Erfahrungen wie du!

Wir kämpfen im Moment gegen diese Bedingungen, aber ich finde hier hilft nur ein bundeseinheitlicher Streik. Dazu sind meine Kolleginnen jedoch nicht bereit.

Sie sind finanziell durch ihre Ehemänner abgesichert und machen den ach so gesellschaftsrelevanten Job nur "nebenbei"...

Aber leider sieht es im Ausland nicht besser aus... mich schrieb schon mehrfach eine Schule an, mit sage und schreibe: 8 Euro pro Stunde (Honorar)...

Ich schließe mich solidarisch deinem Frust an...

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Re: Frustriert nach Vorstellungsgespräch
geschrieben von: Heizi ()
Datum: 08. Dezember 2016 09:24

Danke für eure Rückmeldungen und eure Solidarität.

Ich kenne auch DaF-Lehrerinnen, die finanziell durch ihren Ehemann abgesichert sind und denen die Honorarhöhe egal ist. Ich habe auch schon erlebt, dass ein Institut wochenlang nicht bezahlt hat und einige Kolleginnen meinten, ihnen wäre es egal, wann das Geld käme.
Das frustriert. Ebenso regt es mich auf, dass viele (meistens auch Frauen) sich so stark im Ehrenamt engagieren, dass sie total ausgenutzt werden. Bei uns im Ort haben sie letztes Jahr auch jemanden für den Deutschunterricht für Flüchtlinge gesucht. Als ich mich meldetet, meinte der Bürgermeister, dass es dafür aber keine Bezahlung gäbe. Nun macht es eine pensionierte Lehrerin. Letztens habe ich sie getroffen und sie erzählte, dass sie teilweise 20 Unterrichtsstunden in der Woche mache und ihr das ganze langsam über den Kopf wachse. Sie erzählte mir auch von Bekannten, die ebenfalls viele ehrenamtliche Stunden unterrichten. Ehrenamt in allen Ehren, aber wenn man die Menschen dabei ausnutzt, anstatt bezahlte Stellen einzurichten, dann ist das traurig.

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Re: Frustriert nach Vorstellungsgespräch
geschrieben von: Georg321 ()
Datum: 08. Dezember 2016 15:53

Hm, mit bezahlten Stellen muss man vorsichtig sein. Bezahlte Stellen führen oft zu guter Bildung. Wenn man richtig Geld in die Hand nehmen würde, dann könnte man viele Flüchtlinge in zwei Jahren fit für die Ausbildung machen. Wenn sie aber eine abgeschlossene Ausbildung haben, dann erwarten die Leute tatsächlich, dass sie für einen Tariflohn arbeiten dürfen, und das ist teuer.

Viel schlauer ist es doch, wenn man die Leute nicht gut ausbildet, sie in die Arbeitslosigkeit entlässt und sie dann, damit sie die notwendigen beruflichen Qualifikationen erwerben, in ein unbezahltes Praktikum schickt. Dann würde die Arbeitsagentur weiter für sie bezahlen, nicht der Arbeitgeber.

Genau so ist es auch mit den Lehrkräften in Integrationskursen: sie haben einen Magisterabschluss, die BAMF-Qualifikation, vielleicht noch eine Alpha-Quali und ein paar Jahre Berufserfahrung im DaZ-Bereich, aber sie sind leider völlig unqualifiziert für den Schulbetrieb, weil sie keinen Master of Education haben. Da kann man leider nichts machen, aber sie können nicht im Schuldienst arbeiten. Außer sie arbeiten als Honorarkraft oder als Ehrenamtler an der Schule. Das geht höchstens ausnahmsweise, denn eigentlich legt die Schule höchsten Wert auf Qualität, und die liegt eben nur beim richtigen Studiengang vor. Genau deshalb suchen die Schulen "händeringend" nach DaZ-Lehrern, aber wie wir aus der Presse wissen gibt es in Deutschland keine für den Schuldienst qualifizierten DaZ-Lehrer.

Man will die Flüchtlinge ja nicht fit für den ersten Arbeitsmarkt machen, sondern für den Niedriglohnsektor. Da machen sie dasselbe wie auf dem ersten Arbeitsmarkt, nur viel billiger. Der Niedriglohnsektor funktioniert einfach nicht mit Leuten, die alle Qualifikationen haben. Der erste Arbeitsmarkt ist für die Kinder der höheren Gesellschaftsschichten reserviert, und das Instrument für die Selektion ist die sogenannte "Bildung".

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Re: Frustriert nach Vorstellungsgespräch
geschrieben von: Bingo ()
Datum: 09. Dezember 2016 02:39

Ich bin inzwischen aus dem aktiven Berufsleben ausgeschieden und war vorher viel an Unis im Ausland unterwegs. Ich schreibe und veröffetlich weiterhin meine Bücher, nehme aber nur noch gelegentlich befristete Lehraufträge auch außerhalb von DaF an. Nicht, weil ich Geld verdienen muss, sondern um mich noch über die Schreiberei hinaus sinnvoll zu betätigen. Manches mache ich auch kostenfrei; allerdings nur dort, wo ich keinen bezahlten Kollegen in die Quere komme und denen die Preise verderbe.


Zitat

Bingo, darf ich mal fragen, was du nun machst?

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Re: Frustriert nach Vorstellungsgespräch
geschrieben von: Bingo ()
Datum: 09. Dezember 2016 02:59

Ja, so ist es: Verschiebebanhnhof aus Gründen der Lohndrückerei,
Ich habe nur mit dem Kopf geschüttelt, als in einer Talkshow ein afghanischer Flüchtling mit Duldungsstatus (seit 6 Jahren) auftrat, der recht gut Deutsch sprach und berichtete, dass er sich dem BaMF kostenlos als Sprachmittler für andere afghanische Flüchtlnge angeboten hatte (Übersetzen/Dolmetschen).
Auf diesen Gedanken würde ich schon allein deswegen nicht kommen, weil ich dann möglicherweise Anderen die Preise verderben würde.
Da ich u.a. auch vereidigter Dolmetscher/Übersetzer für verschiedene Sprachen bin und daher manchmal auch Einsätze bei Polizei und Gerichten habe, halte ich mich an einen festen Tarif, der bei 40 Euro pro Stunde liegt plus Spesen. Bei (schriftlichen) Übersetzungen rechne ich nach branchenüblichen Zeilenpreisen ab; Beglaubigungen und andere Extraleistungen werden gesondert in Ansatz gebracht. Eine Anfrage unserer Stadtverwaltung bei mir, ob ich für fünf Euro einen mittellangen Text ins Arabische übersetzen könnte, habe ich entrüstet zurückgewiesen und nur zurückgefragt, warum sie meine Arbeit so wenig wertschätzen. Keine Antwort- aber das war dann eben auch eine Antwort.
Das Gleiche finden wir ja auch im DaF-Bereich.
Man muss bei solchen Sachen genauso knallhart sein wie die andere Seite auch und darf sich nicht unterbuttern lassen. Das ist meine Erfahrung.


Zitat

Man will die Flüchtlinge ja nicht fit für den ersten Arbeitsmarkt machen, sondern für den Niedriglohnsektor. Da machen sie dasselbe wie auf dem ersten Arbeitsmarkt, nur viel billiger.

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Re: Frustriert nach Vorstellungsgespräch
geschrieben von: Heizi ()
Datum: 13. Dezember 2016 11:59

Teilweise wird es ja immer doller. Nun habe mit einer Institutsleiterin gesprochen, die Integrationskurse anbietet und die vom Bamf vorgeschriebenen 35 Euro pro UE zahlt. Sie meinte, dass es schon Beschwerden von Lehrerinnen gäbe, denen die 35 Euro zu viel wären. Da sie über ihren Mann familienversichert wären, würden sie mit weniger Stundenlohn besser arbeiten können. Bei einer maximalen Einkommensgrenze von 450 Euro pro Monat könnten sie nur 2 Tage im Monat arbeiten und das wäre auch für das Institut zu wenig.
Ich habe gedacht, ich höre nicht richtig. Ist die Arbeit als DaF-Lehrer für diese Leute nur ein Hobby?
Ich fasse es einfach nicht.

@Bingo: Es ist so, wie du sagst. Die Leute, die sich für wenig oder gar keinen Lohn anbieten, machen allen anderen, die davon leben müssen, die Preise kaputt.
Ich finde es toll, dass du Angebote nur annimmst, wenn du damit anderen nicht in die Quere kommst.

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Re: Frustriert nach Vorstellungsgespräch
geschrieben von: Bingo ()
Datum: 13. Dezember 2016 15:43

Es gibt berufene Lehrkräfte und solche, die es zwar gerne sein wollen, aber realiter keine sind. Einige kriegen noch nicht mal ein Portfolio zusammen, mit dem sie ihre Lehrbefähigung unter Beweis stellen könen und schreiben stattdessen lieber ab:

[www.deutsch-als-fremdsprache.de]

Und der Daf-"Markt" wird immer halbseidener...

Zitat

Ich habe gedacht, ich höre nicht richtig. Ist die Arbeit als DaF-Lehrer für diese Leute nur ein Hobby?
Ich fasse es einfach nicht.

Schon vor rd. 30 Jahren, als ich mal zur Überbrückung im scheinselbständigen DaF-Bereich meine Klitschen und sonstigen Unterbezahlungs-Erfahrungen gemacht habe, konnte ich nichts Gutes an dem gesamten System finden. Seitdem hat sich ja nicht viel geändert. Dass sich nicht viel daran geädert hat, liegt nicht zuletzt an der fehlenden Solidarität unter den Lehr- oder Leerkräften. Diesen Schuh muss ich mir ja allerdings persönlich nicht unbedingt anziehen.

Zitat

@Bingo: Es ist so, wie du sagst. Die Leute, die sich für wenig oder gar keinen Lohn anbieten, machen allen anderen, die davon leben müssen, die Preise kaputt. Ich finde es toll, dass du Angebote nur annimmst, wenn du damit anderen nicht in die Quere kommst.

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