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Versagen des Kursträgers und Opportunitätskosten
geschrieben von: Criti ()
Datum: 22. Januar 2020 13:07

Hallo zusammen!

Ich verfolge die Seite hier schon so lange und lese viele Beiträge eifrig. Ich möchte euch daher erst einmal meinen Dank für euer Engagement und eure Mitteilungsfreude mitteilen - ihr habt mir so manchen Tag gerettet.

Heute habe ich mich endlich entschlossen, mich auch mal zu Wort zu melden, da mir heute endgültig der Kragen geplatzt ist und ich kurz davor stehe, diesem Kapitalisten von Kursträger zu kündigen. Aber wahrscheinlich schlummert in uns allen der Wunsch, zuweilen finanziell abgesichert zu sein...
Nun also zu meinem Anliegen:

Ich leite seit 600 UE einen Alphabetisierungskurs (wir haben also noch 300 UE vor uns). Ich bin seit 2014 in der Branche tätig und inzwischen fällt es mir immer schwerer, über die Bedingungen bei versch. Kursträgern hinwegzusehen. So auch bei dem, in dessen Auftrag ich derzeit im besagten Alpha unterrichte.

Ich bin selbstverständlich Honorarkraft (als würde sich die Festanstellung zu einem noch schlimmeren Hungerlohn lohnen..) und habe daher (auch per Vertrag) dafür Sorge zu tragen pünktlich zum Unterricht zu erscheinen und das Konzept des BAMFs soweit wie möglich zu erfüllen, indem ich zwischen Methoden wechsle und einen qualitativ hochwertigen Unterricht anstrebe. Ich liebe meinen Kurs und er liebt mich - so war es bisher mit allen Kursen. Ich bin 28 Jahre alt und habe im Anschluss an mein Studium direkt mit der Arbeit als Honorarkraft in IKs und Alphas begonnen und ich sage, wie es ist: ich bin gut in dem, was ich tue und ich scheue weder Kosten (für immer wieder neue Materialien, Pappe, Beamer, Laptop, Spiele..) noch Mühen, meine Teilnehmer in jederlei Hinsicht zu unterstützen und dem Lernziel so nah wie möglich zu kommen. Alle Träger sind bisher mehr als zufrieden mit meiner Arbeit.

Nun ist heute Folgendes passiert: Es kam zu starker Lermbelästigung durch Bauarbeiten am Gebäude, von denen ich nichts gewusst habe. Der Lärm began bereits gestern und ich habe dies dem Kursträger gemeldet (die Zentrale befindet sich in einem anderen Gebäude, etwa 2km entfernt).
Als der Lärm weder für mich noch für den Kurs weiter erträglich war, rief ich erneut in der Zentrale an und schilderte den Sachverhalt und ihr werdet wahrscheinlich nicht glauben, was mir dort gesagt wurde "Mach doch irgdnwas mit dem Kurs, wo ihr nicht reden müsst. Oder geht nach Hause, aber dann müsst ihr die Stunden morgen nachholen und du bekommst für heute natürlich auch nur die 3 UE bezahlt, die ihr bisher Unterricht gemacht habt."

Ich dachte wirklich, mich tritt ein Pferd!
Ich erwähnte daraufhin die vertragliche Vereinbarung, dass ich selbstverständlich Anspruch auf mein Honorar für die vollen 5UE + Nachhol-UE, da der Kursträger dafür verantwortlich ist, dass die Kursräume uneingeschränkt genutzt werden können. Und wenn es zu Baumaßnahmen kommt (die z.B. drei Tage dauern, dann muss der Kurs für diese drei Tage unterbrochen und die entsprechenden UE nachgeholt werden.) Aber es kann doch nicht sein, dass ich als Honorarkraft mich an die Vereinbarungen halte, pünktlich erscheine, den Unterricht vorbereite und am Ende auch noch diejenige bin, die benachteiligt wird, obwohl alle Angelegeheiten in Bezug auf Kursorte und Kursräume in die Zuständigkeit des Kursträgers fallen.

Die Verwaltung hat mir also "die Wahl gelassen":
Entweder gehe ich früher und hole die Stunden nach, bekomme aber meine Opportunitätskosten für den Tag nicht bezahlt oder aber ich bleibe und "mache irgendwas, wo der Kurs und ich nicht miteinander reden müssen" (Zitat aus dem Telefonat).

Ich meine, irre ich mich oder ist das sowohl gesetzes- als auch vertragswidrig?

Ich bin einfach nur unglaublich wütend und möchte keine vorschnelle, emotionale Entscheidung treffen, die ich bereuen könnte. Der Kursträger hat in der Vergangenheit schon öfter Probleme in der Orga gehabt: Heizung funktionerte nicht, Drucker kaputt, Toiletten defekt, Honorar zu spät überwiesen und ich habe all das mitgemacht, aber ich sah mich nicht weiter in der Lage, zuzulassen dass die Vorteile (für den Träger) von Honorarkräften ausgenutzt werden und die Nachteile ebenfalls auf mich abgewälzt werden.

Letztlich bin ich geblieben und habe den Teilnehmern gesagt, sie dürfen die restlichen 2UE frei gestalten. Sie waren natürlich selber entsetzt, dass ich sie bei dem Lärm quasi in der Schule "festgehalten" habe. Was denkt ihr? Habe ich mich falsch verhalten? Reagiere ich über und bin gar nicht im Recht? Und wie soll man zugleich Solidarität mit den Dozenten ausleben, die sich so etwas nicht gefallen lassen und auch irgendwie Geld verdienen?

Ich habe es so satt, ständig den Mund halten zu müssen, nur um meine Stelle nicht zu gefährden. Wird das in der Arbeitswelt je aufhören?

Viele deprimierte Grüße
Criti

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Re: Versagen des Kursträgers und Opportunitätskosten
geschrieben von: Criti ()
Datum: 24. Januar 2020 12:41

Schade, dass die Beteiligung bei null liegt.

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Re: Versagen des Kursträgers und Opportunitätskosten
geschrieben von: Minni ()
Datum: 25. Januar 2020 08:37

Also erst einmal ist es nicht ungewöhnlich, dass es ein paar Tage dauern kann, bis man eine Antwort erhält. Von daher wäre ich an deiner Stelle etwas geduldiger. Ich kann deine Wut über die Situation verstehen, meine Lösung wäre aber gewesen, dass ich mit den Teilnehmern einfach einen kleinen Ausflug in das nächste Cafe oder Museum gemacht hätte, so dass es als Arbeitszeit gegolten hätte. Vielleicht wäre das eine Option, wenn es beim nächsten Mal wieder laut wird. Ich kenne das aber auch von früher, dass wenn man den Unterricht früher beendet hat, man die Stunden nachholen musste. Ich arbeite nicht mehr im DaF-Bereich, da mir diese Art von prekärer Beschäftigung (egal ob freiberuflich oder angestellt) nicht mehr gut tut.

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Re: Versagen des Kursträgers und Opportunitätskosten
geschrieben von: Tina Otmann ()
Datum: 26. Januar 2020 00:26

Ich denke, du solltest langsam mal an dich denken. Du investierst so viel an Material für Schüler, die nicht deine Kunden sind. Es sind die Kunden des Kursträgers. Deine Aufgabe ist es doch nur, den Unterricht abzuhalten. Kopierer funktionieren oft nicht usw. So etwas hört man ständig. Daran ändert sich offenbar nie etwas. Also ich würde auf keinen Fall die 3 Stunden nachholen. Halte sie einfach trotz Lärm oder mache Stillarbeit. Denke an dich. Jemand anders macht es nämlich nicht. Honorar wird nicht pünktlich überwiesen. Wahrscheinlich wäre ein zeitnaher Ausstieg für deine Nerven das Beste.

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Re: Versagen des Kursträgers und Opportunitätskosten
geschrieben von: Roswitha Haala ()
Datum: 31. Januar 2020 14:06

Liebe Criti,
ich kann nur allen jungen (bis 55 J. ;-) ) Ik-Lehrkräften raten, sich eine andere Arbeit zu suchen als diese absolut sittenwidrig prekäre, pädagogisch oftmals unsinnige Tätigkeit (s.u.) in IntV-Integrationskursen!
Wer ihren Unterricht - damit auch die TN und sich selbst als Lehrkraft - ernst nimmt, betreibt zwangsläufig Selbstausbeutung. Das kenne ich bisher auch von mir.
Der Vorschlag "ab ins Cafe/Museum etc." ist gut. Das BAMF erwartet jedoch, dass Exkursionen vorher angemeldet werden, zwecks seiner unangemeldeten Unterrichtskontrollen... Ließe sich aus aktuellem Lärmanlass protestig begründen.
Pädagogischer Unsinn:
1. Der Sachverständigenrat empfahl 2004 der Bundesregierung den normalen IntV-Integrationskurs Ziel B1/GER mit 900 UE anzusetzen. Abgelehnt und auf 600 UE reduziert! Die früheren VHS-Kurse DaF/Ziel B1 für eigenmotivierte Selbstzahlende umfassten 900 UE! Auf Modellprüfungen wurde dort in Extra-Seminaren am Wochenende vorbereitet. Also nicht das Ziel des Unterrichtes im Gegensatz zu den IntV-Integrationskursen. B1/GER ist auch das Ziel im Fach Englisch an Realschulen! Das bedeutet u.a. ein Brutto-Einstiegsgehalt von monatlich 2.400 € für 20 UE/Wo. sozial rundum abgesichert samt bezahlter Ferien. In IntV-Integrationskursen ergibt das momentane Honorar von 35 € umgerechnet auf Angestelltenverhältnis brutto ca. 1.900 € bei 30 Urlaubstagen statt Ferien...
2. Alphabetisierungskurse: Erwachsene, die in ihrem Herkunftsland vor Jahren bis Jahrzehnten 0 – 8 Schuljahre besuchten, entsprechen für hiesige Verhältnisse der Förderschule! In unseren Förderschulen wird keine Fremdsprache unterrichtet!!! Warum?! Überforderung???! Diese mögliche bzgl. des BAMF-gewährten Zeitrahmens bedingte Überforderung müsste/muss im BAMF-Konzept - auch besonders beim Orientierungskurs - berücksichtigt werden. Stattdessen nichts dergleichen! Bei beiden Abschlussprüfungen wird den Teilnehmenden aufgrund ihrer Lern- und Anwendungsunerfahrenheit nicht mehr Zeit gewährt. Das ist ebenfalls pädagogischer Un-Sinn. Die Ergebnisse entsprechend. Gerade gut lernende Primäre werden meist im „Wiederholungskurs“ konzeptmäßig „verheizt“! Es ginge anders. (...), mein Beitrag unter: [www.deutsch-als-fremdsprache.de]
Da du erst 28 Jahre bist, empfehle ich dir dringend eine andere Arbeit! Bis wahre Rechtsstaatlichkeit bzgl. der IntV-Lehrkräfte eintritt, wird wohl noch dauern... ;-)
Dir alles Gute! Roswitha

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Re: Versagen des Kursträgers und Opportunitätskosten
geschrieben von: Beskana ()
Datum: 24. Februar 2020 19:45

Liebe Criti,
obwohl ich seit mindestens sechs Jahren in diesem Forum mitlese, ist es erst das zweite Mal, dass ich mich zu Wort melde. Deinen Beitrag habe ich schon vor zwei Wochen gelesen und er geht mir nicht aus dem Kopf.
Ich war auch so eine engagierte junge DaF-Lehrerin wie du, der das Wohl der KTN so sehr am Herzen lag. Das Problem ist, dass die Kursträger sich nicht ändern und immer nur ihre eigenen Interessen im Blick haben werden. Du hast die Situation (im Gegensatz zu vielen anderen freiberuflichen Dozierenden) schon ganz treffend analysiert und auch die BWLer-Denkweise der Träger durchschaut (nicht jeder DaF-Lehrer denkt so wie du in Begriffen wie Opportunitätskosten! Bravo!).
Bitte zieh daraus Konsequenzen, studier nochmal nach, um den Quereinstieg ins Lehramt zu schaffen oder such dir einen ganz anderen Job.
Der DaF-Unterricht ist meiner Meinung nach von der Tätigkeit her der beste Beruf der Welt. Aber er wird dich immer mehr frustrieren, da spreche ich aus Erfahrung.
Wenn du eine Festanstellung in einem anderen Bereich findest, wirst du immer mal die Möglichkeit haben, nebenbei Privatstunden zu geben oder Vertretungen zu übernehmen, wenn es dir wichtig ist und du DaF nicht ganz verlassen möchtest. Es gibt jedoch auch viele andere interessante Tätigkeiten, in denen man sich nicht so über die Bedingungen ärgern muss.
Ändere etwas! Die DaF-Branche wird es nicht tun...
Ganz liebe Grüße
Beskana

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