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Bewertungskommission
geschrieben von: Georg321 ()
Datum: 06. Juli 2014 15:05

Hallo zusammen,

hier ist der Entwurf für einen Artikel über die Bewertungskommission des BAMF, der Freitag bei Migazin erscheinen soll. Hat noch irgendwer Anregungen zu dem Thema? Besonders das mit den Fahrtkosten finde ich sehr interessant. Hat jemand dazu noch Informationen aus eigener Erfahrung?

Vielen Dank im Voraus
Georg


Migazin Bewertungskommission

Um die vermeintlich „hohe Qualität der Integrationskurse“ zu sichern, werden nach Aussage des BAMF die Lehrpläne und der Abschlusstest ständig bewertet und weiterentwickelt. Zuständig dafür ist die sogenannte „Bewertungskommission“.

Wirft man einen Blick auf die Teilnehmerliste dieser Kommission, so fällt auf, dass hier hauptsächlich Experten des Bundesinnenministeriums und des BAMF vertreten sind, sowie einige Vertreter der Bildungsindustrie. „Experten der Praxis“ findet man gar nicht, und auch „Wissenschaftler“ sind fast gar nicht vertreten. Die Lehrkräfte haben sich jahrelang darum bemüht, in dieses Geheimgremium Einlass zu finden, in der 21. Sitzung am 10. Juni 2013 ist es dann gelungen, dass zwei Lehrkräfte auf die prekäre Situation aufmerksam machen durften. Die Bewertungskommission hat dann auch gleich im Protokoll festgehalten, dass es „zwischen dem Bundesamt und den Integrationskurslehrkräften keinerlei vertragliche Vereinbarung sowie keinerlei Rechtsbeziehung besteht.“ Richtig, der Staat hat die Ausbeutung der Lehrkräfte an die Träger outgesourced und muss sich nicht selbst mit dem Vorwurf der Scheinselbstständigkeit auseinandersetzen, denn er deligiert schließlich nur Arbeitsbedingungen an die Träger, die die Rahmenbedingungen gegenüber den Lehrkräften durchsetzen, indem sie ihnen z.B. das Urlaubsentgeld vorenthalten. Für das Innenministerium, das BAMF und die Mitglieder der Bewertungskommission eine „tolle Erfolgsgeschichte“.

In der 20. Sitzung vom November 2012 wurde erklärt, wie das BAMF auf die Kostenerstattung von 2,94 € pro Teilnehmer pro Stunde kommt: das BAMF nimmt irgendwelche Preisentwicklungen, verrechnet sie mit irgendwelchen Zahlen des statistischen Bundesamtes, damit es sich seriös anhört, und kommt dann auf die Zahl von 2,94 €. Multipliziert man diese Zahl mit der Quersumme der letzten Lottozahlen, dann kommt für die Lehrkraft ein Stundenlohn von 20 € heraus. Weiter gehen die Berechnungen dieser sogenannten „Expertenkommission“ nicht, denn dann würde es peinlich. Dass man als studierter Lehrer bei einem Vollzeitjob im staatlichen Auftrag noch mit Hartz IV aufstocken muss ist eine Schande für diese Kommission, in der auch Wissenschaftler sitzen. Eigentlich müsste so eine Kommission ausrechnen, wie teuer die Integrationskurse wirklich sind: man müsste einberechnen, wie hoch der Ausfall der RV Bund ist, und wie hoch die Zuzahlungen sind, die das Jobcenter und andere Einrichtungen (z.B. das Jugendamt) machen müssen, damit die Lehrkräfte über die Runden kommen. Aber von einer Kommission, die vom Innenministerium eingesetzt wurde, um das Inneministerium zu loben ist das nicht zu erwarten.

In der 22. Sitzung vom Oktober 2013 gibg es um das Thema der Scheinselbstständigkeit: „Frau Cichos berichtet von der Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung des LArbG München am 26.09.2013, die das Thema der Scheinselbstständigkeit von Lehrkräften streifte. Da das Verfahren sich durch Vergleich erledigte, ließ sich daraus nur folgern, dass es maßgeblich auf die organisatorische Struktur zwischen Kursträger und Lehrkraft ankomme.“ Nun, die organisatorische Struktur sieht eben so aus, dass die Lehrkraft zu festgelegten Zeiten an festen Orten ein fest vorgegebenes Curriculum durchzuführen hat und die vom BAMF vorgegebenen Listen auszufüllen hat, bestimmte Lehrbücher zu verwenden hat und bestimmte Zusatzqualifikation gemacht haben muss, die von der Bewertungskommission und dem BAMF vorgegeben werden. Man kann davon ausgehen, dass Scheinselbstständigkeit samt ihrer zerstörerischen Auswirkungen auf die Lehrkräfte, die Träger und das Sozialversicherungssystem von der Bewertungskommission schweigend hingenommen wird.

Sehr spannend ist auch die Frage, ob das BAMF in der Vergangenheit kontrolliert hat, dass Fahrgelder von den Trägern an die KursteilnehmerInnen weitergeleitet wurden. Das BAMF überweist dieses Geld nämlich an die Träger und hofft, dass die Träger das Geld weiterleiten. Nach unserem Wissen wurden Fahrgelder zum Teil erst 6 Monate nach Beendigung des Kurses an die TeilnehmerInnen überwiesen, natürlich ohne genaue Abrechnung über die Höhe der Fahrtkosten. Das BAMF will zwar genau wissen, wer wieviele Minuten zu spät zum Kurs kommt, aber ob Steuergelder bei den MigrantInnen ankommen, damit haben BAMF und Bewertungskommission keinen Vertrag.

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Re: Bewertungskommission
geschrieben von: Benjamin Kühn ()
Datum: 07. Juli 2014 13:55

Stimmiger Artikel - hat jemand mal dran gedacht, per Lotterie einige Träger auszulosen und einfach mal wegen Betrugs (Fahrgelder) anzuzeigen?

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Re: Bewertungskommission
geschrieben von: Roswitha Haala ()
Datum: 07. Juli 2014 23:45

Hallo Georg,

sehr guter Artikel (einschließlich der eindeutigen Änderungen vom 7.7.)!

Ich bleibe im O-Ton von Benjamin:

"Hat jemand mal dran gedacht", das BAMF (Verursacher der Rundum-Misere) wegen der Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit aus Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz der IntV-Lehrkräfte anzuzeigen (siehe "Zweite Verordnung zur Änderung der Integrationskursverordnung" zum 01.03.2012)?

Herzliche Grüße!

Roswitha

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Re: Bewertungskommission
geschrieben von: Benjamin Kühn ()
Datum: 08. Juli 2014 12:17

Hallo Roswitha,

kannst du mal den entsprechenden Abschnitt aus dieser Verordnungposten?

LG!


Benjamin Kühn

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Re: Bewertungskommission
geschrieben von: Roswitha Haala ()
Datum: 08. Juli 2014 15:02

Hallo Benjamin,

du/ihr findet diesen Abschnitt im BAMF-Portal "Trägerrundschreiben 2012" als "Zweite Verordnung zur Änderung der Integrationskursverordnung", kann Anlage sein. Darin hinten, unter "B. Besonderer Teil", S. 16:"Zu Nummer 12 (§15). Sonst mail/t mich an, dann schick ich dieses bundespolitische Gesamtwerk.

O-Ton Bundesregierung:"Die Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG durch die Anforderungen an die Lehrkräfte und Prüfer (...)" Da gibt`s keine Prüferinnen!
Weiter:"Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist gerechtfertigt durch die besondere Wichtigkeit der gesellschaftspolitischen Aufgabe der Integration, die nur von entsprechend qualifizierten Lehrkräften und Prüfern (Anm. v. mir: keine Frauen! Dabei unterrichten ca. 85% der IntV-Lk als Frauen oder hamm se sich für die Prüfung verkleidet...) geleistet werden kann.(...)"

Haha und dafür, dass die IntV-Lehrkräfte diese besonders wichtige, gesellschaftspolitische Aufgabe der Integration im Auftrag der Bundesregierung/des BAMF "leisten", erhalten sie als Dank in 45 Jahresarbeitswochen/Vollzeit maximal 990,85 € monatlich netto/Single. Vorausgesetzt sie sind nicht länger als 13,2 bundesdurchschnittliche Tage krank.
Dürfen mit Hartz IV als gläserne Person (monatliche Abrechnungen samt Kontoauszüge-Übersendung ans Jobcenter) aufstocken und für die Rente winkt mit Bundesgarantie die satte Altersarmut mit Grundsicherungsaufstockung als Single.

Alles billiger als ein der Qualifikation und Arbeit angemessenes Gehalt aus Bundesmitteln zu bezahlen. Da hat ein Schäufelchen schwäbisch sparlichst geschäufeltchen.

Welch Armutszeugnis der jeweiligen Bundesregierunge seit 1. Januar 2005! Aber sich mit fremden Federn schmücken und vom "Erfolgsmodell Integrationskurs" ins europäische Off tönen. Gar als Politker_in oder als Bewertungskommission noch mehr Qualität zum sittenwidrigen Dumpingpreis einfordern... BAMF-Dampf macht`s möglich, grins.

Privaten Trägern die finanzstärkeren, öffentlich-rechtlichen und damit aus öffentlichen Geldern mitfinanzierten Träger, z.B. Deutscher Volkshochschul- Verband/DVV gegenüberzustellen und somit deren absoluten, in Regierungskreisen bekannten Wettbewerbsvorteil gesetzesmäßig un - bekümmert zu dulden, das nenne ich den offen - Sicht - lichen Rechtsstaat!
Und die Närrin lacht schallend über "Des Kaisers neue Kleider"...

Ja, es sind immer noch die gleichen Themen wie seit 2005 und so lange sich nichts ändert, müssen sie immer wieder alt_modisch benannt werden.

Modern modern (Betonungsänderung!), das ist die Devise dieses "Rechtsstaates" z.B. bzgl. Integrationskurse.

Herzliche Grüße!

Roswitha

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Re: Bewertungskommission
geschrieben von: Georg321 ()
Datum: 09. Juli 2014 10:49

Hi Roswitha,

dafür, dass die Bundesregierung / BAMF keine rechtlichen Beziehungen zu den Lehrkräften unterhält ist es schon bemerkenswert, dass sie den Art. 12 GG beschränkt. Der Hinweis kommt auch noch in den Artikel.

Ich stelle gerade eine Mailliste von allen HochschulprofessorInnen zusammen, die DaZ unterrichten und möchte sie dann darum bitten, unsere Rundschreiben auch an die Studierenden weiterzuleiten. Es lohnt sich nämlich nicht, Zusatzqualis in DaZ zu erwerben, wenn man von der Arbeit nicht leben kann.

An den Schulen wird DaZ fast gar nicht unterrichtet, selbst wenn der Anteil ausländischer Kinder bei 90% liegt. Sprache ist eben das Mittel, um Ausländer davon abzuhalten, einen guten Job zu bekommen. Es soll verhindert werden, dass sie beruflich aufsteigen, deshalb sind auch die Integrationskurse so, wie sie sind.

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Re: Bewertungskommission
geschrieben von: MarcelBla ()
Datum: 09. Juli 2014 10:49

Hehe, "modern modern" - ist mir noch nie aufgefallen :)

Darf ich einmal kurz dazwischenfragen, was genau hier mit "Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit" gemeint ist? Braucht keine lange Erklärung zu sein; nur, damit ich weiß, worum es geht.

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Re: Bewertungskommission
geschrieben von: Roswitha Haala ()
Datum: 09. Juli 2014 16:39

Hallo Marcel,

z.B. ich bin Fachlehrerin mit 2. Staatsexamen (hatte als Beamtin 6 Jahre an einem Gymnasium unterrichtet, Selbstkündigung aufgrund der Rahmenbedingungen, was ich nicht "bereue", da begründet). Anschließend DaF für Spätaussiedler_innen (auch Kinder), u.a. Deutsch in Berufsvorbereitungslehrgängen, im Hauptschulabschlusskurs, DaF bei einer VHS etc..
Jedenfalls allein über 10 Jahre im Bereich Deutsch und DaF vor meinem Beginn in IntV-Integrationskursen. Trotzdem musste ich die "verkürzte BAMF-Zusatzqualifikation" machen ("absolvieren" stört meinen Sprachgeschmack), um nach dem 31.12.2009 weiterhin noch in BAMF-Integrationskursen unterrichten zu "dürfen".
Machte ich 2006. Aber, die BAMF-Zulassung kann auch jederzeit vom BAMF widerrufen werden. Die IntV-Lehrkraft ist also nicht nur vom Träger, sondern auch vom BAMF abhängig.

Wahre Selbstständige allein von ihren Kund_innen!

Mit Trägerrundschreiben vom 11.09.2009 wies das BAMF nochmals auf das "Außerkrafttreten der Ausnahmegenehmigung zum 31.12.2009" hin. In einem ab dem 01.10.2009 beginnenden Teilzeitkurs (Frist s.o. 19 Tage! Super Planungssicherheit! Fürs BAMF.), durften nur noch Lehrkräfte mit abgeschlossenem DaF-Studium § 15 Abs. 1 bzw. mit Zusatzquali § 15 Abs. 2 IntV unterrichten.

Es gab 2005 auch Lehrkräfte/Dozent_innen, die vorher DaF unterrichtet hatten, jedoch aufgrund der BAMF-Zugangsvoraussetzungen, keine Zusatzqualifikation machen durften. Sprich sie durften nicht mehr in den IntV-Kursen unterrichten. Hier besitzt allerdings das BAMF ein Staatsmonopol auf die ersten 3 Sprachniveaustufen (A1 - A2 - B1)! Also wohin oder "Zwangseigenumschulung" für B2 - C1, falls es dort nicht schon genügend Dozent_innen gab???!

Selbst der DVV (D. Volkshochschul-Verband) beklagte im Februar 2007, S. 2:"Gleichzeitig wurden die formal erforderlichen Qualifikationen für die Unterrichtenden so heraufgesetzt, dass einige Lehrkräfte trotz jahrelanger Erfahrung nicht mehr in den Kursen tätig sein können."

Wo gibt es das sonst in privaten Unternehmen der angeblich sozialen und freien Marktwirtschaft, dass eine Behörde bzw. die Bundesregierung bestimmt:"Sodele, ab jetzt darf Mitarbeiter_in A nicht mehr weiterarbeiten. Mitarbeiter_in B muss eine verkürzte, Mitarbeiter_in C eine lange Zusatzquali auf eigene Kosten absolvieren (ko..), sonst ist am 31.12.2009 bzw. 01.10.2009 Schluss mit dem Arbeitseinsatz!"

Kann mir bitte jemand mal erklären, was das für ein Staatssystem sein soll???

Zusatzinfo:

2007 unterrichteten von insgesamt 13.172 IntV-Lehrkräften 7.072 mit einer Ausnahmegenehmigung nach § 15 Abs. 3 IntV = 53,7%!
Letztere mussten die Zusatzquali noch abschließen.

Und denk an die Zusatzquali für Alpha-Kurse. Eine für den Orientierunskurs schwebt dem BAMF, falls kein Einhalt geboten wird, bereits vor. BAMF-Träume, klappt doch alles bestens! Die Herde folgt dem Hirten zur Ausschlacht-Armut...

Wake up!

Herzliche Grüße! Roswitha

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Re: Bewertungskommission
geschrieben von: Georg321 ()
Datum: 10. Juli 2014 13:42

Hier der runderneuerte Artikel, der morgen bei Migazin erscheint:

Migazin Bewertungskommission

Um die vermeintlich „hohe Qualität der Integrationskurse“ zu sichern, werden nach Aussage des BAMF die Lehrpläne und der Abschlusstest ständig bewertet und weiterentwickelt. Zuständig dafür ist die sogenannte „Bewertungskommission“.

Wirft man einen Blick auf die Teilnehmerliste dieser Kommission, so fällt auf, dass hier hauptsächlich Experten des Bundesinnenministeriums und des BAMF vertreten sind, sowie einige Vertreter der Bildungsindustrie. „Experten der Praxis“ findet man gar nicht, und auch „Wissenschaftler“ sind fast gar nicht vertreten. Die Lehrkräfte haben sich jahrelang darum bemüht, in dieses Geheimgremium Einlass zu finden, in der 21. Sitzung am 10. Juni 2013 ist es dann gelungen, dass zwei Lehrkräfte auf die prekäre Situation aufmerksam machen durften. Die Bewertungskommission hat dann auch gleich im Protokoll festgehalten, dass es „zwischen dem Bundesamt und den Integrationskurslehrkräften keinerlei vertragliche Vereinbarung sowie keinerlei Rechtsbeziehung besteht.“ Richtig, der Staat hat die Ausbeutung der Lehrkräfte an die Träger outgesourced und muss sich nicht selbst mit dem Vorwurf der Scheinselbstständigkeit auseinandersetzen, denn er delegiert schließlich nur Arbeitsbedingungen an die Träger, die die Rahmenbedingungen gegenüber den Lehrkräften durchsetzen, indem sie ihnen z.B. das Urlaubsentgelt vorenthalten.

Während man mit der Bezahlung rechtlich nichts zu tun haben will darf das BAMF jedoch die im Grundgesetz garantierte Berufsausübungsfreiheit einschränken und die Lehrkräfte zu (teils sinnlosen) Zusatzqualifizierungen dienstverpflichten: „Im Hinblick auf die Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Absatz 1 Grundgesetz durch die Anforderungen an die Lehrkräfte und Prüfer sind diese nun gesetzlich normiert. Der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit ist gerechtfertigt durch die besondere Wichtigkeit der gesellschaftspolitischen Aufgabe der Integration, die nur von entsprechend qualifizierten Lehrkräften und Prüfern geleistet werden kann.“ (S. 16) Tatsächlich haben die Zusatzqualifizierungen nichts mit der Qualität der Aufgabe zu tun, sie dienen nur dazu, der Weiterbildungsindustrie Aufträge zu bescheren. An der Qualität der Kurse hat das BAMF überhaupt kein Interesse.

In der 20. Sitzung vom November 2012 wurde erklärt, wie das BAMF auf die Kostenerstattung von 2,94 € pro Teilnehmer pro Stunde kommt: das BAMF nimmt irgendwelche Preisentwicklungen, verrechnet sie mit irgendwelchen Zahlen des statistischen Bundesamtes, damit es sich seriös anhört, und kommt dann auf die Zahl von 2,94 €. Multipliziert man diese Zahl mit der Quersumme der letzten Lottozahlen, dann kommt für die Lehrkraft ein Stundenhonorar von 20 € heraus. Weiter gehen die Berechnungen dieser sogenannten „Expertenkommission“ nicht, denn dann würde es peinlich. Dass man als studierte Lehrkraft bei einem Vollzeitjob im staatlichen Auftrag noch mit Hartz IV aufstocken muss ist eine Schande für diese Kommission. Vielleicht hält man es deshalb für zumutbar, weil in den Integrationskursen zu 85% Frauen arbeiten, und die Minderbezahlung von Frauen in Deutschland eine alte Tradition ist. Die Hans-Böckler-Stiftung schreibt: "Frauen mit einem Master-Abschluss einer Universität verdienen durchschnittlich 3.827 Euro. Mit dem gleichen Abschluss bekommen Männer 4.530 Euro, also 703 Euro mehr." Man könnte hinzufügen: Frauen mit einem Master-Abschluss, die Ausländer in der deutschen Sprache unterrichten, verdienen nur 1000 Euro. Damit will die Bundesregierung offenbar verhindern, dass Anreize geschaffen werden, um MigrantInnen die Integration zu ermöglichen. Im Grunde ist so eine Bezahlung Bestandteil einer ausländerfeindlichen Politik. Wer will schon für 1000 Euro im Monat arbeiten?

In der 22. Sitzung vom Oktober 2013 ging es um das Thema der Scheinselbstständigkeit: „Frau Cichos berichtet von der Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung des LArbG München am 26.09.2013, die das Thema der Scheinselbstständigkeit von Lehrkräften streifte. Da das Verfahren sich durch Vergleich erledigte, ließ sich daraus nur folgern, dass es maßgeblich auf die organisatorische Struktur zwischen Kursträger und Lehrkraft ankomme.“ (Das Arbeitsgericht München hatte im Fall einer Integrationslehrerin beim Internationalen Bund Scheinselbstständigkeit festgestellt.) Die organisatorische Struktur zwischen Träger und Lehrkraft sieht genau so aus, wie die Struktur zwischen einer Schule und den LehrerInnen, die dort unterrichten: die Lehrkraft muss zu festgelegten Zeiten an festen Orten ein fest vorgegebenes Curriculum unterrichten und muss die vom BAMF vorgegebenen Listen ausfüllen. Es werden bestimmte Lehrbücher verwendet und bestimmte Qualifikationen vorausgesetzt, die vom Staat vorgegeben werden. Einen nennenswerten Unterschied zwischen der Arbeit an Schulen und in Integrationskursen gibt es nicht. Illegale Scheinselbstständigkeit samt ihrer zerstörerischen Auswirkungen auf die Lehrkräfte, die Träger und das Sozialversicherungssystem sind also bei Integrationskursen die Regel. Die Bewertungskommission sagt dazu nichts.

Sehr spannend ist auch die Frage, ob das BAMF in der Vergangenheit kontrolliert hat, dass Fahrgelder von den Trägern an die KursteilnehmerInnen weitergeleitet wurden. Das BAMF überweist dieses Geld an die Träger und hofft, dass die Träger das Geld weiterleiten. Nach unserem Wissen wurden Fahrgelder zum Teil erst 6 Monate nach Beendigung des Kurses an die TeilnehmerInnen überwiesen, natürlich ohne genaue Abrechnung über die Höhe der Fahrtkosten.
Wahrscheinlich versickert ein Teil der Steuergelder, die für Fahrtkosten vorgesehen sind bei den Trägern. Das BAMF will zwar genau wissen, ob ein Kursteilnehmer ein paar Minuten zu spät zum Unterricht erscheint (das ist wie in der Schule), aber ob die TeilnehmerInnen ihr Fahrgeld bekommen oder vom Träger betrogen werden ist dem BAMF herzlich egal.

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Re: Bewertungskommission
geschrieben von: Roswitha Haala ()
Datum: 10. Juli 2014 17:01

Herzlichen Dank Georg!

Noch eine paasende Ergänzung:

Aus der "Zweiten Verordnung zur Änderung der Integrationskursverordnung", S. 17:

"Zu Nummer 15 (§ 19) und Nummer 16 (§ 20)
Zur Umsetzung der im Dialogforum 7 „Sprache – Integrationskurse“ des Nationalen Aktionsplans Integration benannten Ziele wird das Trägerzulassungsverfahren reformiert.
Verstärkte Zuverlässigkeits- und Qualitätsanforderungen werden im Rahmen des Zulassungsantrags abgefragt (§ 19) und fließen in die Entscheidung des Bundesamtes (§ 20) ein. Das Bundesamt entscheidet über die Dauer der Zulassung anhand eines Punktesystems, bei dem den in § 20 Absatz 1 genannten Kriterien bestimmte Punktzahlen zugewiesen sind. Zusätzlich kann das Bundesamt außerhalb des Punktesystems die Dauer der Zulassung verkürzen, wenn eine Vergütungsgrenze für die Lehrkräfte unterschritten wird.
Bei der Erteilung der Zulassung weist das Bundesamt den Träger auf die Rechte seiner Lehrkräfte, beispielsweise die Rechtsprechung zu Ansprüchen von freiberuflich, aber arbeitnehmerähnlich Tätigen auf Urlaubsentgelt, hin.

Zu Nummer 17 (§ 20a)
Die Aufnahme eines gesonderten Zulassungsverfahrens für die Abnahme des Deutsch-Tests für Zuwanderer ist eine im Dialogforum 7 „Sprache – Integrationskurse“ des Nationalen Aktionsplans Integration benannte Maßnahme. Da außerdem durch den neu eingeführten skalierten Test „Leben in Deutschland“ nunmehr im Integrationskurs auch die für die Einbürgerung erforderlichen Kenntnisse nachgewiesen werden können, müssen die erhöhten Anforderungen an die Zulassung auch für diesen Test gelten.

Zu Nummer 18 (§ 20b)
Die Aufnahme einer auf die Besonderheiten der Integrationskurse zugeschnittenen Widerrufs- und Erlöschensregelung wird den Bedürfnissen der Praxis gerecht und dient der Bekämpfung von Missbrauch."


Merke besonders grell:"(...) wird den Bedürfnissen der Praxis gerecht und dient der Bekämpfung von Missbrauch."

Haha! Der neue Schuhschmunzeluh von Rechtsverständnis: Wird den Bedürfnissen der BAMF-Praxis gerecht, dient der Bekämpfung von Gesetzen und ermöglicht den behördlichen Missbrauch.

„Bei der Erteilung der Zulassung weist das Bundesamt den Träger auf die Rechte seiner Lehrkräfte, beispielsweise die Rechtsprechung zu Ansprüchen von freiberuflich, aber arbeitnehmerähnlich Tätigen auf Urlaubsentgelt, hin.“

Und berät sie insgeheim, wie sie dieses Recht umgehen können, da es aus der BAMF-Pauschale nicht finanzierbar ist.

Häschen hüpf, hüpf, hüpf...

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