Hallo Leute,

ich habe mich entschlossen, erst einmal doch - trotz der schlechten Bedingungen (wobei die Bezahlung für die Branche immerhin noch fair ist) - einen Integrationskurs (DaZ) zu geben; einfach, um praktische Erfahrungen zu sammeln, bevor ich aufwändig ins Ausland gehe oder so.

Mein erster Job wird jetzt allerdings kein normaler Integrationskurs von Anfang an sein (A0), sondern so ein Kurs, wo Leute, die das B1-Niveau nicht erreicht haben, noch einmal 300 Stunden bekommen.

Nun weiß ich nicht recht, wie ich mich auf den Kurs vorbereiten soll. Die Teilnehmer werden ja aus unterschiedlichen Kursen kommen, werden unterschiedliche Lehrkräfte gehabt haben, etc. Das Lehrwerk dürfte immerhin bei allen Schritte plus gewesen sein. Aber wo fängt man denn da nun an?
Rein am Lehrbuch entlanggehangelter Unterricht ist natürlich nicht schön, aber bei meinem ersten Kurs wollte ich mich möglichst schon daran orientieren, um nicht aus den Augen zu verlieren, was die Teilnehmer letztlich für ihre Prüfung können müssen.
Und binnendifferenzierter Unterricht schön und gut - aber ich kann ja nicht jeden Tag für jeden einzelnen Schüler Aufgaben für seine spezifischen Schwächen basteln.

Ihr, die ihr schon mal solche Wiederholungskurse gegeben habt:
Wie seid ihr vorgegangen? Kann man dann einfach bei Schritte plus 5 anfangen? Dann machen die das ja zum zweiten Mal...?

Stehe gerade echt auf dem Schlauch, also vielen Dank im Voraus für jeden Tipp!

MarcelBla:"(...) (wobei die Bezahlung für die Branche immerhin noch fair ist) (...)"

Hallo Marcel,

erhältst du 50 € je UE? Bei vernünftiger Vor- und Nachbereitung/V.+ N. kommst du auf 1 UE + 1 Std. V.+ N., macht 25 €/UE für deine Arbeit. Weniger als ein_e Handwerker_in.

"Fair" ist was Anderes.

Bei der Mini-Gage im Integrationskurs: Lehrwerk auswählen, sofern nicht vorgegeben und daran entlangarbeiten, gelegentlich Zusatzmaterialien einsetzen. Inhomogene Gruppen hast du überall - für manche TN ist es Wiedderholung, für manche neu, was du machst.

Wer individuellen Unterricht will, der auf den Leib geschrieben ist, soll dafür berappen.

@Roswitha: Deshalb schrieb ich "für die Branche" ;)

Es ging mir hier auch generell nicht um die Fairness dieses Jobs und auch nicht darum (@ Benjamin), wie wenig Mühe meinerseits die Bezahlung wert ist, sondern wie ich bei dieser Art von Kurs vorgehe, wenn ich meinen eigenen Ansprüchen nach einen guten Kurs leiten möchte.
[Ich habe auch nicht vor, diese Ausbeutung ewig mitzumachen, aber ganz ohne praktische Erfahrung habe ich einfach nicht das Selbstbewusstsein, mich "richtig" selbständig zu machen und/oder ins Ausland zu gehen.]

Aber was du schreibst, Benjamin, ist (auch wenn man den zynischen Ton rausnimmt) wohl richtig. Ich kann nicht Einzelunterricht für jeden einzelnen im Kurs machen.

So, wie ich es verstehe, müssen die ja auf Niveau B1 kommen (haben das bei der ersten Prüfung nicht geschafft); heißt das, ich kann bei allen von Niveau A2 ausgehen? Und steht irgendwo geschrieben, welche sprachlichen Mittel zum Niveau B1 gehören? Ich kenne nur diese recht theoretische Beschreibung:

"Kann die Hauptpunkte verstehen, wenn klare Standardsprache verwendet wird und wenn es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit usw. geht. Kann die meisten Situationen bewältigen, denen man auf Reisen im Sprachgebiet begegnet. Kann sich einfach und zusammenhängend über vertraute Themen und persönliche Interessengebiete äußern. Kann über Erfahrungen und Ereignisse berichten, Träume, Hoffnungen und Ziele beschreiben und zu Plänen und Ansichten kurze Begründungen oder Erklärungen geben."

Gibt es das irgendwo noch etwas konkreter?

@ Marcel, auch wenn es mir "etwas arg" widerstrebt dieses ausbeuterische BAMF-System durch Tipps zu unterstützen, zu deinem:

"(...) heißt das, ich kann bei allen von Niveau A2 ausgehen?" Dein Träger hat die detaillierten Prüfungsergebnisse der Teilnehmenden. Schau sie dir an!

"Und steht irgendwo geschrieben, welche sprachlichen Mittel zum Niveau B1 gehören?" Besorg dir z.B. "Mit Erfolg zum Deutsch-Test für Zuwanderer / Übungs- und Testbuch", Klett* in Zusammenarbeit mit... Ja! Dem Tochterunternehmen des DVV "telc Language Tests". Langenscheidt hat auch so eins.

*:"Weitere Informationen sowie Bewertungsbeispiele und die Kann-Beschreibungen des GER (Abk. v. mir) finden Sie im Handbuch für den Deutsch-Test für Zuwanderer (Anm. v. mir, es gibt auch Zuwandererinnen!) unter www.goethe.de ab S. 60 ff."

Viel persönlichen Erfolg, damit du schnell wieder rauskommst!

Roswitha

@ Roswitha: Super, vielen lieben Dank! Die Bücher schaue ich mir mal an!
Und ich frage mal dort wegen der Prüfungsergebnisse. Die haben mir leider noch praktisch gar nichts gesagt, weil die noch so im Kurse-Zurechtbasteln-Stress sind...

Zitat
Bei vernünftiger Vor- und Nachbereitung/V.+ N. kommst du auf 1 UE + 1 Std.

Das erscheint mir etwas übertrieben. Ein normaler IK-Tag besteht aus 5 UE und ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand für die Vor- und Nachbereitung 5 Stunden braucht - nicht mal ein Anfänger. Zur Honorarhöhe an sich stimme ich dir zu, das sollte natürlich bedeutend mehr sein, als es in der Realität ist.

Hallo Anna2,

bei 5 UE brauchst “du“ für die pure, pädagogisch vernünftige Vorbereitung mindestens 2,5 – 3 Std. zu Hause. Bei lerngruppenspezifischer, gezielter Binnendifferenzierung mehr. Gerade in besonders heterogenen Lerngruppen. Stellst „du“ spezielles Anschauungsmaterial zusammen, wird`s noch zeitaufwändiger. Erst recht in Alphakursen.

Beginnt der Unterricht um 8:45 bist „du“ spätestens um 8:20 da und am Rödeln. Ist viel zu kopieren, schon um 8 Uhr. Auf die 3 Modellprüfungen A1-A2-B1 muss durch Tests auf die 4 Fertigkeiten vorbereitet werden. Zusätzliche Korrekturen der Tests, der Briefe, Formulare fallen an. Letztere werden auch über zu kontrollierende Hausaufgaben bereits geübt. Bei schwachen Lerngruppen dauert die Korrektur länger. Vgl. hierzu mein Beitrag vom 28.08.14 "Antrag (...) Status" bzgl. Fach Englisch/GER an allgemeinbildenden Schulen/NRW/NDS: („nur“) 5 Klassenarbeiten in einem Schuljahr, 5 Schuljahre bis B1 (Fachoberschulreife)! Hauptschulabschluss Englisch/GER: A2 mit B1-Anteilen. Siehe auch a.a.O. Orientierungskurs und Gesellschaftslehre.

In früheren (und derzeitigen, höheren Niveau-Stufen) DaF-VHS-Kursen fand/findet die Vorbereitung auf die Niveau-Prüfungen in extra zu bezahlenden Wochenendkursen statt. Ob „du“ Tests in deinem Kurs durchführtest oder peng, war egal. Die freiwilligen Selbstzahler_innen waren stark eigenmotiviert. Brauchten keine „sozialpädagogische“ Betreuung durch die/den Kurs-Lehrer_in wie in IntV-Integrationskursen. Bei den DaF-Kursen für Spätaussiedler_innen gab es eine_n Sozialpädagogin/Sozialpädagogen, die/der mit den Migrationsdiensten zusammenarbeitete. Nicht so in den IntV-Kursen. Geblieben sind die Migrationsdienste.

Zusätzliche Zeit für Dokumentation/-en sowie Kursübergabe an die evt. Team-Kollegin. Besprechungen, Konferenzen mit der Fachbereichsleitung. Unbezahlte Fortbildungen, ob in Kursen oder im Selbststudium. Denk an 2009: Prüfer_innen mit einer gültigen (!) B1-Prüf.-Lizens mussten per BAMF-Zwang eine DTZ-Prüfer_innen-Schulung absolvieren oder durften nicht mehr prüfen. Aufräumen des Arbeitszimmers etc..

So kommst „du“ Alles in Allem bei den um 300 UE radikal verkürzten Ziel B1 - IntV-Integrationskursen für einen pädagogisch vernünftigen Unterricht auf 1:1.

Es gibt Lehrkräfte in allen Bereichen, die „Türschwellen-Pädagogik“ betreiben, ihren Streifen durchziehen und somit finanziell eindeutig effektiver arbeiten.

Bei 20 €/UE ist aber auch auf diese unpädagogisch unterschwellige Vorgehensweise in IntV-Integrationskursen – wie das GEW-Rechenbeispiel zeigt – monatlich nur maximal ein Nettoeinkommen von 990,85 €/Single möglich. So viel wie ein Maurerlehrling im letzten Ausbildungsjahr erhält!

Sodele:

„TVöD 13 ist die häufigste Entgeltgruppe für Uniabsolventen mit Diplom oder Master. Das Einstiegsgehalt liegt bei 3.186 €.

Stufe 1 (Neueinstellung)
3.271 €
Stufe 2 (nach 1 Jahr)
3.630 €
Stufe 3 (nach 3 Jahren)
3.824 €
Stufe 4 (nach 6 Jahren)
4.200 €
Stufe 5 (nach 10 Jahren)
4.720 €
Stufe 6 (nach 15 Jahren)
–
Tabelle gültig ab 01.01.2013. Angegeben sind die Monatsentgelte, abgerundet auf volle Euro.
Datum: 08/13
Quelle: oeffentlicher-dienst.info“

Klingelt`s? Gehalt nicht Honorar!

Vorteile: sozialversichert mit (verstecktem) Arbeitgeber_innen-Anteil, vollkommene Absicherung im Krankheitsfall, angemessener Renten- und ALG I-Anspruch, evt. Sonderzahlungen wie Weihnachts- und zusätzliches Urlaubsgeld.