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sich amüsieren/sich unterhalten: Bedeutungsunterschiede
geschrieben von: giovanna ()
Datum: 07. März 2005 16:00

Hallo, ich bin erst vor kurzem zufällig auf diese ganz tolle Web-Seite gestoßen!
Ich stelle mich kurz vor: ich heiße Giovanna, komme aus Italien und hege eine besondere Liebe für die deutsche Kultur und Sprache! Diese Leidenschaft begleiten aber zahlreiche Zweifel, die ich oft selber nicht lösen kann... deshalb bitte ich um Hilfe!!!

Mein erster Zweifel betrifft die Verben SICH AMÜSIEREN und SICH UNTERHALTEN: wenn ich mich nicht irre, sagt man: „ich habe mich SEHR amüsiert“ allerdings sagt man „wir haben uns VIEL unterhalten“. Gibt es einen Bedeutungsunterschied der Verben, die den abwechselnden Gebrauch von „viel“ bzw. „sehr“ bestimmt?

Nun zum semantischen Unterschied zwischen den Verben SCHMECKEN und MÖGEN:
Beispiel:
1- Fleisch mag ich nicht (im Allgemeinen mag ich kein Fleisch)
2- Fleisch schmeckt mir nicht.
Mir ist nicht klar, ob schmecken eine allgemeine Bedeutung wie mögen hat, oder ob es sich vielmehr nur auf den Geschmack des konkreten Essens bezieht, das ich gerade esse oder gegessen habe (z. B.: DAS Fleisch hat mir sehr gut geschmeckt).

Ich danke vielmals allen, die mir bei solchen Fragen behilflich sein können!
Tschüs
giovanna


Re: sich amüsieren/sich unterhalten: Bedeutungsunterschiede
geschrieben von: Karsten Fink ()
Datum: 07. März 2005 21:19


Hallo,

das finde ich ein interessantes Problem.

Ich denke, dass 'sehr' etwas wie 'stark' oder
'in hohem Grad', 'in hohem Maße' bedeutet.

'Viel' hat was mit Masse oder mit der Anzahl zu tun.


Manche Verben kann ich mit 'sehr' und 'viel', manche nur
mit einem der beiden bestimmen.

Ich weine viel. Ich weine jeden Tag. Ich weine oft.
Ich weine sehr. Ich weine sehr stark, sehr laut. Die
ganze Nachbarschaft hört mein Weinen, Heulen...

Ich lache viel. Ich lache über alles.
Ich lache sehr. (?)


Ich rede viel. Ich rede jeden Tag über die Müllers.

Ich rede sehr.* (falsch)

"Sehr" bezieht sich auf etwas, das man steigern kann.

Er redet sehr schnell. Hier wird mit 'sehr' nicht mehr das Verb
bestimmt, sondern ein Adverb.

Es schmeckt mir. Ich mag es. Das unterscheidet sich kaum.
Der Unterschied liegt im Artikel.

Fleisch schmeckt mir nicht. Ich hasse es. Ich esse es nie.

Das Fleisch schmeckt mir nicht. Ich esse sonst gern Fleisch, aber das
ist eine Katastrophe.

Der sogenannte bestimmte Artikel markiert das Nomen aber nicht immer als bestimmt:
Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Welcher Mensch denn?
Hier ist kein bestimmter Mensch gemeint, sondern alle Menschen.
Hier aber auch:
Ein Mensch ist die Quintessenz des Staubes?
Was haben Mensch und Tier gemeinsam?

viele Grüße

Karsten Fink










































Re: sich amüsieren/sich unterhalten: Bedeutungsunterschiede
geschrieben von: giovanna ()
Datum: 08. März 2005 13:35

Ganz vielen Dank für die ausführlichen und klaren Antworten!!!

Re: sich amüsieren/sich unterhalten: Bedeutungsunterschiede
geschrieben von: Stefan ()
Datum: 08. März 2005 13:45

Liebe Giovanna,

ich kann den Satz "ich habe mich sehr amüsiert" mit "ich habe mich gut unterhalten" paraphrasieren. Dagegen hat 'unterhalten' in dem Satz "wir haben uns viel unterhalten" eine andere Bedeutung; es heißt soviel wie "wir haben viele Gespräche geführt" oder "wir haben ein langes Gespräch geführt".

"Fleisch schmeckt mir nicht" und "Ich mag kein Fleisch" sind zwei Sätze, die ungefähr das gleiche aussagen. Das Verb "schmecken" hat zwei Bedeutungen im Deutschen:

1. 'einen Geschmack haben': Zitronen schmecken sauer (Zitronen haben einen saueren Geschmack.) Der Apfelkuchen schmeckte uns allen gut (Der Apfelkuchen hatte einen Geschmack, den wir alle für gut befanden).

2. 'etwas mit den Geschmackssinnen wahrnehmen': Der Knoblauch ist im Dressing ganz deutlich zu schmecken (Der Knoblauch ist mit dem Geschmackssinn ganz deutlich wahrzunehmen).

Wenn einem etwas schmeckt, dann heißt das, dass es einem gefällt, dass man es mag. Insofern sind die Beispielsätze, die Sie angeführt hatten, synonym.


Grüße
Stefan



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 08.03.05 14:09.

Re: sich amüsieren/sich unterhalten: Bedeutungsunterschiede
geschrieben von: giovanna ()
Datum: 11. März 2005 12:27

Hallo Stefan! Ich danke dir vielmals für die Antwort!
Da du und Karsten so nett sind, dürfte ich nochmals eure Hilfsbereitschaft "ausnutzen"?
Es geht um Präpositionen:
1- Man sagt z. B.:“ich gehe auf die Post“ oder auch „ich gehe zur Post“
Genauso: „ich gehe auf /zum Markt“
Aber ich habe ein Problem mit dem Wort „Platz“. Man benutzt nämlich „am“ für die lokale Angabe mit Zustandsverben. Aber wenn man Bewegung ausdrücken will, habe ich in Verbindung mit „Platz“ immer nur die Präposition „zum“ und nicht „an den“ gehört (wie z.B. „ich gehe zum Marienplatz“ und nicht „ich fahre an den Marienplatz“). Ist es eigentlich nur eine Frage des Stils, oder ist der zweite Satz „ich fahre an den Marienplatz“ tatsächlich falsch?

2- „Mein Auto ist kaputt. Ich muss es in die Werkstatt IN DER Goethestraße bringen“: ist hier der Dativ („in der Goethestraße“) richtig, oder soll es „in die“ heißen?

Auch der deutsche Satzbau bereitet mir oft Schwierigkeiten: welcher Satz ist richtig?
1a- Ich kann mein Auto nicht selbst in die Garage fahren
2a- Ich kann mein Auto in die Garage nicht selbst fahren

1b- Ich habe gestern für meinen Freund ein Geschenk gekauft.
2b- ich habe gestern ein Geschenk für meinen Freund gekauft“


Bezüglich des Satzbaus wird in vielen Deutschgrammatiken auf die TKMOL-Regel hingewiesen (zuerst Temporalangabe, dann kausal, modal und lokal). Eine Deutschlehrerin meinte einst jedoch, sie sei definitiv keine maßgebende Regel.


Vielen Dank für eure Hilfe!

Re: sich amüsieren/sich unterhalten: Bedeutungsunterschiede
geschrieben von: Stefan ()
Datum: 11. März 2005 14:32

Giovanna,

es wäre vielleicht besser gewesen, wenn Du Deine Frage unter einem neuen Thema gestellt hättest. Trotzdem antworte ich natürlich gerne.

1. „Ich gehe zum Marienplatz“ ist richtig und „ich fahre an den Marienplatz“ ist definitiv falsch.

2.Ich würde immer sagen: "Ich muss es in die Werkstatt in der Goethestraße bringen", weil man fragt: 'Wo ist die Werkstatt?' 'In der Goethestraße'. Würde man sagen "Ich muss es in die Werkstatt in die Goethestraße bringen", dann ist das stilistisch bedenklich, weil man gleich zwei Satzteile hat, die auf die Frage 'Wohin muss ich das Auto bringen?' antworten: 'In die Werkstatt.' In die Goethestraße.' Obwohl ich, wie gesagt, "... in die Werkstatt in die Goethestraße..." für schlechtes Deutsch halte, wirst Du Deutsche finden, die so sprechen.

Zu den Fragen zur Wortstellung im Satz:
1a- Ich kann mein Auto nicht selbst in die Garage fahren.
2a- Ich kann mein Auto in die Garage nicht selbst fahren.
1a ist m.E. die 'natürlichere Wortstellung, in 2a wird 'nicht selbst' stärker betont. Beide Sätze sind richtig.

1b- Ich habe gestern für meinen Freund ein Geschenk gekauft.
2b- ich habe gestern ein Geschenk für meinen Freund gekauft.
Es gibt praktisch keinen Unterschied, außer das in 2b 'für meinen Freund' stärker betont ist.

Die Deutschlehrerin hatte recht, wenn sie die TKMOL-Regel Regel als nicht maßgebend bezeichnet; dennoch kann es für Lerner manchmal von Vorteil sein, solche Regeln zu kennen: sie sind dann weniger unsicher, ob etwas Selbstformuliertes gut ist oder nicht.

Grüße aus der Türkei - nach Italien (?)

Stefan


Re: sich amüsieren/sich unterhalten: Bedeutungsunterschiede
geschrieben von: giovanna ()
Datum: 13. März 2005 11:01

Zuerst recht herzlichen Dank für die umgehenden und präzisen Erläuterungen! Diese Zweifel quälten mich schon lange!

Ja, tatsächlich habe ich auch bemerkt, dass ich besser ein neues Thema hätte anfangen sollen. Sorry...

Ich habe übrigens gesehen, dass du aus der Türkei schreibst...! Machst du dort gerade Urlaub? Aus welcher Stadt schreibst du? Ja, deine Grüße haben Italien - Venedig - erreicht!

Nochmals vielen Dank, und bis nächstes Mal!
giovanna

Re: sich amüsieren/sich unterhalten: Bedeutungsunterschiede
geschrieben von: Stefan ()
Datum: 14. März 2005 09:01

Liebe Giovanna,

ich lebe in der Türkei, und zwar in der Stadt Kahramanmaras, die sicherlich weitaus weniger berühmt ist als das schöne Venedig. Ich mache hier keinen Urlaub, sondern arbeite als Fremdsprachenlehrer.

Viele Grüße in die Stadt der Gondeln

Stefan

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