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Was ist "Vollzeit" bei DaF?
geschrieben von: miriam berger ()
Datum: 25. Juli 2014 22:35

Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen,

wer kann mir folgende Frage beantworten: Wenn ich in einem Büro bspw. als Sekretärin arbeite, arbeite ich mit 40 Stunden Vollzeit, mit weniger Wochenstunden bin ich eine Teilzeitkraft.
Aber wie rechnet sich der Stundenumfang eines Beschäftigungsverhältnisses auf den Unterrichtsbereich um, 40 Stunden unterrichten pro Woche kann man ja nicht. Wann also arbeitet ein Lehrer/eine Lehrerin Vollzeit?
Zum Hintergrund: Ich bin angestellte ! Lehrerin für DaF. Während die Kursteilnehmer/innen davon ausgehen, 4 Unterrichtsstunden à 45 Minuten zu besuchen, rechnet der Betrieb diese 4 UE in 3 Zeitstunden um (und bezahlt auch nur diese). Mit zwei Kursen à 4 X 45 Minuten komme ich auf 30 Zeitstunden pro Woche. Damit bin ich meiner Meinung nach keine Teilzeitkraft, der Betrieb würde das aber gerne so sehen.
Wer weiß mehr?
Danke und viele Grüße, Miri

Re: Was ist "Vollzeit" bei DaF?
geschrieben von: Roswitha Haala ()
Datum: 26. Juli 2014 16:21

Hallo Miriam,

bei Integrationskursen geht die GEW (Gewerkschaft) von 25 UE/Wo. aus. Für die Teilnehmenden gelten bereits 20 UE/Wo. als Vollzeitkurs (BAMF).
In muttersprachlichen Kursen z.B. Türkisch ohne RC an allgem. bild. Schulen in Niedersachsen sind es 27 UE/Wo. samt Entgeltgruppe-TVL 9 bzw. 10. Davon kann frau/man im Vergleich zu DaF-Kursen sehr gut leben!

Bis einschließlich Mitte 2005 rechnete die Bundesagentur für Arbeit bei Lehrkräften in der Weiterbildung, dass eine UE 1 Stunde Vor- und Nachbereitungszeit benötigt. Bei einem vernünftigen Unterricht ist dies auch der Fall.
Sprich bei 25 UE/Wo. + vernünftiger Vor- und Nachbereitung kommst du auf ca. 50 Stunden pro Woche.

Eine UE von 45 Minuten auf 60 Minuten umzurechnen ist einfach unzulässig, da die Präsenzanforderung an die Lehrkraft in 45 Min. höher ist als in einer Bürotätigkeit, im Handwerk, in der Sozialpädagogik etc..
Wird aber sehr gern getan. Als Gegenwehr bliebe da nur Unterricht allah Vortrag = Frontalunterricht. Wer`s kann... Hat aber mit Pädagogik rein gar nix zu tun!

UE = Unterrichtseinheit von 45 Minuten
RC = Rahmencurriculum/Lehrplan

Herzliche Grüße und viel Erfolg! Roswitha

Re: Was ist "Vollzeit" bei DaF?
geschrieben von: Joseph Roth ()
Datum: 26. Juli 2014 18:35

Hallo Miri,

Vollzeit ist wenn man in der Regel 37,5-40 Stunden in der Woche arbeitet. Alles was darunter liegt ist Teilzeit. 30 Arbeitsstunden die Woche wäre also Teilzeit, aber im Grunde genommen sehe ich vom Status her keinen großen Unterschied, ob man 30 oder 40 Stunden die Woche arbeitet. Es gilt der gleiche Kündigungsschutz, Urlaubsanspruch etc. Die Sozialbeiträge inkl.Arbeitgeberanteile berechnen sich auch nach dem Gehalt, d.h. unabhängig von den Arbeitsstunden.

Eine Vollzeitstelle in DaF ist ganz einfach dann vorhanden, wenn die Arbeitszeit 40 Stunden pro Woche beträgt. Zur Arbeitszeit gehört selbstverständlich die Vorbereitung dazu. Natürlich auch Bürotätigkeiten, Sprechstunden etc.
Bei der Fahrtzeit würde ich sagen, dass eine Hin-und Rückfahrt pro Tag zum Arbeitgeber keine Arbeitszeit ist. Das gilt dann aber nicht, wenn man zum Beispiel zwischendurch von einem Kunden der Schule zu einem anderen fährt.

Ich würde mal vermuten, dass dein Arbeitgeber massiv gegen die Arbeitszeitgesetze verstößt. Das kann mitunter sehr teuer werden. Die Strafen bei einem Verstoß gehen bis zu 15000€. Ich würde mir das auf jeden Fall nicht bieten lassen.

Viele Grüße

Joseph

Re: Was ist "Vollzeit" bei DaF?
geschrieben von: iriam Berger ()
Datum: 28. Juli 2014 09:25

Vielen Dank für eure Antworten.
Eine Rolle spielt die Frage Vollzeit oder Teilzeit z.B. beim Bildungsurlaub.
Ich habe das Recht auf 5 Tage im Jahr, die ich in zwei Jahren akkumulieren kann, d.h. ich kann 10 Tage Bildungsurlaub innerhalb von 2 Jahren beanspruchen. Voraussetzung: Ich arbeite Vollzeit. Wenn der Arbeitgeber kontert: "Sie arbeiten mit 30 Stunden doch nur Teilzeit. Ihnen stehen also keine 10 Tage zu", dann brauche ich das entsprechende Argument und hatte gehofft, dass es irgendwo eine offizielle Aussage (z.B. von der GEW) gibt.

Immer wieder sehe ich in Stellenangeboten auch die Angabe "Vollzeit" und stelle mit Entsetzen fest, dass die wirklich davon ausgehen, dass man bis zu 40 Stunden unterrichtet; die Bedingungen (nicht nur) im DaF-Bereich werden immer grauenhafter, finde ich.
liebe Grüße
Miri

Re: Was ist "Vollzeit" bei DaF?
geschrieben von: Joseph Roth ()
Datum: 28. Juli 2014 19:20

Das Argument des Arbeitgebers finde ich nicht plausibel. Wenn ich 30 Stunden arbeite, dann arbeite ich 6 Stunden am Tag und das bedeutet, dass ich 5 Tage á 6 Stunden Anspruch auf Bildungsurlaub habe. Natürlich aber dann nicht 5 Tage à 8 Stunden, sonst müsste der Arbeitgeber ja Überstunden bezahlen. Beim normalen Urlaub ist das doch auch so.

Dass die Bedingungen im DaF-Bereich immer grauenhafter werden, liegt aber nicht nur an den Anbietern oder Arbeitgebern. Es gehören immer zwei Seiten dazu und die Lehrkräfte, die das mit sich machen lassen, sind ebenfalls für die Situation verantwortlich.

Re: Was ist "Vollzeit" bei DaF?
geschrieben von: Roswitha Haala ()
Datum: 29. Juli 2014 13:58

Hallo Miriam,

mail mich an, dann mail ich dir die passende, vorlegbare GEW-Aussage.

Bis dahin, Roswitha

60 Stundenwoche rechtlich möglich?
geschrieben von: Maria Wiesbaum ()
Datum: 30. Mai 2017 21:38

Hallo liebe DaF-Kollegen,

mich würde arbeitsrechtlich mal interessieren, ob die 60 Stundenwoche eigentlich erlaubt ist: Mir wurde ein Arbeitsverhältnis als Deutschlehrerin angeboten, welches mit 40 zu haltende Stunden pro Woche berechnet war. Ergibt mit Vor- und Nachbereitung die 60 Stundenwoche, nicht wahr?. Ist das erlaubt?
Für diese Fehldisposition an Arbeitszeit wurde mir ein Gehalt von 2400 Euro pro Monat geboten. Gibt es für Deutschlehrer keinen Mindestlohn? Und wenn ja: Wo kann ich das denn anzeigen? Denn dieses Angebot kann doch nur widerrechtlich sein, oder? Grüße Maria

Re: Was ist "Vollzeit" bei DaF?
geschrieben von: DaF2000 ()
Datum: 31. Mai 2017 15:00

Zitat
Maria
mich würde arbeitsrechtlich mal interessieren, ob die 60 Stundenwoche eigentlich erlaubt ist:

Wo kein Kläger, da keine Klage. Wenn dies in einem ordentlichen Gerichtsverfahren geklärt würde, wäre es sicher nicht schlecht.

Ich denke, dass jeder politisch unabhängige Richter ein eindeutiges Urteil fällen würde, wonach die Stundenzahl derjenigen von Lehrern an staatlichen Schulen entsprechen muss.

Re: Was ist "Vollzeit" bei DaF?
geschrieben von: Caruso ()
Datum: 02. Juni 2017 05:33

Natürlich ist das auch eine arbeitsrechtliche Frage. Aber eben nicht nur. Ein Bildungsträger, der von einer Lehrkraft einen 60-Wstd.-Einsatz von einer Lehrkraft erwartet ist nicht nur eine Katastrophe für die bei diesem beschäftigten Lehrkräfte.
Vielmehr ist ein solcher eine Katastrophe für die "Bildung" überhaupt, wo Quantität mehr zählt als Qualität. Auch für die Schüler/TN muss ein solcher Anbieter eine absolute Nullnummer sein. Ein solcher Veranstalter hat keine Ahnung von Bildung und wie man diese vermittelt und hätte deswegen auch keine Existenzberechtigung auf dem Bildungsmarkt. Es gibt in dieser Welt immer wieder Vieles, was man sich gerne ersparen kann und eigentlich übeflüssig ist wie ein Kropf.

Zitat

Wo kein Kläger, da keine Klage. Wenn dies in einem ordentlichen Gerichtsverfahren geklärt würde, wäre es sicher nicht schlecht.

Re: Was ist "Vollzeit" bei DaF?
geschrieben von: Erwin Denzler ()
Datum: 10. Juni 2017 10:00

60 Arbeitsstunden sind ausnahmsweise erlaubt. Als Grenze gelten 8 Stunden pro Werktag, die um bis zu zwei Stunden überschritten werden dürfen - da auch der Samstag ein Werktag ist, ergibt das 6 x 10 = 60 Stunden. Dann muss aber ein Ausgleich innerhalb von 24 Wochen erfolgen.

Inwieweit diese Stunden auch bezahlt werden müssen (und wann genau), richtet sich nach dem Arbeitsvertrag und falls das Unternehmen unter den Mindestlohn Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen fällt (= wenn es überwiegend Maßnahmen nach SGB II und III durchführt) auch nach der Verordnung dazu.

Das Problem wird aber der Nachweis sein, soweit die Arbeit als Vor- und Nachbereitung zuhause stattfindet. Und der Arbeitgeber wird vermutlich abstreiten, dass er eine so umfangreiche Vorbereitung verlangt hat.

Nachdem nun viele Honorarverträge in solche Arbeitsverhältnisse umgewandelt wurden, wären auch dafür Vorgaben des BAMF notwendig, z.B. zur Höhe des Gehaltes und dazu, wie das Verhältnis von Unterrichtszeit zu Arbeitszeit ist. Die Regelungen an öffentlichen Schulen können ein Muster dafür sein.

E.D.

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