„Eigeninitiative“ und „Selbsttätigkeit“: zwei Prinzipien eines liberalen Bildungssystems. Eine
voraussetzungslose Selbstverständlichkeit für alle?

- Kurze Verlautbarung im Kontext „Integrationskurse/ Deutsch als Fremdsprache“ -


Aufgrund der autoritär-illiberalen, teilweise diktatorischen Strukturen in vielen Herkunftsländern der Migranten und infolge einer zumeist inhaltlich überaus dürftig ausgestatteten politisch-sozialen Aufklärung, die den Wissenshorizont der jeweiligen Bevölkerung prägt und gerade in ihrer erwähnten Unzulänglichkeit auf autokratische Herrschaftsausübung nachdrücklich zurückzuführen ist, kann das Bewusstsein des in Deutschland eingewanderten Individuums häufig für das Erfordernis, die mit der Inanspruchnahme von zumeist staatlicherseits zur Verfügung gestellten Bildungsmöglichkeiten sich bietende Weiterentwicklung der Ich-Identität, der Persönlichkeit und ihrer Lebensperspektiven in den eigenen Verantwortungsbereich zu integrieren, sozusagen in eigene Regie zu nehmen, soweit dies unter den Bedingungen eines Rechts- und Sozialstaates in demokratischer Verfassung eben möglich und auch zumutbar ist, als Einzelperson, um es konkret zu formulieren, sich nicht etwa nur instruieren zu lassen, sondern sich auch im hier angesprochenen Fall der Einwanderung auf die eigenverantwortliche Verwirklichung von Bildungsabsichten nach Möglichkeit mit entsprechender Ausdauer zu konzentrieren, kurzum: Aufgrund unzureichender Voraussetzungen kann das Bewusstsein eines „ehemaligen Untertanen“ für das Erfordernis selbstmotivierter Tätigkeit gerade auch als Impuls für liberale gesellschaftsrelevante Entwicklungsprozesse verständlicherweise in der Regel nicht sonderlich ausgeprägt sein. Natürlich sind auch hier schichten- und bildungsspezifische wie individuell bedingte Ausnahmen und Unterschiede zu konstatieren, auch zeichnen sich – darauf sei angesichts der momentan im Oktober 2019 erfolgenden Überarbeitung des vorliegenden Textes von 2015 hingewiesen - seit einiger Zeit mit Bezug auf die vorliegende Thematik durchaus positive Entwicklungen ab …

Gleichwohl bleibt festzuhalten:
Die Verantwortungslosigkeit diktatorischer Obrigkeiten in der Welt sowie die Infamie autoritärer, auf Disziplinierung, Unterdrückung und Ausbeutung von Menschen setzender Strukturen und Mechanismen hinterlassen in ihrer Inhumanität und Nichtswürdigkeit gerade auch in dem recht sensiblen Bereich von Kultur, Bildung sowie Persönlichkeitsentwicklung ihre sichtbaren Spuren.

Die Aufgaben unseres Bildungssystems treten desto deutlicher hervor ...

Michael Pleister, d. 03.07.2015, überarbeitete Fassung v. 07.10.2019



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 08.10.19 02:49.

Ich sehe das etwas anders. Ich habe nämlich in solchen Ländern lange gelebt und auch unterrichtet, Master- und Promptionsarbeiten betreut - davon aber nur z. T. im Bereich DaF.

Wie in westlichen Gesellschaften sonst auch hängen Kreativität, der Level kritisch-analytischen Denkens und auch ein gewisser Wissensstand, die Eignung für ein bestimmtes Fachgebiet usw. primär von der Persönlichkeit des Betreffenden ab.

Eingeschränkt wird dieses Potenzial oft durch fehlende, neueste Fachliteratur, die in Ländern wie China, Nepal oder Kenia nur schwer zugänglich ist oder durch mangelnde Infrastruktur im Internet oder instabiler nationaler/regionaler Versorgung mit Elektrizität. Dennoch ist - wenn auch unter erschwerten Bedingungen - so manche anerkannte wissenschaftliche Arbeit herausgekommen.

Lernverhalten in Bezug auf Eigeninitiative und Selbständigkeit bzw. Selbsttätigkeit hängen vor allem von Sozialisationsfaktoren in den jeweiligen Gesellschaften, also auch den nicht-westlichen, ab. Für DaF heißt das, dass auch hier eher solche individuellen Faktorten ausschlaggebend sind - es gibt da solche und solche. Und in den Integrationskursen wird man eben auch eher bildungsaffine und bildungsferne Teilnehmer finden.