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Immer auf Ende und Abschied ausgerichtet
geschrieben von: Maikika ()
Datum: 17. Januar 2015 12:12

Hallo zusammen,

wie geht ihr mit der paradoxen Anforderung in DaF-Sprachkursen (keine Integrationskurse) um,

- dass man sich für jeden einzelnen Lerner interessieren soll,
- dass man eine offene und angenehme Atmosphäre schaffen soll,
- dass man ein Zusammenwachsen der Gruppe unterstützen soll,
- dass man die Lerner zum Weiterlernen (innerhalb der Gruppe) motivieren soll,

aber andererseits

- von Beginn jedes Kurses an das Ende des Kurses und den Abschied von den Teilnehmern berücksichtigen muss.

Gerade in DaF-Kursen ist durch Umzüge, kürzere Aufenthalte in Deutschland (Aupair, Zeitverträge) die Fluktuation größer als in anderen Sprachkursen. Gleichzeitig soll der Kurs ein Ort sein, an dem sich die Teilnehmer wohl und gut aufgehoben fühlen und der auch eine Kontinuität verspricht.

Als Dozentin bin ich aber damit konfrontiert, dass auch ein gut laufender Kurs plötzlich (durch individuelle Entscheidungen) endet. Wenn man sich jedoch darauf eingestellt hatte, dass der Kurs (nach ein paar Wochen Ferien) weiterläuft und man seine vertrauten Teilnehmer/innen wiedersieht und einfach thematisch auch daran anknüpfen kann, was man zuletzt (vor den Ferien gemacht hatte), dann ist das wirklich traurig und bitter.

Kennt ihr solche Situationen? Könnt ihr nette Beziehungen in den Kursen knüpfen und gleichzeitig oberflächlich genug sein, dass es euch nicht zu schaffen macht, wenn einzelne (aktive, engagierte, sympathische) Teilnehmer unvorhersehbar oder auch nach kurzer Erklärung verschwinden oder ein gesamter Kurs sich auflöst? Wie kann man sich einlassen auf Menschen und gleichzeitig das Ende der Bekanntschaft von Anfang an mitdenken?

(Hört sich vielleicht "heulsusig" an, aber zurzeit plagt mich das wirklich.)

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Re: Immer auf Ende und Abschied ausgerichtet
geschrieben von: chama leonte ()
Datum: 18. Januar 2015 14:45

Liebe Maikika,

du sprichst ein Thema an, dass natürlich emotional immer aktuell bleibt.
Ich unterrichte seit 1995 und lebe dieses Gefühl immer und immer wieder seit Jahrzehnten durch und denke mir oft am Ende eines Kurses, dass es wie ein kleines Sterben ist, die Leute zu verlieren und ich es oft satt habe, immer wieder neu anzufangen in dem Bewusstsein, dass nach 5 Wochen oder manchmal schon früher, diese Personen wieder aus meinem Leben verschwinden.
Wahrscheinlich kommt dies durch Vermischung von persönlicher und professioneller Ebene zustande. Man sucht in diesem Job immer irgendwie eine persönliche Selbstverwirklichung - vielleicht auch als Kompensation zur miserablen sozialen Rahmensituation wie Bezahlung und gesellschaftliche Einstufung...Flugs ist die persönliche Ebene schon da und die damit verbundenen Verlustängste.
Leider gehören das Bewusstsein dieser Trennungen eben zu unserem Job dazu und unsere Aufgabe ist, weniger die von dir oben genannten Kriterien `real` zu vermitteln, sondern deren Illusion und das möglichst glaubhaft. Eben wie ein Schauspieler, ohne sich zu nahe kommen zu lassen...

Alles Gute
Chama

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Re: Immer auf Ende und Abschied ausgerichtet
geschrieben von: Maikika ()
Datum: 23. Januar 2015 18:06

Liebe Chama,
danke für deine Einschätzung und deine Erfahrungen!

Du beschreibst die Situation ebenso wie ich sie erlebe. Immer wieder von vorn anfangen müssen, immer wieder Abschied zu nehmen und dann wieder neuen Kontakte aufzubauen.

Die Gründe für eine Vermischung von persönlicher und professioneller Ebene sehe ich nicht nur in der schlechten Bezahlung (obwohl deine Argumentation bestens nachvollziehbar ist), sondern auch

- in der Art der Arbeit. Sprache zu unterrichten bedeutet eben Kommunikation mit Menschen. Damit die Kommunikation für die Teilnehmer bedeutsam und sinnvoll wird, werden natürlich nicht nur Lehrbuchtexte rezitiert oder Lehrbuchdialoge eingeübt, sondern Meinungen ausgetauscht und persönliche Infos gegeben. Natürlich haben alle Beteiligten (Teilnehmer und Dozent/in) das Recht, nur fiktive Meinungen und Sachverhalte zu äußern, aber meistens ist doch mein Eindruck, dass die TN wirklich von sich (persönlich) und ihren Ansichten und Erfahrungen berichten. Und ich selbst habe eigentlich auch keine Lust, mir eine "Fake"-Identität zuzulegen, um ausgedachte Antworten parat zu haben.


- im Einzelgängertum als Sprachdozent/in. In anderen Jobs arbeitet man oft in einem Team und/oder in einer Abteilung mit anderen Kollegen zusammen oder man hat je nach Aufgabe und je nach Projekt auch abteilungsübergreifenden Kontakt. Da entstehen oft verlässliche Kontakte, gute Bekanntschaften oder auch Freundschaften, die teilweise außerhalb der Arbeit fortgesetzt werden. Als nicht-angestellte Sprachdozentin bin ich Einzelkämpferin: daheim bei der Vorbereitung und im Kurs bei der Durchführung. Der einzige Kontakt sind also die "Kunden", sprich die Teilnehmer/innen, mit denen durch die Art der Arbeit auch eine (vermeintliche) Nähe und ein Gefühl der Verbundenheit entstehen.

Außerdem ziehen die Teilnehmer und die Dozenten am selben Strang, denn das gemeinsame Ziel (das aus zwei unterschiedlichen Richtungen angegangen wird) ist es, Sprachkenntnisse auf- bzw. auszubauen. Auch dieses gemeinsame Ziel fördert doch die Illusion eines "Teams".

Du schreibst: "unsere Aufgabe ist, weniger die von dir oben genannten Kriterien `real` zu vermitteln, sondern deren Illusion und das möglichst glaubhaft. Eben wie ein Schauspieler, ohne sich zu nahe kommen zu lassen..." Ja, scheint so. :-(

Viele Grüße und alles Gute für 2015
Maikika

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