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Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: Tomas ()
Datum: 16. Dezember 2008 21:35

Hallo, also normalerweise lese ich über den Spiegel einfach so weg.

Aber neulich hatte ich mit einem DaFler einen Text aus der Nr 39 vom 24.09.07 näher analysiert und habe Fragen dazu.

Es geht um Sarkozys Reformprogramm.

1.)

"Versteckt in den Parkanlagen von Versailles, bot das Jagdschloss aus der Zeit Ludwigs XV. bis zum Mai den französischen Ministerpräsidenten eine Sommerfrische."

Das hört sich irgendwie nicht so gut an? Wäre der Satz auf Deutsch stilistisch nicht eleganter, wenn man folgendermaßen schreiben würde (Partizip nach den Zusatzangaben + bis zum Mai, erst nach der Sommerfrische)?

"In den Parkanlagen von Versailles versteckt, bot das Jagdschloss aus der Zeit Ludwigs XV. den französischen Ministerpräsidenten eine jährliche Sommerfrische bis zum Mai."

(Da Ministerpräsident im Plural steht, folgerte ich sinngemäß, dass die französischen Ministerpräsidenten schon immer dieses Schloss jeweils als Sommerfrische bis zum Mai zu nutzen pflegten.

Die Nachstellung des Partizips erscheint mir stilistisch besser.)

2.)

"Hier, im "Pavillon de la Lanterne", empfing Nicolas Sarkozy, 52, am vorvergangenen Wochenende die Spitzen von Frankreichs einflussreichsten Gewerkschaften"

Der Satzanfang erscheint mir zu zerhackt durch die vielen Kommas und recht losen Adverbialbestimmungen.

Ich formulierte daher um, wie folgt:

"Hier empfing der 52-jährige Nicolas Sarkozy Frankreichs wichtigste Gewerkschaftsführer am vorvergangenen Wochenende im "Pavillon de la Lanterne"."

Sind meine Syntaxkritiken gerechtfertigt und meine Umformulierungen gut? Eigentlich finde ich es schrecklich, dass, wenn man rein zufällig aus einer Illustrierten vier oder fünf Sätze auswählt, man gleich auf solche Syntaxmonster stößt. Oder ist das nur ein rein subjektives Empfinden, und die Originalsätze sind gar nicht so schlecht?

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Re: Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: Redeker, Bangkok ()
Datum: 17. Dezember 2008 07:48

Guten Morgen Tomas,

Sie haben recht, es handelt sich um eine Frage des Stils.

Mit den kurzen, "abgehackten" Informationshäppchen imitieren die Journalisten des "Nachrichtenmagazins" den Sprechstil von Fernseh-Korrespondenten.

Ihre Umformulierungen sind natürlich auch korrekt und eher schriftlich berichtender Erzählstil.


Mit freundlichen Grüßen

Michael Redeker

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Re: Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: Der Lette ()
Datum: 17. Dezember 2008 09:11

Hallo Tomas,

es gibt viele linguistische Untersuchungen zum "Spiegel-Deutsch". Diese beiden Fälle scheinen mir jedoch eher von allgemeinerem Interesse. Kurz zu den konkreten Sätzen:


1.)

"Versteckt in den Parkanlagen von Versailles, bot das Jagdschloss aus der Zeit Ludwigs XV. bis zum Mai den französischen Ministerpräsidenten eine Sommerfrische."

Das hört sich irgendwie nicht so gut an? Wäre der Satz auf Deutsch stilistisch nicht eleganter, wenn man folgendermaßen schreiben würde (Partizip nach den Zusatzangaben + bis zum Mai, erst nach der Sommerfrische)?

"In den Parkanlagen von Versailles versteckt, bot das Jagdschloss aus der Zeit Ludwigs XV. den französischen Ministerpräsidenten eine jährliche Sommerfrische bis zum Mai."


Nein, das wäre nicht eleganter - du würdest hier die Ortsangabe "in den Parkanlagen" durch die Erststellung betonen. Wichtig ist jedoch, dass es "versteckt" ist. Dieses "bis zum Mai" ist für mich ohne Kontext schwer einzuordnen; ist auch verwirrend, da dann der Sommer erst beginnt.

(Da Ministerpräsident im Plural steht, folgerte ich sinngemäß, dass die französischen Ministerpräsidenten schon immer dieses Schloss jeweils als Sommerfrische bis zum Mai zu nutzen pflegten.

Die Nachstellung des Partizips erscheint mir stilistisch besser.)




2.)

"Hier, im "Pavillon de la Lanterne", empfing Nicolas Sarkozy, 52, am vorvergangenen Wochenende die Spitzen von Frankreichs einflussreichsten Gewerkschaften"

Der Satzanfang erscheint mir zu zerhackt durch die vielen Kommas und recht losen Adverbialbestimmungen.

Ich formulierte daher um, wie folgt:

"Hier empfing der 52-jährige Nicolas Sarkozy Frankreichs wichtigste Gewerkschaftsführer am vorvergangenen Wochenende im "Pavillon de la Lanterne"."


Das geht nicht - "im 'Pavillon de la Lanterne'" ist ja eine nähere Erläuterung zu "hier" und erklärt dieses Ortsadverb, das ohne dies einen anderen Bezug gewönne. Der Ausgangssatz ist zu lesen als: "Hier, genauer gesagt im 'Pavillon de la Lanterne', ...".

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Re: Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: Tomas ()
Datum: 17. Dezember 2008 15:10

Hmm...Danke.

Michael gibt mir etwas recht, der Lette widerspricht mir hingegen.

Speziell zum Letten:

Ich dachte irgendwie, dass, wenn man zu Beginn eines Satzes viele Adverbialbestimmungen durch ein Komma abtrennt, das dann ein Gallizismus bzw. ein Anglizismus wäre.

Aber verstehe ich Sie nun richtig, dass es in diesem Fall eben nicht mehrere Adverbialbestimmungen sind, sondern dass "Pavillon de la Lanterne" als Teil der Ortsbestimmung zu "hier" mit dazu gehört,

und dass man daher auch in gutem Schriftdeutsch das so schreiben kann, weil es nur eine Adverbialbestimmung ist trotz des Kommas?

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Re: Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: Der Lette ()
Datum: 17. Dezember 2008 20:44

Ich dachte irgendwie, dass, wenn man zu Beginn eines Satzes viele Adverbialbestimmungen durch ein Komma abtrennt, das dann ein Gallizismus bzw. ein Anglizismus wäre.


Hm... kann ich nicht recht beurteilen, aber es scheint mir hier durchaus begründet und keine irgendwie beeinflusste Modeerscheinung. Bei Thomas Mann kann man solche Satzanfänge durchaus finden.


Aber verstehe ich Sie nun richtig, dass es in diesem Fall eben nicht mehrere Adverbialbestimmungen sind, sondern dass "Pavillon de la Lanterne" als Teil der Ortsbestimmung zu "hier" mit dazu gehört,

und dass man daher auch in gutem Schriftdeutsch das so schreiben kann, weil es nur eine Adverbialbestimmung ist trotz des Kommas?


Ja, würde ich sagen. Insbesondere ein solches "hier" schreit geradezu nach einer näheren Bestimmung, was denn nun "hier" sei. Ist aber sicherlich diskutabel...
Schönen Gruß

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Re: Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: jero ()
Datum: 17. Dezember 2008 21:31

Tomas schrieb:
-------------------------------------------------------
...
> Sind meine Syntaxkritiken gerechtfertigt und meine
> Umformulierungen gut? ...



Hallo Tomas,

ich würde dazu auch sagen: Nein. Sie sind weder gerechtfertigt (im Sinne von "notwendig") noch besonders "gut", also ich meine, dass es dadurch besser oder gar eleganter klänge.

(Umstellungen an sich sind natürlich in vielerlei Weise möglich!)

jero
www.cafe-deutsch.de



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 17.12.08 21:33.

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Re: Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: Tomas ()
Datum: 18. Dezember 2008 20:10

Jero, leider verstehe ich deinen Kommentar genauso wenig wie diesen enigmatischen Spiegel-Satz über die nur bis Mai andauernde Sommerfrische der französischen Präsidenten.

Wenn meine Kommentare weder gerechtfertigt noch gut sind, wieso machen sie dann aber trotzdem alles besser und eleganter?

Wenn etwas besser (Komparativ von gut) und eleganter klingt, dann ist es doch auch irgendwie gut und gerechtfertigt oder doch nicht?

Michaels Kommentar leuchtet mir jetzt hingegen langsam ein. Also im Fernsehen würde da so ein Reporter dann vor Ort stehen und in etwa sagen: "Hier, im Pavillon de la Lanterne", also mit dem "Hier" würde er nochmals betonen, dass er selbst mit der Kamera vor Ort ist oder so.

Aber in einem geschriebenen Text könnte man auf das "Hier" locker verzichten und gleich mit dem "Pavillon de la Lanterne" loslegen.

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Re: Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: Tomas ()
Datum: 18. Dezember 2008 20:13

PS:

Die Sache mit der Umstellung des Partizips,


"Versteckt in den Parkanlagen von Versailles" als exotische Konstruktion im Vergleich mit

"In den Parkanlagen von Versailles versteckt" als typisch deutsche Konstruktion,

hat noch gar niemand kommentiert?

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Re: Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: jero ()
Datum: 18. Dezember 2008 20:33

Tomas schrieb:
-------------------------------------------------------
> PS:
>
> Die Sache mit der Umstellung des Partizips,
>
>
> "Versteckt in den Parkanlagen von Versailles" als
> exotische Konstruktion im Vergleich mit
>
> "In den Parkanlagen von Versailles versteckt" als
> typisch deutsche Konstruktion,
>
> hat noch gar niemand kommentiert?


Hallo Tomas,

du hast meine Bemerkung falsch verstanden, aber ich habe noch mal nachgelesen: Man kann sie durchaus falsch verstehen. Der "Halbsatz": "...dass es dadurch besser oder gar eleganter klänge" bezog sich auf das "gut" des übergeordneten Satzes und dieses "gut" war ja bereits verneint. Deshalb habe ich die Verneinung nicht wiederholt. Der Konjunktiv "klänge" hätte für dich allerdings ein Indiz sein können. Es war also eine Erklärung dafür, was ich mit "nicht gut" meine!

Man muss da einiges schreiben, wenn man erklären wollte, warum die von dir kritisierten Sätze normal sind. Ich müsste auch noch mal bei der Rechtschreibung nachforschen (mir geht da noch einiges durch den Kopf), aber dazu hab' ich gerade wenig Lust. Deshalb sollte meine Stellungnahme nur zeigen, dass es nicht nur "der Lette" ist, der die Ausgangssätze ok findet. Erklärt hat er es ja.

In meinem letzten Satz eben siehst du etwas Ähnliches wie in dem Satz, nach dem du oben noch mal fragst (Partizipialgruppe). Ich versuche es mal ganz kurz zu machen: Es gibt eine normale Satzstellung (nicht nur bezüglich des Verbs). Will man etwas besonders hervorheben, gibt es neben anderen Mitteln die Möglichkeit, es auf einen "nicht-normalen" Platz zu stellen. Indem man das Partizip auf den ersten Platz stellt, wird es besonders hervorgehoben. Das ist völlig ok, wenn der "Autor" das "Versteckt-Sein" betonen will, wenn ihm das also besonders wichtig ist.

Exotisch ist das nicht!

jero
www.cafe-deutsch.de

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Re: Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: Tomas ()
Datum: 18. Dezember 2008 22:57

Danke ich verstehe Deine Einwände und kann sie nachvollziehen. Vielen Dank!

Vielleicht bin ich selbst schon langsam etwas aufgerieben von der Lehrroutine, weil ich in zahlreichen Übungen DaFlern immer wieder von Neuem erläutere, dass im Deutschen bei Partizipialkonstruktionen diese ganzen Ergänzungen zumindest im Standardsatz vor das Partizip gestellt werden, wohingegen in meiner Zweitsprache tatsächlich systematisch immer genau das Gegenteil gemacht wird, also das Partizip vor seine Ergänzungen gestellt wird.

Natürlich kann ich Deine Zusatzinterpretationen nun richtig verstehen und ich sehe ein, dass mit jeder Umstellung von Satzteilen dann eine neue Interpretation des Geschriebenen einhergeht.

Ich würde mir jedoch beim Lesen eines Sachtextes im Spiegel, der zum Ziel hat, über Sarkozys Reformen aufzuklären, in dem also etwa steht, dass Sarkozy Staatsausgaben mit Renten im öffentlichen Dienst kürzen will, dass die Arbeiter der Pariser Nahverkehrsbetriebe weniger Privilegien haben sollen und Vieles mehr, nicht auch noch überlegen wollen, wie versteckt nun das Jagdschloss in Versailles liegt.

Aber ich verstehe nun die ganze Logik der Sätze, und sie sind denn anscheinend doch viel lyrischer und inhaltlich anspruchsvoller, als es zunächst den Anschein hat...?

Und jede Spiegelausgabe hat ja so an die 200 Seiten, meine Güte, wer soll die alle lesen?

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Re: Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: jero ()
Datum: 20. Dezember 2008 11:06

Hallo Tomas,

die obige Umstellung ist eigentlich ganz normal, schau mal:

1) Er hat ihn nicht gefragt.
=> Gefragt hat er ihn nicht.

2) Er kann das eigentlich nicht wollen.
=> Wollen kann er das eigentlich nicht.

3) Von allen Seiten beobachtet, traute sie sich nicht mehr.
=> Beobachtet von allen Seiten, traute sie sich nicht mehr.

Das heißt (für mich), man sollte eigentlich nur sagen, dass das finite (konjugierte) Verb einen strengen festen Platz hat; der zweite Teil des Prädikats offenbar nicht so.

jero
www.cafe-deutsch.de

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Re: Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: Tomas ()
Datum: 20. Dezember 2008 21:22

In den Sätzen eins und zwei sehe ich keinerlei Fragestellung, die sind klar wie Klossbrühe (sagt man so?).

Das Problem beginnt für mich bei Satz drei (Partizipialkonstruktion):

Man könnte nämlich auch sagen:

Von allen Seiten beobachtet, traute sie sich nicht mehr.

Und oft ist diese Stellung natürlicher auf Deutsch? In diesem Fall Nachstellung möglich, da von allen Seiten eine Ortsangabe (beachte Tekamolo-Regel??).

Das war genommen genau meine Frage! So gebracht auf den Punkt, können wir vielleicht weiter debattieren.

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Re: Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: jero ()
Datum: 21. Dezember 2008 10:56

Tomas schrieb:
-------------------------------------------------------
> In den Sätzen eins und zwei sehe ich keinerlei
> Fragestellung, die sind klar wie Klossbrühe (sagt
> man so?).
>
> Das Problem beginnt für mich bei Satz drei
> (Partizipialkonstruktion):
>
> Man könnte nämlich auch sagen:
>
> Von allen Seiten beobachtet, traute sie sich nicht
> mehr.
>
> Und oft ist diese Stellung natürlicher auf
> Deutsch? In diesem Fall Nachstellung möglich, da
> von allen Seiten eine Ortsangabe (beachte
> Tekamolo-Regel??).
>
> Das war genommen genau meine Frage! So gebracht
> auf den Punkt, können wir vielleicht weiter
> debattieren.



Achso ;-),

na das müssen wir aber auch nicht weiter diskutieren, denn wie gesagt, es gibt eine normale Stellung der Satzglieder (siehe auch "tekamolo") und es gibt im Deutschen alle möglichen Abweichungen davon, je nachdem was einem wichtig ist.

jero
www.cafe-deutsch.de



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 21.12.08 10:58.

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Re: Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: Tomas ()
Datum: 21. Dezember 2008 19:03

Ja, das mag schon stimmen, aber man macht es sich vielleicht doch noch ein bisschen zu leicht mit der Diskussion.

Wir haben es ja nicht mit normalen Sätzen, sondern mit Partizipialkonstruktionen zu tun.

Mein selbstverständlich ironisch gemeinter Schlusssatz sollte nur zeigen, dass es bei Partizipialkonstruktionen eben Fälle gibt, wo eine solche Umstellung nicht möglich ist.

Niemand sagt "genommen genau" oder "gebracht auf den Punkt", obwohl bei "gebracht auf den Punkt" nach Tekamolo eine Umstellung doch möglich wäre, wenn man "gebracht" als Modus auffasst und "auf den Punkt" als Lokus.

Dennoch ist aber eine Umstellung nicht möglich, da es eine Partizipialkonstruktion ist? (Für die für sich alleine genommen gilt Tekamolo nicht?)

Wieder eine andere Frage wären Adjektive, die keine Partizipien sind. Da besteht ja auch ein fließender Übergang zu Partizipien.

Man kann sagen "Sie ist schön wie Mona Lisa", "Sie ist wie Mona Lisa schön" klingt hingegen doof. "Sie ist wie Mona Lisa angezogen" geht aber wiederum, da "angezogen" ein Partizip ist?

Aber alles in allem habe ich das Feeling, dass das Umstellen von Partizipialkonstruktionen wohl tatsächlich ein Anglizismus sein könnte?

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Re: Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: jero ()
Datum: 22. Dezember 2008 11:36

Tomas schrieb:
-------------------------------------------------------
> Ja, das mag schon stimmen, aber man macht es sich
> vielleicht doch noch ein bisschen zu leicht mit
> der Diskussion.
>
> Wir haben es ja nicht mit normalen Sätzen, sondern
> mit Partizipialkonstruktionen zu tun.
>
> Mein selbstverständlich ironisch gemeinter
> Schlusssatz sollte nur zeigen, dass es bei
> Partizipialkonstruktionen eben Fälle gibt, wo eine
> solche Umstellung nicht möglich ist.
>
> Niemand sagt "genommen genau" oder "gebracht auf
> den Punkt", obwohl bei "gebracht auf den Punkt"
> nach Tekamolo eine Umstellung doch möglich wäre,
> wenn man "gebracht" als Modus auffasst und "auf
> den Punkt" als Lokus.
>
> Dennoch ist aber eine Umstellung nicht möglich, da
> es eine Partizipialkonstruktion ist? (Für die für
> sich alleine genommen gilt Tekamolo nicht?)
>
> Wieder eine andere Frage wären Adjektive, die
> keine Partizipien sind. Da besteht ja auch ein
> fließender Übergang zu Partizipien.
>
> Man kann sagen "Sie ist schön wie Mona Lisa", "Sie
> ist wie Mona Lisa schön" klingt hingegen doof.
> "Sie ist wie Mona Lisa angezogen" geht aber
> wiederum, da "angezogen" ein Partizip ist?
>
> Aber alles in allem habe ich das Feeling, dass das
> Umstellen von Partizipialkonstruktionen wohl
> tatsächlich ein Anglizismus sein könnte?



Hallo Tomas,

nicht alles, was möglich ist, wird auch gemacht, will ich mal am Anfang sagen. ;-) Und nicht alles, was möglich ist, ist auch gut.

"Ich habe das Feeling ..." ist auf jeden Fall ein Anglizismus. ;-) Bei umgestellten Partizipialkonstruktionen würde ich das im Moment bestreiten. Hast du dafür irgendeinen Beleg? Es würde ja bedeuten, dass es das "früher" im Deutschen nicht gab. Dazu müssten wir jetzt jede Menge Literatur wälzen, um herauszufinden, ob das stimmt - es sei denn, irgendjemand hat das schon mal sprachwissenschaftlich untersucht.

Ich will dir ganz klar sagen, dass ich im Moment keine zufriedenstellende Antwort für dich habe und gerne erst mal für mich weiter darüber nachdenke. Man muss halt viele Beispiele gedanklich durchspielen und dann überlegen, worin sie sich ggf. voneinander unterscheiden (oder mal bei "schlauen Leuten" nachschauen). Die Frage ist ja nun nicht mehr, ob der Spiegel-Satz korrekt ist oder nicht. Das kannst du schon mal als "Ergebnis" mitnehmen. Es geht nun "nur noch" darum, ob solche Umstellungen immer möglich und korrekt und gut sind und wenn nicht, wann ja und wann nein.

Eine Frage habe ich zu "tekamolo": Wo siehst du "tekamolo" in den Wendungen "genau genommen" und "auf den Punkt gebracht"? "auf den Punkt" würde ich nicht als Lokalangabe auffassen, sondern als präpositionale Angabe (bringen auf + Akkusativ, aber anscheindend doch nur in dieser festen Verbindung "etwas auf den Punkt bringen").

Vielleicht so viel erst mal zum Weiterdenken! ;-)

jero
www.cafe-deutsch.de



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 22.12.08 13:08.

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Re: Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: jero ()
Datum: 22. Dezember 2008 13:15

Zum Vergleichen und Weiterdenken:

a) Versteckt in den Parkanlagen von Versailles, bot ...

b) Eingeschlossen im Eis, rief sie laut um Hilfe.

c) Zugedeckt mit frischem Schnee, sah die Landschaft wie verzaubert aus.

...

Möglich sind solche Sätze offenbar. Ebenso korrekt und auch gut, würde ich sagen.

jero
www.cafe-deutsch.de

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Re: Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: Tomas ()
Datum: 30. Dezember 2008 19:38

Die Frage ist halt, was ist poetisch gesehen in der deutschen Sprache möglich und was sagt man hingegen einfach so, wenn es ganz normal, schnell und spontan zugehen soll:

Und hierfür gibt es nun eine Internetfirma aus den USA, die sogenannte Google-Maschine, die ganz eigenartige "linguistische Mehrheitsforschungen" möglich macht:

Satz c.) untersuchte ich mit der "Google-Methode":

"Zugedeckt mit frischem Schnee" sagt praktisch niemand, der seine Inhalte von der Firma Google indexieren lässt, auch mit "mit frischem Schnee zugedeckt" ist praktisch abwesend im "Google-Raum".

Vergleicht man nun aber die beiden Sätze "bedeckt mit frischem Schnee" und "mit frischem Schnee bedeckt" (geläufigere Versionen) so findet man wieder, dass der Satz "mit frischem Schnee bedeckt" viel häufiger ist als seine Alternative.

Daher bleibe ich bei meinem Verdacht, dass die Nachstellung des Partizips der Normalfall ist und die Voranstellung entweder ein Sprachimport aus anderen Sprachen darstellt oder eine poetisch bewusste Umstellung repräsentiert, was aber in einem schlichten Nachrichtentext eher nicht zu erwarten wäre.

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Re: Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: jero ()
Datum: 30. Dezember 2008 23:47

Tomas schrieb:
-------------------------------------------------------
> Die Frage ist halt, was ist poetisch gesehen in
> der deutschen Sprache möglich und was sagt man
> hingegen einfach so, wenn es ganz normal, schnell
> und spontan zugehen soll:
>
> Und hierfür gibt es nun eine Internetfirma aus den
> USA, die sogenannte Google-Maschine, die ganz
> eigenartige "linguistische Mehrheitsforschungen"
> möglich macht:
>
> Satz c.) untersuchte ich mit der
> "Google-Methode":
>
> "Zugedeckt mit frischem Schnee" sagt praktisch
> niemand, der seine Inhalte von der Firma Google
> indexieren lässt, auch mit "mit frischem Schnee
> zugedeckt" ist praktisch abwesend im
> "Google-Raum".
>
> Vergleicht man nun aber die beiden Sätze "bedeckt
> mit frischem Schnee" und "mit frischem Schnee
> bedeckt" (geläufigere Versionen) so findet man
> wieder, dass der Satz "mit frischem Schnee
> bedeckt" viel häufiger ist als seine Alternative.
>
> Daher bleibe ich bei meinem Verdacht, dass die
> Nachstellung des Partizips der Normalfall ist und
> die Voranstellung entweder ein Sprachimport aus
> anderen Sprachen darstellt oder eine poetisch
> bewusste Umstellung repräsentiert, was aber in
> einem schlichten Nachrichtentext eher nicht zu
> erwarten wäre.



Guten Abend, Tomas,

die "Google-Methode" halte ich für sehr fragwürdig, je nachdem, was man daraus macht. Wir hatten das neulich in einer Diskussion, als mir Franziska damit "beweisen" wollte, dass es eine bestimmte Konstruktion im Deutschen nicht gäbe. Ich googelte nach ihrer (allgemein anerkannten) Variante und auch die fand Google nicht. Du hast etwas Ähnliches beschrieben. Ich möchte das hier nicht vertiefen, aber es scheint mir eher ein Problem der Benutzung von Google zu sein. Insofern sind Google-Ergebnisse durchaus mitunter recht eigenartig. ;-)

Ich habe z.B. eben mal nach dem Satz "Der Bus fährt am Sonntag nach Berlin" gegoogelt. Stimmt etwas mit dem Satz nicht? Ich habe so ein eigenartiges Ergebnis bekommen, denn so einen Satz gibt es im Deutschen nicht!!! Aber warum? Kannst du mir das erklären??? Ist so ein Satz noch nie irgendwo geschrieben worden? Wie ist das möglich???

jero
www.cafe-deutsch.de



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 31.12.08 00:04.

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Re: Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: jero ()
Datum: 31. Dezember 2008 00:10

... ansonsten, ja, hm, äh ..... dein "Verdacht" beschreibt doch im Prinzip, was wir schon festgestellt haben. Es gibt eine normale Satzstellung und es gibt Abweichungen davon, z.B. poetisch begründete.

Aber warum nur willst du das unbedingt einen Sprachimport nennen? Hast du dazu irgendwo einen Anhaltspunkt gefunden, dass es solche Umstellungen erst seit wenigen Jahren oder Jahrzehnten gibt?

jero
www.cafe-deutsch.de

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Re: Frage zur Syntax im Deutschen
geschrieben von: Der Lette ()
Datum: 31. Dezember 2008 11:07

Die Variante mit Partizip ganz hinten ist vielleicht nach eng ausgelegter Regelgrammatik zu erwarten ("Verbklammer", auch wenn es hier keine vollständige Verbalphrase ist), ansonsten jedoch keineswegs Standard, richtiger als andere Varianten, übertrieben "poetisch" oder "Sprachimport". Es handelt sich vielmehr um eine Wortstellungsvariante, die der Standardsprache angehört, z.B. sagt man auch:
Wir haben getanzt bis zum Morgen.
bedeutet: Was haben wir gemacht? Wir haben getanzt. Und zwar lange, bis zum Morgen.

Die Variante:
Wir haben bis zum Morgen getanzt.
bedeutet:
Wir haben bis zum Morgen etwas gemacht. Und zwar getanzt.


Das ist nicht ganz das gleiche!

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