Hallo,

ich bitte euch um Hilfe.

"Sie ist einkaufen." (Habe ich heute im FS gehört.)

Ich verstehe natürlich, was das bedeutet, aber kann grammatisch nicht erklären, was das für ein Prädikat ist. (sein + Infinitiv? Was ist das?)

Mit freundlichen Grüßen
Charlotte

Guten Tag Charlotte,

das ist eine umgangssprachliche Verlaufsform, zu der wir hier schon einige Beiträge hatten.

Ein anderer grammatischer Begriff ist Absentiv.



Mit freundlichen Grüßen

Michael Redeker



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 02.01.15 12:44.

Danke Michael,

es war vor mehr als vier Jahren....ich habe es vergessen, und schäme mich unendlich. Ich habe auch die Erklärung von dr. Bopp gelesen. Er schreibt auch, dass diese Form in der ung.Sprache auch vorhanden ist. Das habe ich auch bemerkt. Aber der Begriff "Absentiv" ist mir unbekannt. Ich habe ihn weder im Wörterbuch, noch im Wikipedia gefunden. In Wikipedia steht nur in Deutsch und Niederländisch. Das werde ich wahrscheinlich nicht erfahren, wie das ungarisch heißt.

Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Charlotte

Sie ist einkaufen gegangen.

"Sie ist einkaufen gegangen." - Stellt kein Problem dar. Das ist das Perfekt von "Sie geht einkaufen."

Mit freundlichen Grüßen
Charlotte



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 02.01.15 13:44.

Guten Tag Charlotte,


dieser Begriff ist relativ neu.

Beschreibt er also tatsächlich einen neuen Aspekt oder brauchen wir ihn eigentlich gar nicht?


Mit freundlichen Grüßen

Michael Redeker

Hallo zusammen,


der Begriff "Absentiv" ist mir auch unbekannt. Er kommt aus dem Englischen: "absent" - abwesend, nicht anwesend. Etwas fehlt.

Beispiel:

Gut geschlafen? (Hast du gut geschlafen?)

Geht es hier auch um den Absentiv? Die Konstruktion drückt tatsächlich Abwesenheit aus.

MfG



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 02.01.15 14:51.

Milorad Gavrilovic schrieb:

> Beispiel:
>
> Gut geschlafen? (Hast du gut geschlafen?)
>
> Geht es hier auch um den Absentiv?
>

Nein, das ist kein Absentiv, sondern eine Ellipse.


Mit freundlichen Grüßen

Michael Redeker

Zitat
Redeker
Beschreibt er also tatsächlich einen neuen Aspekt oder brauchen wir ihn eigentlich gar nicht?

Begriffe sind etwas für Sprachwissenschaftler.

Meiner Meinung nach ist diese Form eine der Möglichkeiten, einen Verlauf bei Gleichzeitigkeit auszudrücken, wie bei den Progressive-Formen im Englischen.

Mit Abwesenheit hat es weniger zu tun.

Weitere Möglichkeiten wären:

Ich bin am + Verb

Ich bin gerade beim + Verb

Ellipse: Wir wollen morgen nach Düsseldorf (fahren).
Absentiv: Karin ist joggen (gewesen).

In beiden Sätzen geht es meiner Meinung nach um sprachökonomische Gründe. Beide Konstruktionen drücken tatsächlich "Abwesenheit" aus. Gemeint ist das Auslassen von Satzteilen. In beiden Beispielen geht es um infinite Verbformen (fahren, gewesen). Sie drücken die Kategorien der Person und des Numerus nicht aus. Da in beiden Sätzen die infinite Verbform "fehlt", verstehe ich nicht , warum zwei verschiedene Begriffe in diesem Fall verwendet werden.



5-mal bearbeitet. Zuletzt am 02.01.15 19:01.

Guten Tag zusammen,

in dem auch oben verlinkten Wikipedia-Artikel werden die besonderen semantischen Unterscheidungsmerkmale für den "Absentiv" aufgeführt.


Die besondere umgangssprachliche Verlaufsform ist etwas anderes, da sie ja gerade ein gleichzeitiges Dabeisein beschreibt.


Eine Ellipse ist eine andere, eine syntaktische Kategorie.





Mit freundlichen Grüßen

Michael Redeker



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 02.01.15 17:26.

In Ihrem Link fasst Prof. Ickler die Problematik doch so zusammen, wie ich es empfinde.

Wird mit der Konstruktion tatsächlich Abwesenheit ausgedrückt? Oder dient sie vielmehr der Beschreibung einer Handlung, die gleichzeitig zu einer anderen verläuft.

Bei den Beispielen von König gibt es darauf Hinweise, auf die der Autor mit folgendem Fazit reagiert:

Zwar implizieren alle Beispiele, daß der Betreffende sich anderswohin begeben hat, um die genannte Tätigkeit auszuüben, aber die Abwesenheit ist nicht der eigentliche Inhalt der Aussage.

Zwei Beispiele, die für mich nicht falsch klingen und sicher keine Abwesenheit ausdrücken:

Er war einkaufen, als er der hübschen Verkäuferin zum ersten Mal begegnete.

Immer wenn sie einkaufen ist, fängt es an zu regnen.

Guten Abend zusammen,

wer differenzieren oder unterscheiden mag, findet hier noch einen Wikipedia-Link zur Verlaufsform, wo es heißt:

Zitat

Absentiv

Der Absentiv stellt eine eigenständige Konstruktion dar, die jedoch einen Verlauf impliziert. Der Gebrauch des Absentivs und anderer, syntaktisch gebildeter Verlaufsformen schließen sich gegenseitig aus, da sich die Konstruktion – sein + Infinitiv – nur durch die Abwesenheit von etwa im, am oder beim von anderen Verlaufsformen unterscheidet.

Können wir also diese besondere Form unter andere, vertraute Kategorien einordnen? Oder sollten wir schauen, ob nicht doch die Abwesenheit (absentia) bezeichnet, gar betont werden soll.


Mit freundlichen Grüßen

Michael Redeker

Zitat
Redeker
Können wir also diese besondere Form unter andere, vertraute Kategorien einordnen? Oder sollten wir schauen, ob nicht doch die Abwesenheit (absentia) bezeichnet, gar betont werden soll.

Meiner Meinung nach die erste Möglichkeit.

Auf die Frage Wo ist Sabine? wären folgende Antworten ähnlich:

Sie ist am Einkaufen.

Sie ist im Edeka.

Sie ist einkaufen.

Sie macht gerade unsere Einkäufe fürs Wochenende.

Niemand käme auf die Idee, einen Satz wie den zweiten plötzlich als Absentativ zu bezeichnen.

Guten Tag DaF2000,

Zitat
Sie schreiben:

Niemand käme auf die Idee, einen Satz wie den zweiten plötzlich als Absentativ zu bezeichnen.

Das aber ist doch der Punkt: der Linguist Casper de Groot hat diesen Begriff für eine besondere Konstruktion aus "sein plus Infinitiv" eingeführt. (de Groot, Casper (2000): „The absentive“. In: Östen Dahl (Hg.): Tense and aspect in the languages of Europe. Berlin/New York:693-719.).


Und seither wird dieser Begriff von Linguisten diskutiert.


Mit freundlichen Grüßen

Michael Redeker

Zitat
Redeker
Und seither wird dieser Begriff von Linguisten diskutiert.

Und ich vertrete den Standpunkt derer, die den Begriff für wenig nützlich halten. Warte nur noch darauf, dass er plötzlich auch in DaF-Lehrwerken auftaucht.

Gleichzeitigkeit verstehen und ausdrücken zu können, ist aber für die meisten Deutschlerner wichtig.