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Plusquamperfekt
geschrieben von: Chris Adonis ()
Datum: 19. September 2006 21:49

Hallo,

ich habe im Unterricht ein Arbeitsblatt zum Plusquamperfekt ausgegeben, das sinngemäß folgenden Satz enthält:
"Noch bevor der Sänger die Bühne betreten hatte, begannen die Fans zu kreischen."
Ein Schüler machte mich darauf aufmerksam, dass diese Konstruktion dem zuwider läuft, was ich zuvor gepredigt hatte. Nämlich das der Satz im Präteritum (oder auch Perfekt) einen zeitlichen Referenzpunkt vorgibt, vor dem dann das mit dem Plusquamperfekt Erzählte zu liegen hat. Man kann natürlich auch sagen:
"Noch bevor der Sänger die Bühne betrat, hatten die Fans zu kreischen begonnen."
Aber auch die erste Version klingt doch sehr vertraut, oder nicht?

Grüße von Chris

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Re: Plusquamperfekt
geschrieben von: Franziska ()
Datum: 19. September 2006 23:37

Nee, eigentlich gibt das "bevor" doch immer das Signal für die spätere Handlung, so komisch das klingt. Ich würde hier nur den zweiten Satz akzeptieren.

F.

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Re: Plusquamperfekt
geschrieben von: jero ()
Datum: 20. September 2006 09:45

Guten Morgen,

das ist ein schönes Beispiel für die Schwierigkeiten mit unserer schönen deutschen Sprache.

Im Prinzip hat dein Schüler Recht. Die Fans kreischten ja zuerst und danach erst betrat der Sänger die Bühne. Ich stimme dir aber zu, dass wohl viele von uns die erste Variante formuliert hätten. Warum?

Vermutlich sind wir da selbst ein bisschen "verwirrt". Im Nebensatz steht die scheinbare erste Handlung und im Hauptsatz die scheinbar zweite Handlung, sodass wir so formulieren. Wir glauben - da wir nicht lange darüber nachdenken -, dass "bevor" ja VORHER stattfindet, übersehen aber, dass das BEVOR nicht im Nebensatz, sondern erst im Hauptsatz genannt wird.

Ganz schön kompliziert, nicht wahr?! Aber gerade deshalb machen wir Deutschen selbst diesen "Fehler".

jero
www.cafe-deutsch.de


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Re: Plusquamperfekt
geschrieben von: MrMagoo ()
Datum: 20. September 2006 18:58

Ich stimme in diesem Fall Franziska, jero und Chrisens Schüler zu:
Der zweite Satz ist der inhaltlich korrekte, denn das Plusquamperfekt beschreibt die vorangegangene Handlung.
"Noch bevor der Sänger die Bühne betrat, hatten die Fans zu kreischen begonnen."

Daß dies aber nicht immer eingehalten wird, und auch hier stimme ich jero voll zu, ist der Punkt, daß wir selbst hier etwas "verwirrt" sind - und das wiederum ist die Folge der Arbeit unserer "Grammatiker" in früheren Jahrhunderten:

Im Deutschen gibt es, anders als bspw. im Latein, keine feste Zeitenfolgeregel. Diese schreibt (v.a. in den romanischen Sprachen) nämlich vor, welche Zeit wann (also in welchem Gefüge) benutzt werden muß.
Das Deutsche hat von Hause aus nur zwei Tempora: das Präsens und das Präteritum, alle anderen Zeiten sind später nach Vorbild der lateinischen Grammatiken nachgebildet worden. Daß wir uns diese "zusätzlichen" und manchmal "überflüssigen" Zeitformen noch immer nicht voll einverleibt haben, sieht man immer gut am Beispiel Futur, welches beinahe immer durch das Präsens wiedergegeben wird:
"Morgen fahre ich nach Schweden" (statt: "werde fahren").
Im Grunde hat das Futur, wenn es benutzt wird, in den meisten Fällen keine Zukunfts- sondern eine Vermutungsfunktion, wird also gewissermaßen "zweckentfremdet":
"Wo ist Peter?" - "Er wird in der Schule sein".

Daß uns also solche Sätze wie derjenige oben verwirren, hat v.a. damit zu tun, daß es diese strikte Zeitenfolge des Lateinischen im Deutschen im Grunde nur auf dem Papier existiert, aber nicht im lebendigen Sprachgebrauch. (Laßt mal einen Schüler eine Inhaltsangabe schreiben; obwohl ihm immer wieder gesagt wurde, daß nur Präsens und Perfekt verwendet werden dürfen, wird er sicher auch das Präteritum einige Male benutzen... die Zeitenfolge ist eben kein wirklicher Bestandteil der deutschen Sprache...).

Viele Grüße
-MrMagoo

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Re: Plusquamperfekt
geschrieben von: Capullo ()
Datum: 20. September 2006 21:54

Ich finde,

"Noch bevor der Sänger die Bühne betreten hatte, begannen die Fans zu kreischen."

wird sozusagen als eine Steigerung von

"Als der Sänger die Bühne betreten hatte, begannen die Fans zu kreischen."

aufgefasst. Beim Umformen des Satzes in diesen "Superlativ" wird dann "vergessen" die Zeitenfolge anzupassen. Das liegt auch daran, dass gewissermassen die Kette von Ursache und Wirkung (Erscheinen des Sängers führt zu Kreischen) dieselbe ist, wenn auch in der Reihenfolge umgekehrt.

Übrigens finde ich dieses "Noch" seltsam. Die Fans kreischen doch in erster Linie SCHON vor dem Erscheinen des Sängers, es geht nicht darum, dass im sie immer NOCH kreischen, wenn er auf die Bühne kommt...

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Re: Plusquamperfekt
geschrieben von: Franziska ()
Datum: 20. September 2006 23:12

Ups, das wird ja jetzt immer verwirrender und verworrener ...

Das "noch" hier sehe ich nicht als das englische "still", sondern als eine Hervorhebung wie in "er isst noch mehr als ich!". Englisch vielleicht "even", wenn ich mal ausnahmsweise zu diesem Hilfmittel greifen darf.

F.

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Re: Plusquamperfekt
geschrieben von: Helmuth Keller ()
Datum: 22. September 2006 19:37

ich glaube, es gibt kein Tempus im Deutschen, das sich so einfach erklären lässt, wie das Plusquamperfekt. Mit ihm beziehen wir uns auf die Handlung, die schon abgeschlossen ist oder noch andauernd, während eine zweite Handlung eintritt. Ein Zeitenstrahl hilft hier immer. <-------*Fans toben*-----Sänger betritt die Bühne*-----jetzt------>
Eindeutig ist die Handlung "Fans toben" die Handlung, die vor sich geht, während die zweite Handlung "Sänger.." eintritt. Hier kann man sich doch wunderbar an den Fakten orientieren und die Grammatik lässt hier überhaupt keinen Spielraum für Interpretationen.
"Nachdem die Fans schon zu toben begonnen hatten, betrat der Sänger die Bühne." beinhaltet die selbe Aussage, was die Zeitabfolge betrifft. Die Verwendung des "noch bevor" lenkt zwar die Aufmerksamkeit auf die Diskrepanz, die der Sprecher dabei empfindet, ändert aber nichts an den Fakten

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Re: Plusquamperfekt
geschrieben von: jero ()
Datum: 22. September 2006 23:37

Guten Abend,

entschuldigung, aber Sie haben vergessen zu erwähnen, dass man - der Theorie nach - das PQP nur verwenden darf, wenn sich alles in der Vergangenheit abspielt (mit Ihrem Beispiel "Fans toben - Sänger betritt die Bühne - jetzt..." erwecken Sie sogar den Eindruck, die dem PQP folgende Handlung könne auch Präsens sein).

Dazu sagen muss man auch, dass wir das PQP gar nicht unbedingt verwenden, wo man es eigentlich verwenden müsste. Ich sage einfach: "Gestern war ich verreist, aber vorgestern war ich zu Hause" (statt: "war ... gewesen"). Andererseits muss man noch hinzufügen, dass wir heute das PQP auch verwenden, wo man es - der Theorie nach - eigentlich nicht verwenden darf, also ohne zeitlichen Unterschied zweier Handlungen in der Vergangenheit, weil das heutige Deutsch diese strenge Zeitenfolge nicht (mehr?) hat.

(Ich hörte sogar mal, das PQP sei bei den Deutschen in Mode.)

jero
www.cafe-deutsch.de





1-mal bearbeitet. Zuletzt am 23.09.06 11:24.

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Re: Plusquamperfekt
geschrieben von: Franziska ()
Datum: 23. September 2006 11:04

Ich finde, dass Helmuth es ganz gut getroffen hat. Im Übrigen, Jero, würdest du bei deinem Beispiel "Gestern war ich verreist, aber vorgestern war ich zu Hause" niemals PQP nehmen, weil die beiden Aktionen in keiner Relation zueinander stehen, es gibt keine Berührung.
;-) Widerspruch, mal wieder ...

Ansonsten hast du sicher Recht, es gibt jede Menge Fehlerhaftigkeit und auch eigenwillige Kreationen, die ich ganz witzig finde.
Aber bei der Klärung von Sachverhalten ist diese Feststellung keine Hilfe. Bei dem Satz mit dem Sänger und den Fans gibt es nur eine Möglichkeit.

F.

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Re: Plusquamperfekt
geschrieben von: jero ()
Datum: 23. September 2006 11:29

Guten Mittag, Franziska, :-)

ich wollte nur darauf hinaus, dass wir das PQP oft nicht mehr so benutzen, wie es uns die Regeln eigentlich vorschreiben, d.h., wir benutzen es nicht, wo man es benutzen müsste - und wir benutzen es, wo man es gar nicht bräuchte.

Welche Variante der beiden Ausgangsbeispiele richtig ist, das haben wir (hatten wir) doch sehr rasch geklärt. Chris fragte jedoch, ob uns "sein Fehler" auch passiert wäre (wörtlich "vertraut" sei) und dann ging es noch darum, wie das kommt.

jero
www.cafe-deutsch.de


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Re: Plusquamperfekt
geschrieben von: Franziska ()
Datum: 23. September 2006 23:17

Na gut. Will ja mal nich so sein.
Heute also kein Gemeckere mehr aus Berlin!

:-)

(Sowieso noch ein bisschen StarTrek-benebelt ...)

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